Borussia Dortmund gegen den FC Salzburg, das ergab die Auslosung des Europa-League Achtelfinals vor gut 2 Wochen. Seit dem Aufstieg gegen Real Sociedad herrscht große Euphorie im Lager der Mozartstädter, konnte man im Anschluss daran ja auch durch Siege in der Bundesliga bei Sturm Graz und gegen Rapid die Weichen in Richtung Meisterschaftsgewinn stellen und gegen Austria Klagenfurt souverän ins Cup-Halbfinale einziehen. Das Borussia Dortmund mit Trainer Peter Stöger jedoch ein anderes Kaliber ist, sollte jedem Bewusst sein. Trotzdem sollte das der Stimmung keinen Abbruch tun, was auch der Zuschauer-Zuspruch zeigt. Als klarer Außenseiter gilt man aufgrund dieser Ekstase vermeintlich gar nicht mehr, viele Menschen sollten sich auf zwei spannende und umkämpfte Spiele freuen, in denen die Chancen bei 50:50 stehen. Diese Euphorie der Fußballfans kommt bekannt vor, von der Europameisterschaft in Frankreich 2016, wo Österreich nach großen Erwartungen allerdings enttäuschend in der Gruppenphase ausschied. Oder eben vom FC Salzburg im Jahr 2014, als unter Trainer Roger Schmidt wunderschöner Fußball rund um Sadio Mane, Kevin Kampl und Jonathan Soriano gespielt wurde. Man bekam das Gefühl, dass diese Truppe sogar das Finale der Europa-League erreichen könnte, letztendlich kam aber das bittere Aus im Achtelfinale gegen den FC Basel.

 

Was die Gegenwart bringt, ist ein Auswärtsspiel beim BVB vor der berühmten gelben Wand, was nie einfach ist. Jedoch wird ein KO-Duell im Europacup bekanntlich in Hin- und Rückspiel entschieden, was heißt dass es für die Bullen im Auswärtsspiel einmal darum geht, eine gute Ausgangsposition zu erlangen. Sieht man sich die Statistik vom BVB unter Trainer Peter Stöger an, sieht man zwar, dass mit Ausnahme des DFB-Pokal-Ausscheidens gegen den FC Bayern kein Spiel verloren wurde, der höchste Sieg allerdings ein 2:0 gegen Mainz bzw. den HSV war. Außerdem ist ein Torverhältnis von 20:13 in 13 Spielen jetzt auch nicht sonderlich furchteinflößend, viel mehr sind es Namen wie Marco Reus, Mario Götze oder Michy Batshuayi.

Eine Spiel-Analyse von Stefan Schoberer

Marco Rose ließ seine Bullen im vertrauten 4-4-2 mit Mittelfeldraute auflaufen, sein Gegenüber Peter Stöger baute mit seinem BVB auf das geläufige 4-2-3-1. Allerdings änderte sich die Formation der Salzburger ständig, hängte stark von der Pressinglinie ab. Zu Beginn wollte man kein Risiko eingehen, setzte gegen den Ball auf ein flaches 4-4-2 mit Berisha in der Zentrale und Schlager auf Links.

Abb. 1: RBS im 4-4-2, der BVB im 4-2-3-1. Abwhrpressing der Salzburger in dieser Situation.

Die Aufbaustruktur beim BVB war unverändert gegenüber dem Spiel am vergangenen Wochenende gegen die Leipziger Bullen, diente doch wie so oft Weigl als Ankerspieler zwischen den Innenverteidigern, während Dahoud zumeist eine Reihe weiter vorne versuchte Samassekou zu binden. Die Offensiven der Gelb/Schwarzen suchten Raum zwischen den Linien, waren aber aufgrund der guten Positionierungen der Flügelspieler und der Verschiebebewegung der Verteidigungslinie selten anspielbar. Bei Ballgewinn versuchten die Gäste schnell die Spitzen Hwang und Dabbur, die sofort in die Tiefe starteten, zu bespielen, was die Dortmunder Abwehr aber zu verteidigen wusste.

Beim langsamen Spielaufbau des BVB positionierte sich der ballferne Flügelspieler der Salzburger meist weiter hinten auf der letzten Verteidigungslinie, rückte bei Spielverlagerung wieder hinaus um im Mittelfeldpressing agieren zu können. Das hat den Vorteil gebracht, dass die 4er-Verteidigung leichter auf Ballseite verschieben konnte, ohne dabei den Ballfernen Raum, der von einem Flügelspieler des BVB weiter besetzt wurde (und bei Spielverlagerung zusätzlich von den Außenverteidigern belaufen wurde) komplett aufzugeben.

Abb. 2: Ballferner Flügelspieler als auffüllender Kettenspieler, hat danach aber einen weiten Weg um ins Pressing zu kommen. Die Formation gegen den Ball ist hier ein 5-3-2, wobei das Mittelfeld stark ballorientier verschiebt, da eben bei Spielverlagerung der äußere Kettenspieler rausrückt. Hier wird ein Mittelfeldpressing praktiziert.

Die Mozartstädter variierten stark zwischen Mittelfeld- und Angriffspressing, hatten auch Phasen in denen sie dem BVB das Spiel komplett überließen und sich geschlossen 10m hinter der Mittellinie aufzustellen und von dort weg zu pressen.In anderen Phasen ließ man den offensiven Rautenspieler (meist Schlager) wieder weit nach vorne Verteidigen, um die Aufbauspieler mit 3 Mann zu attackieren. Der BVB agierte deshalb danach vermehrt mit einer 2-4 Aufbaustruktur, da sich Dahoud die Bälle weiter hinten holen musste um Anspielbar zu sein. Reus und Schürrle kamen nur selten in gebundene 1:1 Situationen, sollte es doch einmal funktionieren gab es durch das Durchschieben der Salzburger Defensive sofort eine Absicherung dahinter.

Das Salzburger Offensiv-Spiel fand fast ausschließlich über die rechte Seite statt, welche durch das weite Einrücken von Berisha und die Kurzpass-Unterstützung von Schlager stark überladen wurde. Lainer fand sich oft auf der Dortmunder Grundlinie wieder, um von dort aus gefährliche Bälle in die Box spielen zu können. Durch die starke Asynchronität konnte auf Rechts nach Ballverlust auch sofort Druck auf en Ballführenden gemacht werden, um schnell ins Gegenpressing zu kommen.

Abb. 3: Starke Überladung auf der rechten Angriffsseite der Bullen.

Auch das Aufbauspiel de Rose-Elf war gut strukturiert, war sowohl in Breite als auch Höhe stark gestaffelt. Der starke Xaver Schlager wusste sein Positionsspiel auch immer gut auszulegen, um den zweiten Ball zu erobern bzw. bei Ballverlust sofort ins Gegenpressing zu kommen.

So war der einzige Wehrmutstropfen das 1:2 Anschlusstor des BVB durch Schürrle. Die einzige Situation, in welcher der BVB der Pass in den Zwischenlinienraum gelang und daraus Kapital schlagen konnte.

Abb. 4: RBS einmal nicht so gut formiert in der Defensiven Tiefenstaffelung, der BVB nutzt das in Form von Weigl mit einem starken Pass auf Reus. Samassekou orientiert sich hier nach vorne, was den Platz für Reus frei macht.

Fazit: Es darf vom Viertelfinale geträumt werden. Marco Rose zeigt einmal mehr, welch ein Gespür er hat eine Mannschaft richtig einzustellen. Auch wenn der BVB optisch vielleicht überlegen war, konnte Salzburg in der Offensive mehr Gefahr ausstrahlen und war über 90 Minuten Herr der Lage. Durch die geschickte Änderungen der Pressingphasen und dem ständigen Variieren des Positionsspiels konnte das Spiel über 90 Minuten gehalten werden, was zu hoffen lässt das RBS den Vorsprung auch im Rückspiel über die Runden bringt und sich unter die besten 8 Teams der Europa-League katapultiert.