298 Pflichtspiele absolvierte Helge Payer für Rapid Wien, 20 Mal hütete er das Tor der österreichischen Nationalelf. Nachdem er vor eineinhalb Jahren seine Profi-Karriere beendet hatte, heuerte er beim ORF als Fußballexperte an. In der neuen Saison wird der ehemalige Rapid-Kapitän auch für ligaportal.at aktiv und die Spiele der tipico Bundesliga analysieren.

 

Rapid-Urgestein

6. Juli 2014, Gerhard-Hanappi-Stadion. 17.400 Fans versammeln sich auf den Tribünen der alten Rapid-Heimstätte, um sie lautstark zu verabschieden. In wenigen Wochen wird sich die 1977 als West-Stadion eröffnete Arena in eine große Baustelle verwandeln, um in zwei Jahren dem Allianz Stadion Platz zu machen. Den Höhepunkt des Abends bildet das Freundschaftsspiel zwischen Rapid und dem schottischen Serienmeister Celtic Glasgow. Unmittelbar davor gibt es für alteingesessene Rapid-Anhänger aber ein besonderes „Schmankerl“. Im Giganten-Treffen zwischen „Rapid 1996" und den "Rapid Allstars" geben sich einige der größten Rapid-Legenden die Ehre, die der Verein jemals hervorgebracht hat. Trommelwirbel, Schlachtgesänge und grün-weiße Choreographien. Zwischen den Pfosten der „Rapid-Allstars“ steht ein Mann, der im „St. Hanappi“ 17 Jahre lang seine Brötchen verdient hat. Fast 300 Spiele absolvierte Helge Payer für die Hütteldorfer, bereits im zarten Alter von elf Jahren debütierte er im Vereinsnachwuchs. „Es war ein bewegendes Gefühl ins Hanappi zurückzukehren“, sagt Payer. „Mit den vielen Legenden, die Rapid zum Mythos gemacht haben, ein Match zu spielen, war ein tolles Erlebnis.“

Helge Payer

An sein erstes Spiel als Profi, im Oktober 2001 beim 1:0-Sieg von Rapid über Austria Salzburg, kann sich Payer auch heute noch genau erinnern. Sogar in Bildern. „Damals hat noch der Ladi Maier im Tor gespielt“, sagt der mittlerweile 34-Jährige. „Als er sich in der 42. Minute verletzt hat, bin ich eingewechselt worden. Am Anfang war ich nervös, kurz vor Schluss habe ich aber einen gutplatzierten Schuss gehalten und den Sieg gerettet.“

Unhaltbare Bälle bleiben in Erinnerung

Es seien genau solche Glanzparaden, solche scheinbar unhaltbaren Bälle, die man trotzdem irgendwie von der Linie kratzt, die einem Tormann prägend in Erinnerung bleiben. Und natürlich die Anerkennung der Fans. Helge Payer: „Wenn tausende von Fans Lieder über dich singen, steht dir kurz das Herz still.“ Am lautesten grölte der Rapid-Anhang wohl in den Spielzeiten 2004/05 und 2007/08 – damals feierte Payer seine größten Erfolge, krönte sich mit Rapid zum österreichischen Fußballmeister, spielte schließlich Champions League und Europa League. Mehrmals wurde er von der Kronen Zeitung, dem Kurier und der Sportwoche zum Tormann der Saison gewählt. Eine Karriere, wie im Bilderbuch? Nicht ganz, denn Payer hatte auch mit sportlichen Rückschlägen zu kämpfen. Etwa 2004, als er sich in der 27. Runde verletzt hatte und für den Rest der Saison ausfiel. Oder 2008, als er an einem Venenverschluss im Darmbereich erkrankt war und die Europameisterschaft im eigenen Land verpasste. „Damals habe ich nicht gewusst, ob ich jemals wieder Fußball spielen kann“, erinnert sich Payer. „Mein Comeback nach dieser Erkrankung war eigentlich der größte Sieg, den ich jemals gefeiert habe.“

Fußballexperte und Torwart-Trainer

Torwarttrainer Helge Payer mit einem seiner Schüler

Nach 17 Jahren im Rapid-Trikot und einem kurzen Auslandsaufenthalt in Griechenland beim Zweitligisten AEL Kalloni beendete Helge Payer Anfang 2013 seine Karriere. Seinem Lieblingssport blieb der gebürtige Oberösterreicher trotzdem treu, und zwar als Fußballexperte beim ORF, für den er mittlerweile an die 80 Spiele analysiert hat. Noch vor wenigen Tagen gehörte er dem ORF-Expertenteam bei der Fußball-WM in Brasilien an. Ob ihm der Jobwechsel schwer fiel? „Das Fußballspielen als Profi vermisse ich überhaupt nicht, alles geht halt mal zu Ende“, gibt sich Payer nüchtern. Das Analysieren von Spielen sei hingegen am Anfang nicht so leicht gewesen. „Als Experte habe ich in eine völlig neue Rolle schlüpfen müssen“, so Payer. „Wenn du ein Spiel analysierst, musst du zwar wie ein Fußball-Profi
denken, den Zuschauern ein komplexes Match aber auch verständlich erklären können.“ – Das sei manchmal ein schwerer Spagat. Auch seine Sehgewohnheiten während eines Fußballspiels hätten sich durch seinen neuen Beruf verändert. Früher habe er sich Spiele angeschaut, um sie zu genießen, um nach einem harten Arbeitstag „einfach mal abzuschalten“. „Wenn du als Experte arbeitest, schaust du viel genauer hin. Du versuchst das taktische Verhalten einer Mannschaft herauszufiltern und beobachtest, wie das Pressing, das Verschieben und der Spielaufbau funktionieren“, erklärt der 34-Jährige. Der Job mache ihm aber viel Freude, sagt Payer – deshalb freue er sich auch auf die Zusammenarbeit mit ligaportal.at.

Der Fußball bleibt also ein wichtiger Bestandteil im Leben von Helge Payer, aber nicht nur als Analytiker. Mit seinem Vater Helge Payer senior, der in der Wiener Liga und der deutschen Regionalliga selbst als Torwart gespielt hat, betreut er die 2005 gegründete „Helge Payer Torwartschule“ mit der er junge Talente fördert. Und auch in seiner Freizeit schaut er sich mit anderen Rapid-Legenden, wie Ernst Dokupil und Antonin Panenka in Rapids „Legendenclub“ Spiele seines Herzensvereins an – mittlerweile als Fan und Experte zugleich.