Am Sonntag, um 18:32 Uhr, schien die laufende Saison der österreichischen Fußball-Bundesliga bereits entschieden zu sein. Der Spitzenreiter Red Bull Salzburg führte gegen den zweitplatzierten SK Rapid Wien mit 3:0. Im Fall eines Sieges würden die Salzburger mit einem Neun-Punkte-Polster in die verbleibenden acht Spiele gehen. Doch die Hütteldorfer bewiesen Charakter und retteten in der Nachspielzeit doch noch einen Punkt. Ligaportal-Experte und Ex-Rapid-Schlussmann Helge Payer analysiert das Topspiel der 28. Runde.

Es war ein Spiel mit zwei völlig unterschiedlichen Halbzeiten. Mich hat die Partie an das Champions-League-Finale 2005 zwischen dem AC Milan und Liverpool erinnert, als Liverpool nach einem 0:3-Pausenrückstand durch eine starke zweite Hälfte doch noch gewann. Auffällig war an Rapids Spielanlage, dass die Mannschaft in der ersten Halbzeit mit einer Triple-Sechs agierte. Brian Behrendt, Dominik Wydra und Stefan Schwab versuchten das Zentrum dicht zu machen. Das Problem war, dass die Hütteldorfer durch diese Spielweise offensiv zu harmlos blieben.

Experiment mit Tripple-Sechs geht schief

Sie fanden über weite Strecken keinen Zugriff aufs Spiel, waren in den Zweikämpfen meistens einen Schritt zu spät und leisteten sich zu viele Fehler im Spielaufbau. Die Salzburger spielten hingegen sehr selbstbewusst , zogen ihr frühes Gegenpressing durch und waren in der ersten Halbzeit überlegen. Mich hat es sehr beeindruckt, dass Rapid-Trainer Zoran Barisic im ORF-Interview zugegeben hat, dass die Variante mit drei Sechsern offensichtlich doch die falsche Entscheidung war. Das war ein cooler Zug von ihm. Auch die Reaktion von Andreas Ulmer nach seiner roten Karte war gut. Er hat zwar gesagt, dass es nicht seine Absicht war einen Spieler zu verletzen, hat aber gleichzeitig betont, dass er seiner Mannschaft mit diesem Foul sehr geschadet hat.

Rapid-RedBull

Rapid beweist große Willensstärke

In der zweiten Halbzeit war Rapid wie ausgewechselt. Die Unterstützung der Rapid-Fans war top – selbst nach dem 0:3-Rückstand waren im Stadion keine Pfiffe zu hören. Ich glaube, dass nach dem Seitenwechsel der Funke von der Tribüne auf die Mannschaft übergesprungen ist, Rapid bewies einen ungeheuren Willen, in diesem Spiel zumindest noch ein Unentschieden zu holen. Eine Voraussetzung dafür war auch die Einwechslung von Phillip Schobersberger zur Pause, der für Wydra ins Spiel kam. Mit seiner Schnelligkeit und Unbekümmertheit hat er seine Mitspieler mitgerissen und entscheidende Offensivakzente gesetzt.

Unerfahrene Salzburger Abwehr

Salzburg hat mit einer eher unerfahrenen Abwehr gespielt. Nachdem Ilsanker ausgewechselt wurde, spielten Ćaleta-Car, Lukas Gugganig und Benno Schmitz in der Verteidigung. Lukas Gugganig kenne ich gut, er spielt bei mir in der U-18-Auswahl. Das erste Bundesligaspiel ist immer schwierig, er hat seine Aufgabe aber ganz gut gelöst. In meinen Augen ist er ein großes Talent für die Zukunft.

Rapid hat in diesem Spiel die große Möglichkeit gehabt, den Rückstand auf Salzburg auf drei Punkte zu reduzieren. Ich glaube aber trotzdem nicht, dass die Meisterschaft bereits entschieden ist. Für Rapid wird es natürlich schwer werden, die Salzburger sollten sich aber nicht zu sicher sein, denn ein Sechs-Punkte-Polster verliert man oft schneller, als man glaubt.

"no balls, no games" - Euer Helge

Fotos: gepa pictures / red bull