Wenn Rapid Wien und Sturm Graz aufeinandertreffen, spricht man zumeist von einem Spitzenspiel. Betrachtet man allerdings die ersten beiden Runden im Frühjahr, so klingt dieser Begriff doch ein wenig seltsam. Trotzdem sorgte dieses Spiel aufgrund der Rivalität und den Tabellenplatzierungen der beiden Teams doch für große Aufmerksamkeit, hat nach dem anwachsenden Vorsprung von Red Bull Salzburg doch schon der große Kampf um Platz 2 begonnen.

 

Eine Spiel-Analyse von Stefan Schoberer

Es konnte erwartet werden, dass Rapid das Spiel vor heimischer Kulisse im Allianz-Stadion überlassen wird und Sturm versucht, durch eine gesicherte Defensive und über die Umschaltmomente erfolgreich zu sein. Das hat sich wohl bereits nach Bekanntgabe der Aufstellungen bestätigt, als ersichtlich wurde das Sturm im 5-4-1 System auf eine alt-bewährte Grundordnung zurückgriff. Heiko Vogel wich also von seinem „Wunschsystem“ ab (wenn man das so bezeichnen kann), um dem Spiel von Rapid im bekannten 4-2-3-1 entgegnen zu können.

Rapid hatte vor allem zu Beginn zwar viel Ballbesitz, konnte diesen aber nicht wirklich in effektive Dominanz ummünzen. Zwar hatte man beim Murg-Stangenschuss in der 6. Spielminute Pech, trotzdem verstand es die Elf von Heiko Vogel die gefährlichen Räume zuzustellen und auf das Positionsspiel der Rapid-Offensive Berisha, Joelinton, Murg und Schobesberger zu reagieren.

Abb. 1: Sturm in der 5-4-1 Grundordnung mit Alar als Solospitze. Rapid versuchte im Aufbau durch die Gegen-Bewegungen der Offensive zwischen der Abwehr- und Mittelfeldlinie der Grazer anspielbar zu sein, dies gelang aber aufgrund der hervorragenden Abstimmung im Defensivverbund selten bis nie. Sollte es doch einmal klappen, so schob ein Innenverteidiger frühzeitig heraus und konnte so den Offensivspieler sofort unter Druck setzen.

Die Gäste konnten geduldig auf Fehler der Wiener warten, um dann ihr Umschaltspiel durchziehen zu können und so zu Chancen zu kommen. Alar vergab noch vor Strebinger, aber nach dessen Fehlpass auf Koch konnte Röcher nach blitzsauberer Vorlage von Alar auf 0:1 stellen. Auch in weiterer Folge wirkten die Grün-Weißen ideenlos, konnten ihre Außenverteidiger durch das kluge Anlaufverhalten von Röcher und Hierländer nicht wie geplant in Szene setzen. So war das Zentrum von Rapid zwar gut besetzt, das Flügelspiel konnte (im Spielaufbau) aber nicht wie gewohnt aufgezogen werden. Eine Flankenstatistik von 20:1 für Rapid sieht zwar danach aus, als hätte das Flügelspiel geklappt, allerdings nur aus dem Grund, weil sich die Steirer in dieser Hinsicht einen cleveren Plan zurechtlegten. Das Aufbauspiel der Rapidler wurde nach innen gelenkt, um in weiterer Folge über das Spiel in der Mittelzone wieder nach außen zu lenken, da die Box mit drei Kopfballstarken Innenverteidigern gut besetzt war im Vergleich mit dem nicht als Kopfballungeheuer bekannten Schobesberger und Joelinton.

Ein positiver Nebeneffekt für die „Blackys“ war auch die Verunsicherung der Aufbauspieler, die durch ihre Ideenlosigkeit auch in Pressingfallen tappten. So geschehen auch in der 8. Minute, als Lovric seinen Gegenspieler Petsos zuerst frei ließ, um diesen nach dem Anspiel von Galvao sofort zu attackieren und dadurch eine Riesenchance einzuleiten.

Abb. 2: Hierländer läuft von außen an, sodass der Raum hinter ihm nicht direkt zu bespielen ist. Rapid tappt in die Pressingfalle von Sturm, gewinnt den Ball durch Lovric und kommt zu einer Chance von Alar, der allerdings an Strebinger scheitert.

Das 1:0 für die Gäste war aufgrund der Spielanteile vielleicht etwas schmeichelhaft, Chancen gab es allerdings genug um das Spiel bereits frühzeitig zu entscheiden. So aber konnten sich die Hütteldorfer am Schluss durch den satten Abschluss von Boli Bolingoli noch für den großen Aufwand belohnen. Auch wenn Zulj in Minute 95 noch den finalen Schlusspunkt hätte setzen können, ist die Punkteteilung dorch gerecht.

Fazit: Sturm kann mit dem Remis wohl besser leben als Rapid, trotzdem sind die Steirer bereits seit 4 Runden sieglos und treffen in der nächsten Runde auf die Mozartstädter von Red Bull Salzburg. Nach deren Sieg gegen Schlusslicht St. Pölten beträgt der Vorsprung bereits 7 Punkte, sollten die Grazer dieses Spiel nicht für sich entscheiden so dürfe bereits eine Vorentscheidung im Kampf um die Meisterschaft gefallen sein. Rapid allerdingst tritt weiter auf der Stelle, wurde nun sogar von der Admira von Rang 3 verdrängt. Um wirklich noch im Kampf um den Vizemeistertitel mitzumischen, muss man schleunigst Spiele gewinnen. Aber die Saison dauert bekanntlich noch 13 Runden, in denen sich noch einiges ändern kann…