Während sich Marcel Hirscher und Co in Pyeongchang auf die Olympischen Winterspiele vorbereiten, ist die Österreichische Bundesliga am vergangenen Wochenende in die Frühjahrsmeisterschaft gestartet. Dass dabei gleich zu Beginn ein (für beide Seiten richtungsweisendes) 325. Wiener Derby zwischen Rapid und Austria auf dem Programm stand, machte die Angelegenheit keinesfalls uninteressanter. Nach dem Spiel wird nicht viel über das Spiel selbst oder das Ergebnis gesprochen, viel mehr hat das Verhalten mancher „Fans“ für Aufmerksamkeit gesorgt. Diese Ereignisse sollen hier allerdings außen vor bleiben, zu viel hatte das Spiel sonst noch zu bieten um sich noch weiter mit diesem Thema herumzuschlagen. Denn obwohl die Gäste aus Favoriten eine richtig starke Partie spielten, mussten sie am Ende mit dem Punkt hochzufrieden sein.  

 

Eine Spielanalyse von Stefan Schoberer

Ein Wiener Derby ist zwar immer für Spannungsmomente, Emotionen und hitzige Gefechte gut, doch aufgrund des Tabellenstandes konnte man im Vorfeld der Partie zusätzliche Brisanz erwarten. Während Rapid mit einem Sieg wieder einen Schritt näher an Sturm heranrücken hätte können, benötigte die Austria den Dreipunkter im Kampf um Platz 4. Thorsten Fink hatte einmal mehr mit Verletzungssorgen zu kämpfen, wich aber von seinem gewohnten 4-3-3 System genauso wenig ab wie sein Gegenüber Goran Djuricin von seinem 4-2-3-1. Was aber durchaus überraschte, war das die Austria zu Beginn klar das Kommando übernahm und die Spielkontrolle zu seinen Gunsten hatte. Raphael Holzhauser war wie schon im Herbst der Dreh- und Angelpunkt im Spiel der Gäste, ließ sich dabei im Spielaufbau immer als abkippender Sechser auf die Position des halblinken Innenverteidigers fallen. Winter-Neuzugang Stefan Stangl und sein Kompagnon auf der linken Seite, Felipe Pires, harmonierten schon gut miteinander. War Stangl ganz auf Außen zu finden, wich Pires in den Halbraum vor die Abwehr um dort zwischen den Linien den freien Raum zu suchen. Da Rapid dort mit der Doppel-Sechs allerdings meist nicht viel Raum ließ, wich Stangl oft in diesen Halbraum, um Pires außen im 1 gegen 1 gegen Stephan Auer zu isolieren.

Abb.1: Holzhauser lässt sich als abkippender Sechser in den Halbraum zurückfallen, Stangl steht hoch auf Links Außen. Als Holzhauser im Spielaufbau ohne großen Gegnerdruck zum Ball kam, rückte Stangl in die Mitte ein und Pires kam weit in der gegnerischen Hälfte in eine offene Stellung und konnte so seine Schnelligkeitsvorteile gegenüber Auer ausspielen.

Die Grün-Weißen begannen im Spiel gegen den Ball doch zurückhaltend, stellten allerdings bereits nach knapp 15 Minuten auf ein deutlich offensiveres Pressing um. Bespielte man zu Spielbeginn die Austria noch mit einem flexiblen Abwehr- bzw. Mittelfeldpressing, stellte man dann auf ein hohes Angriffspressing um. Damit konnte der Spielaufbau der Gäste deutlich besser unterbunden werden als in der Anfangsviertelstunde. Ob das der Matchplan der Hütteldorfer war, darf bezweifelt werden. Viel eher reagierte das Trainerteam der Heimischen auf den doch recht dominanten Auftritt der Elf von Thorsten Fink.

Abb. 2: Rapid spielte hohes Angriffspressing, Stefan Schwab rückte eine Position nach vorne, Ljubicic sicherte den Raum vor der Abwehr. Im jetzt bespieltem 4-1-4-1 versuchte Joelinton außerdem, durch geschicktes Anlaufverhalten das Spiel auf Mohammed Kadiri zu lenken, der im Spielaufbau wie schon in vergangenen Tagen noch viel Luft nach oben hat.

Rapid versuchte im Spielaufbau durch die traditionell sehr hoch stehenden Außenverteidiger Auer und Bolingoli Überzahl auf den Außenpositionen zu schaffen. Schobesberger und Berisha rückten bis zur letzten Linie der Austria vor und konnten so deren Viererkette weitestgehend binden. Aber auch bei den Grün-Weißen versuchten die Außenverteidiger ähnlich wie bei der Austria im richtigen Moment einzurücken und so den Außenspielern in aussichtsreicher Position ein bisschen Platz zu gewähren. Vor allem weil die Austria im Zentrum sehr gut und eng positioniert war, suchte man auf Seiten der Gastgeber immer öfter den Weg nach außen.

Abb.3: Rapid mit der 2-3 Aufbaustruktur, die Austria im Zentrum mit der mannorientierten Zwischenlinienverengung. Die Hütteldorfer suchten häufig die Anspielstationen über die Seiten.

So viel das Spiel taktisch auch zu bieten hatte, Chancentechnisch ließ es allerdings sehr zu wünschen übrig. Rapid wurde erstmals nach 20 Minuten durch einen Kopfball von Maximilian Hofmann gefährlich, sein Abschluss nach kurz abgespielter Ecke ging allerdings knapp am Tor vorbei. Auf der anderen Seite war es der fleißige Felipe Pires, dessen Schuss in Richtung Rapid-Tor erstmals für Gefahr sorgte. In Folge war es die Austria, die sich ein Chancenplus erarbeiten konnte und nach Chancen von Stangl und Prokop durchaus in Führung hätte gehen können. Da sich Richard Strebinger allerdings mehrmals auszeichnen konnte, ging es mit dem 0:0 in die Pause.

Nach dem Seitenwechsel hatte erneut die Austria den besseren Start zu verzeichnen, der Führungstrefferlag in der Luft. In der 60. Minute war es Monschein, der einmal mehr einen Ball behaupten konnte und auf Rechts den umtriebigen Lucas Venuto freispielte. Nach einer unglücklichen Abwehr von Ljubicic fand der Ball abermals zu Monschein, der problemlos versenkte. Doch nur zwei Minuten später konnte Ljubicic seine unglückliche Aktion wieder ausbessern, traf nach einem Eckball schnell zum Ausgleich. Danach gab es auf Seiten der Djuricin-Elf zwar noch zwei Hochkaräter (Joelinton 66., Schobesberger 74.), am Spielausgang änderte sich aber nichts mehr.

Fazit: Thorsten Fink steht weiterhin zu seinem dominanten Auftreten. Auch mit einer langen Verletzungsliste scheut er es nicht einen geordneten Spielaufbau durchführen zu lassen. Rapid zeigte sich zu Beginn etwas zurückhaltend, konnte aber mit der Umstellung auf ein deutlich offensiveres Pressing mehr Akzente gegen den Ball setzen. Im Spielaufbau fand sich Murg oftmals dazu gezwungen, den Ball weit hinter der Mittellinie zu holen, da das Zentrum der Violetten mit der Achse Prokop - Serbest – Holzhauser kompakt besetzt war. Im Endeffekt ein gerechtes Remis, wobei beide Teams auf Sieg spielten.