Nach dem furiosen Auftritt in Dortmund galt es für den FC Salzburg nur noch, in der heimischen Red-Bull Arena den Deckel drauf zu machen. Das dies schwerer werden könnte als viele angenommen haben, war dem Trainerteam rund um Marco Rose mit Sicherheit bewusst. Eine Offensive mit Namen wie Reus, Schürrle, Götze, Batshuayi und Konsorten haben genug Qualität, um jeden Gegner auch Auswärts zu schlagen. Dass ein mageres 1:0 dem BVB aber nicht reichen würde, spielte den Salzburgern doch in die Karten, wenngleich man doch mit dem hochverdienten 2:1 Sieg im Westfalenstadion selbst den Grundstein dafür gelegt hat. Waren die Spiele vom BVB unter Peter Stöger bislang doch ausgehend von einer stabilen Defensive, galt es in diesem Spiel mit offenen Visier ins Rennen zu gehen.

 

Eine Spiel-Analyse von Stefan Schoberer

Wie schon im Hinspiel vertrauten beide Trainer auf die bewährten Spielsysteme. Marco Rose vertraute einmal mehr seinem 4-4-2 mit Mittelfeldraute, Peter Stöger  ließ seine Mannen im 4-2-3-1 auflaufen. Personelle Überraschungen blieben aus, einzig mit der Aufstellung von Castro im Defensiven Mittelfeld statt Weigl überraschte ein wenig. Außerdem kam der junge Innenverteidiger Zagadou anstatt des verletzten Ömer Toprak in die Mannschaft.

Die Salzburger begannen sehr druckvoll und mit hohem Angriffspressing. Schlager konnte seine Rolle wieder grandios ausspielen und befand sich je nach Situation entweder hinter den Spitzen als Pressinglenker wieder, oder neben Samassekou als klassischer 6er. Vor allem in der Anfangsviertelstunde wurde intensiv gepresst und so die Verunsicherung des BVB spürbar. Das Pressing war sehr mannorientiert, was durch die Aufbaustruktur des BVB mit der Mittelfeldraute ideal zu bespielen ist.

Abb. 1: Stark mannorientiertes Pressing der Salzburger. Schlager setzt hier den ballführenden sofort unter Druck, dem dann nur wenige Optionen zum Lösen dieser Spielsituationen bleiben.

Natürlich war klar, dass RBS nicht über 90 Minuten diese Intensivität im Pressing gehen kann, daher variierten sie wie schon letzte Woche und sammelten sich geschlossen hinter der Mittellinie, um von dort weg zu attackieren. Der BVB musste das Spiel natürlich machen, was dem Salzburger Umschaltspiel durchaus gut tat. Interessant dabei war zu beobachten, dass Sokratis nach einem Spielaufbau aus der Verteidigungszone mehrmals den Weg mit nach vorne suchte und sich als Achter im Zentrum positionierte. Das ergab hinten eine klare 1:1 Situation mit Zagadou gegen Hwang. Sehr mutiges Konzept von Stöger, dass aber in Folge einiger Unsicherheiten beim jungen Franzosen abgestellt wurde. Im langsamen Spielaufbau versuchte der BVB die Außenverteidiger tiefer zu positionieren als üblich, um in die Breite bessere Anspielstationen zu schaffen. Des Weiteren haben dadurch die Flügelspieler aus der Mittelfeldraute der Bullen (Berisha und Haidara) längere Anlaufwege, um ins Pressing zu kommen. Castro nahm die Aufgabe als Ankerspieler zwischen den Innenverteidigern 1:1 gegenüber Weigl an, Dahoud versuchte zwischen Samassekou und Schlager im Mittelfeld einen freien Passweg zu finden.

Abb. 2: 4-1 Aufbaustruktur des BVB. Marco Rose konnte in weiterer Folge aber auf die langen Anlaufwege der Flügelspieler reagieren und brachte einen ganz speziellen Pressingauslöser in den Matchplan.

Der bei Abb.2 genannte Pressingauslöser kam dann zu tragen, wenn Sokratis einen Pass auf seinen Kollegen in der Innenverteidigung, Zagadou, spielte. Dieser wurde sofort nach dem Zuspiel aggressiv angelaufen und so immer wieder zu Fehlern gezwungen. Ein zu kurz geratener Pass auf Zagadou brauchte auch eine gute Chance von Hwang, der aber mit seinem Schuss auf die kurze Ecke an Bürki scheiterte.

Im Ballbesitz lag die Devise der Mozartstädter wie bereits erwähnt am Umschaltspiel. Das Sturmduo suchte oft den Raum hinter der Abwehr, der angriffslustig belaufen wurde. Die Mittelfeldraute rückte im Ballbesitz eng zusammen, konnte dadurch eine optimale Dreiecksbildung in Überzahl schaffen. Die Außenspieler des BVB waren gebunden von den Außenverteidigern der Bullen, durch die eingerückten Berisha und Haidara konnte das Zentrum verdichtet werden um bei Ballverlust einfach ins Gegenpressing zu kommen. Die Synchronität der Salzburger (Außenverteidiger mit gleicher Positionierung) war in den letzten Spielen nicht oft zu sehen, viel mehr war Lainer zunehmend ins Offensivspiel mit eingebunden, während Ulmer nur selten zum Vorstoß kam. Diesmal war aber eben diese Synchronität im Salzburger Spiel der Trumpf zur Verdichtung im Zentrum.

Abb. 3: Schürrle und Reus auf Außen gebunden, Hwang und Dabbur positionieren sich jeweils zwischen Innen- und Außenverteidiger. Dadurch einfaches Spiel der Bullen im Zentrum

Die einzige echte Möglichkeit für den BVB diese Unterzahl zu kompensieren war, einen Innenverteidiger aus der Kette rauszuziehen um Schlager nicht in Spielrichtung aufdrehen zu lassen. Natürlich birgt das aber das Risiko, bei einem verlorenen Zweikampf in Unterzahl zu geraten, was mehrmals geschehen ist.

Abb. 4: Zagadou rückt hier raus auf Haidara, verliert aber den Zweikampf. Dadurch kommen die Bullen hier im letzten Drittel in Überzahl, können die Chance aber nicht verwerten.

Fazit: Hochverdienter Aufstieg des Österreichischen Meisters! Der BVB war nie in der Lage, den Salzburgern richtig gefährlich zu werden. Das Offensivspiel der Bullen ist geradlinig, kreativ, attraktiv. Was zusätzlich imponiert, ist die Variabilität mit und gegen den Ball. Der nächste Gegner heißt Lazio Rom, es wird interessant zu beobachten sein, welche Raffinessen sich Marco Rose und sein Trainerteam für die Italiener einfallen lassen.