Der SK Vorwärts Steyr trennt sich einvernehmlich von Trainer Wilhelm Wahlmüller, hieß es am Montag in einer Aussendung des oberösterreichischen Traditionsklubs. Wie einvernehmlich die Trennung tatsächlich vonstatten ging und was Wilhelm Wahlmüller selbst zu der plötzlichen Entscheidung sagt, erzählte der gebürtige Oberösterreicher im Telefon-Interview mit Ligaportal

„Ich war perplex und stand unter Schock“

„Diese Trennung ist vom Verein ausgegangen und ich habe das so vernommen und akzeptieren müssen“, erklärt der 53-Jährige gegenüber Ligaportal. Das Ergebnis dieser Analyse sei ihm „in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt“ worden. Wahlmüller bestätigt auf Nachfrage, dass er bei der Analyse selbst nicht dabei war. 

„Die Verantwortlichen haben mir das in einem kurzen und knackigen persönlichen Gespräch mitgeteilt. Ich war perplex und stand unter Schock, weil ich das in keinster Weise so erwartet hätte“, räumt der nunmehrige Ex-Coach des Zweitligisten ein. Schwer enttäuscht ist Wahlmüller über das Agieren und Handeln der Verantwortlichen von Vorwärts Steyr: „Besonders in dieser Corona-Zeit hätte ich gedacht, dass die Menschlichkeit ein bisschen mehr zählt. Ich bin persönlich sehr, sehr enttäuscht von den handelnden Personen, weil gerade in so einer schwierigen Zeit kein Funken von Menschlichkeit zu spüren ist. Wer mich kennt, der weiß, dass ich mit Herzblut dabei gewesen bin. Dass man in dieser Art und Weise mit jemandem umgeht, ist für mich sehr überraschend und enttäuschend.“ 

Nach dem Gespräch am Montag hat sich der gebürtige Oberösterreicher von seiner Mannschaft verabschiedet: „Das war sehr emotional. Die Mannschaft war von der Entscheidung komplett überrascht“, so Wahlmüller weiter. 

Wahlmüller nennt Gründe für schwankende Leistungen 

Als Hauptgrund für die Trennung nannte man Wahlmüller die fehlende sportliche Entwicklung. Zudem wolle der Verein „einen neuen Impuls setzen“. 

Zwar lief es aus sportlicher Sicht für Vorwärts Steyr in der bisherigen Saison nicht ganz nach Wunsch, doch von katastrophalen Auftritten waren die Oberösterreicher doch weit entfernt. „Ich muss ehrlich sagen, dass die Leistungen vielleicht nicht so berauschend waren, doch von den Ergebnissen her, waren wir im Soll“, so Wahlmüller, der auch Gründe nennt, warum die Leistungen zu Saisonbeginn sehr schwankend ausgefallen sind. „Man muss auch sagen, dass wir eine Vorbereitung mit nur einem Testspiel hatten und in zweiwöchiger Quarantäne waren. Wir hatten immer wieder Schwierigkeiten mit Corona-Fällen und mussten daher auch des Öfteren kontaktlos trainieren. 

Wir hatten auch viele verletzte Spieler wie etwa Alberto Prada. Und natürlich haben wir auch gewusst, dass es extrem schwer wird, das Ergebnis der letzten Saison nur annähernd zu erreichen“, stellt der 53-Jährige klar. 

Zudem hat Vorwärts Steyr aufgrund finanzieller Probleme das Budget deutlich kürzen müssen. Die Kampfmannschaft wurde von 10 auf vier Profikicker reduziert. Wahlmüller wusste um die Situation, wollte diese mittragen und dem Verein die Treue halten: „Ich bin im April als Vertrauensbeweis an den Verein herangetreten und habe vorgeschlagen, meinen Vertrag von 2021 auf 2022 zu verlängern, damit eine kontinuierliche Arbeit möglich ist. Dem hat der Verein auch zugestimmt“, erklärt er weiter. Auch deswegen sei die plötzliche Entscheidung am Montag „sehr überraschend“ für ihn gekommen. 

Außerdem beschreibt Wilhelm Wahlmüller die schwierige Situation rund um die Abgänge einiger Stammkräfte: „Wir haben namhafte Spieler verloren, denn alle, die sich mit guten Leistungen in die Auslage spielen konnten, sind für andere Vereine interessant geworden. Das war auch unser Ziel und soll auch die Aufgabe von Vorwärts Steyr sein. So viele neue Spieler in kurzer Zeit zu integrieren, ist dennoch eine Mammutaufgabe. Das ist nicht ganz so gelungen, wie wir uns das erhofft haben.“

Nur an den Ergebnissen der bisherigen Saison kann es laut Wahlmüller nicht gelegen haben: „Insgesamt haben wir in dieser Saison sieben Pflichtspiele gehabt. Davon haben wir zwei gewonnen, zwei Mal unentschieden gespielt und drei Mal verloren. Wenn das eine desaströse Bilanz ist, dann bin ich vielleicht beim falschen Verein gewesen. Ich habe immer betont, dass wir uns alles hart erkämpfen müssen.“ 

Nun steht Wilhelm Wahlmüller bei Vorwärts Steyr noch bis Sommer 2022 unter Vertrag. „Ich muss den Vertrag nicht aussitzen, aber es muss schon etwas Passendes für mich sein“, so der Oberösterreicher, der nach dieser kurzen Saison „nicht ausgebrannt“ sei. „Ich strotze vor Kraft und bin für neue Aufgaben aufgeschlossen, wie auch immer die ausschauen werden.“ Dennoch gibt Wahlmüller zu bedenken, dass er „im schlimmsten Fall“ den Vertrag aussitzen werden, denn er könne nicht „irgendeine Aufgabe annehmen“, nur damit er „wieder einen Job“ habe. „Zum Glück habe ich ein zweites Standbein, denn ich gehe auch einem Beruf nach - das ist auch nicht ganz unwichtig“, meint er abschließend. 

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von Daniel Ringsmuth/Ligaportal, Foto: Harald Dostal/fodo.media