Es ist schon eine beklemmende und unangenehme Situation, in der sich die SV Ried zurzeit befindet. Dem vom ÖFB in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten zufolge, sieht es für die Innviertler nämlich alles andere als gut aus, im Falle eines Abbruchs in die Tipico Bundesliga aufsteigen zu dürfen. Dieses sieht nämlich vor, dass abgebrochene Meisterschaften annulliert werden sollten. Heißt: Es würde weder Absteiger noch Aufsteiger geben. 

Bei Abbruch droht die SV Ried mit juristischen Schritten 

Sollte die 2. Liga nicht zu Ende gespielt werden können (14 Zweitligisten sprechen sich gegen eine Fortsetzung aus), würde dieser Fall eintreten. Die SV Ried kündigte allerdings bereits mehrfach an, dass man dann juristische Schritte einleiten würde und sich notfalls in die Tipico Bundesliga klagen würde.

"Ich erwarte mir, dass alle Mitglieder in der Bundesliga gleich behandelt werden. Das heißt: Eine Wertung in der ersten und in der zweiten Liga durchgeführt wird anhand der sportlichen Resultate, welche vom ÖFB bis dato in der Saison 19/20 bestätigt wurden. Sollte das nicht der Fall sein, werden wir jegliche mögliche juristische Schritte setzen", erklärt Ried-Präsident Roland Daxl in einem Interview mit TV1

Wie stehen die Erfolgsaussichten bei einer Klage? So schätzt Sportanwältin Christina Toth die Lage ein

Im Interview mit 90minuten.at schätzt Christina Toth die Erfolgsaussichten bei einer etwaigen Klage ein: „Ich würde nicht sagen, dass es völlig aussichtslos ist, wenn ein Verein rechtlich dagegen vorgeht“, meint die Sportanwältin. Im Rechtsgutachten heißt es nämlich, dass „in diesen besonders liegenden Fällen - in Parallele zu dem ähnlich liegenden Fall in der belgischen Liga, in der sogar noch eine Spielrunde im Grunddurchgang fehlt - doch auch valide Argumente für eine Wertung der Meisterschaft und die Vergabe des Meistertitels an den nach dem Grunddurchgang bzw. nach dem Herbstdurchgang am ersten Tabellenplatz stehenden Verein sprechen. Nach der Einschätzung des Gutachters überwiegt aber dennoch der gegen eine Wertung sprechende Gesichtspunkt, dass der vorgesehene Spielplan nicht absolviert wurde.“ 

Die im Gutachten definierten Punkte, könne man laut Toth durchaus unterschiedlich interpretieren. „Der Gutachter vertritt die Meinung, dass eine Meisterschaft nur dann abgeschlossen ist, wenn es eine fertig gespielt Hin- und Rückrunde gibt. Das bezeichnet er als Mindesterfordernis. Nur dann ist eine Meisterschaft abgeschlossen, wenn diese Voraussetzung erfüllt ist“, schildert die Sportanwältin. Diese Anwendung hat der ÖFB etwa beim Abbruch der Amateurligen herangezogen. 

"Erfolgsaussichten nicht völlig aussichtslos, aber..."

Die Sportanwältin betont jedoch, dass man die Situation auch andere interpretieren kann: „Natürlich könnte man es auch anders interpretieren. Die Meisterschaftsregeln sehen grundsätzlich auch vor, dass der, der am Ende der Meisterschaft auf dem ersten Tabellenplatz ist, aufsteigen darf. Jetzt kann man natürlich auch argumentieren, dass eine Meisterschaft nicht nur dann beendet ist, wenn es eine Hin- und Rückrunde gegeben hat, sondern auch wenn sie aus ist, egal ob sie abgebrochen oder zu Ende gespielt ist. Das wird nicht ausdrücklich definiert“, merkt Toth an. 

„Was aus dem Gutachten hervorgeht, ist, dass das ÖFB-Präsidium bei der Frage, was nun passiert, einen Ermessensspielraum hat. Es kann im Grunde relativ frei entscheiden, muss sich aber natürlich, um nicht eine komplette Fehlentscheidung zu treffen, innerhalb des Gerüsts - also der Meisterschaftsregeln - bewegen. Nachdem sich das ÖFB-Präsidium an einem durchaus fundierten Gutachten orientiert hat, ist davon auszugehen, dass das ÖFB-Präsidium im Rahmen des Ermessensspielraums entschieden hat. Insofern sind die Erfolgsaussichten nicht völlig aussichtslos, aber ich gehe davon aus, dass diese Entscheidung durchaus halten wird."

von Ligaportal; Foto: Harald Dostal/fodo.media