Feierstimmung in Wien-Favoriten: Zum Abschluss des Fußballjahres 2018 bejubelte der FK Austria Wien im Wiener Derby einen 6:1-Kantersieg über Stadtrivale SK Rapid Wien.

Das 328. Stadtduell war bereits zur Halbzeit entschieden. Nach einem Ausschluss von Dejan Ljubicic beim Stand von 1:1 verteidigte Rapid vogelwild und verlor völlig den Faden. Innerhalb von sechs Minuten sorgten Jeggo, Monschein und Klein für die klare 4:1-Halbzeitführung. Passend zum gebrauchten Abend aus Sicht der Grün-Weißen erhöhte Mateo Barac mit einem unglücklichen Eigentor auf 5:1 für die Austria. Der eingewechselte Alon Turgeman machte in der 78. Minute den 6:1-Endstand perfekt. 

Die Veilchen behaupteten damit ihren Platz in der oberen Hälfte der Tabelle und überwintern als Fünfter. Rapid hingegen muss sich als Tabellenachter mit sechs Punkten Rückstand auf die Meistergruppe wohl langsam aber sicher damit abfinden, dass man nach der Punkteteilung um die Plätze sieben bis zwölf spielen wird. 

Des einen Freud, des anderen Leid: Die Austria bejubelte den höchsten Derbysieg seit 50 Jahren. 

Didi Kühbauer wirft die Rotationsmaschine an

Austria-Trainer Thomas Letsch nahm gegenüber der 1:2-Niederlage gegen Mattersburg eine personelle Änderung vor. Dominik Prokop spielte anstelle von Igor, der heute auf der Bank Platz nehmen musste. Dafür rückte Thomas Ebner zurück auf die Position des linken Verteidigers. Bright Edomwonyi und Christoph Monschein bildeten den Doppelsturm der Veilchen. 

Sein Gegenüber Didi Kühbauer warf nach nach dem Europa-League-Triumph die Rotationsmaschine an und nahm gleich sechs Umstellungen vor. Auer, Bolingoli, Martic, Ivan und Berisha mussten sich heute mit einem Platz auf der Ersatzbank begnügen. Max Hofmann stand nicht einmal im Aufgebot der Grün-Weißen. Dafür rotierten Dibon, Potzmann, Ljubicic, Knasmüllner, Schobesberger und Alar in die Startformation der Hütteldorfer. 

Die Veilchen schießen zehn Rapidler eiskalt ab

Den ersten Aufreger gab es bereits Stunden vor Anpfiff abseits des Rasens. Einige Rapid-„Fans“ sollen gegen Ende des Fanmarschs diverse Gegenstände auf die Wiener Südosttangente (Anm.: stark befahrene Schnellstraße) geworfen haben. Daraufhin kesselte die Exekutive tausende Rapid-Anhänger ein und führte ID-Kontrollen durch. Dementsprechend verwaist war der Gästesektor zu Beginn des 328. Derbys. 

Apropos Aufreger: James Jeggo mähte 120 Sekunden nach Spielbeginn Thomas Murg ohne Not auf Höhe der Mittellinie um. Dafür kassierte der Australier völlig zu Recht die Gelbe Karte. Spielerisch hatte das letzte Bundesliga-Spiel des Jahres anfangs nicht allzu viel zu bieten. Rapid hatte von der ersten Minute an deutlich mehr Ballbesitz und versuchte über die spielerische Komponente in die Partie zu finden. Die Veilchen begannen verhalten, lauerten auf Ballverluste der Grün-Weißen. 

Den ersten Schuss verbuchten die Gäste aus Hütteldorf: Stefan Schwab feuwerte aus gut 25 Metern einen Schuss ab, den Pentz mit etwas Mühe entschärfte (16.). Die Austria mühte sich, ging aber dennoch in Führung: James Jeggo brachte einen Freistoß von der Mittelauflage hoch ins Zentrum, wo sich der baumlange Schoissengeyr hochschraubte und platziert ins lange Eck köpfte - 1:0 (22.). Ausgerechnet Christoph Schoissengeyr, der in seiner Jugend mehr als fünf Jahre für Rapid spielte. 

1:0: Schoissengeyr setzt sich gegen Barac durch und köpft ein. 

Die Hütteldorfer ließen sich aber nicht beirren, waren weiterhin das aktivere Team und schlugen postwendend zurück: Schwab schickte mit einem langen Ball Marvin Potzmann auf die Reise, der auf der linken Seite Madl aussteigen ließ und mit einem feinen Schlenzer auf 1:1 stellte (29.). 

Es folgten kuriose Minuten, die für Rapid nicht schlechter ausfallen hätten können: Nach einem Ballverlust der Gäste schalteten die Veilchen blitzschnell um, Edomwonyi lief alleine auf Strebinger zu, ehe Ljubicic den Nigerianer unmittelbar vor dem Strafraum foulte. Lechner schickte Ljubicic dafür vorzeitig unter die Dusche. Den fälligen Freistoß von Madl konnte Strebinger nicht sichern, Jeggo staubte ab - 2:1 (35.). 

In der Folge präsentierten sich die Gäste in der Defensive vogelwild, was die Austria eiskalt bestrafte: Christoph Monschein tankte sich sehenswert durch die Hintermannschaft der Grün-Weißen und schloss mit einem überlegten Heber zum 3:1 ab (37.). 

Christoph Monschein traf mit einem feinen Heber zum 3:1. 

Wenig später schoss der Stürmer am leeren Tor der Hütteldorfer vorbei. Besser machte es Florian Klein, der sich mit einem Traumtor in die Schützenliste eintrug. Ein Corner landete beim Rechtsverteidiger, der von der Strafraumgrenze abzog und die Kugel perfekt im rechten Kreuzeck versenkte - 4:1 (41.). Die Entscheidung in diesem einseitigen Wiener Stadtduell. 

Austria stürzt Rapid in ein Debakel 

Kühbauer musste reagieren und tat dies auch, nahm zur Pause einen Doppelwechsel vor: Für Knasmüllner und Alar war der Arbeitstag vorzeitig beendet, dafür kamen Manuel Martic und Veton Berisha ins Spiel.

Die in Unterzahl agierenden Rapidler versuchte zwar das Leder in den eigenen Reihen laufen zu lassen, ernsthaft torgefährlich wurde aber nur die Austria: Monschein hatte nach feinem Zuspiel von Matic das 5:1 auf dem Fuß, setzte den Ball aber knapp daneben (53.).

Nachdem Florian Klein völlig freistehend nur das Außennetz getroffen hatte, sorgte der einmal mehr unsichere Rapid-Verteidiger Mateo Barac für hämisches Gelächter. Der Kroate wollte einen Schuss von Prokop klären, schoss das Leder aber äußerst unglücklich ins eigene Tor - 5:1 (57.).

Das Spiel flachte ob dieses deutlichen Zwischenstandes komplett ab. Rapid fand sich mit der hohen Pleite ab und war um Schadensbegrenzung bemüht. Die Austria hingegen kontrollierte das Spiel und erhöhte gar auf 6:1. Der eingewechselte Alon Turgeman bezwang Richard Strebinger nach einer Madl-Flanke per Kopf (78.). Während die Austria den höchsten Derbysieg seit 50 Jahren bejubelte, kassierte Rapid die mit Abstand höchste Pleite in dieser Saison. 

Stimmen zum Spiel

Thomas Letsch, Trainer FK Austria Wien: „Wir haben keinen guten Herbst gespielt, da ist Kritik völlig normal. Ich habe schon vorher gesagt, ich habe mich damit nicht beschäftigt. Heute ist es uns gut gelungen und heute war auch das Spielglück auf unserer Seite, das muss man ehrlicherweise sagen. Aus meiner Sicht geht Bright Edomwonyi vorbei und geht dann allein auf das Tor, so gesehen eine klare rote Karte. Die Mannschaft hat gebrannt, das gehört dazu. Bei 4:1 war es dann irgendwann klar. Es ist alles sehr eng, es sind noch vier Spiele und es ist klar, mit dem Gefühl heute gehen wir in die Pause. Jetzt freue ich mich auf die nächsten Tage, wo wir uns zusammensetzen und die Saison kritisch analysieren.“

Florian Klein, FK Austria Wien: „Der Sieg hat für uns eine unglaubliche Bedeutung. Wir haben im Vorfeld von einem Schicksalsspiel gehört, 6:1 im Derby ist überragend. Es war nicht ganz so leicht, wie es ausschaut, wir sind schwer ins Spiel gekommen, Rapid war aggressiv, mit der Standardsituation haben wir das 1:0 gemacht und dann ist einiges für uns gelaufen. Man merkte wie viel Druck aufgekommen ist vor dem Spiel. Jetzt haben wir ein überragendes Ende. Wir müssen konstanter werden.“

Dietmar Kühbauer, Trainer SK Rapid Wien: „Was ich fühle ist ganz gleich. Es tut mir weh, aber wir sind auch dafür verantwortlich. Bis zum 1:0 war das Spiel in unserer Hand, mit dem ruhenden Ball kriegen wir das 1:0, machen den Ausgleich und dann ist die Situation mit dem Torraub. Dann das 2:1 und 3:1. Wir haben den Austrianern den Ball in die Füße gespielt und sie haben es ausgenutzt. Das 5:1 ein Eigentor. So kommt ein 6:1 zustande. Ohne den Ausschluss, bin ich überzeugt, dass wir im Spiel geblieben wären, aber man darf nicht sechs Tore kriegen. Es bedeutet, dass wir sehr viele Punkte holen müssen, es zählen nur mehr Siege. So ein Spiel hat man im Kopf drinnen. Es wird sich was verändern. Im Frühjahr wird man definitiv eine andere Mannschaft sehen. Das kann ich Ihnen versprechen.“

Quelle: Sky

FK Austria Wien - SK Rapid Wien 6:1 (4:1)

Generali-Arena; 16.582 Zuschauer, SR Lechner

Zum Live-Ticker FK Austria gegen SK Rapid 

Tore: Schoissengeyr (22.), Jeggo (35.), Monschein (37.), Klein (41.), Barac (57./Eigentor), Turgeman (78.) bzw. Potzmann (29.)

Rot: Ljubicic (33.)

Austria Wien: Pentz - Klein, Madl, Schoissengeyr, Ebner - Jeggo - Sax (83./Demaku), Prokop (63./Fitz), Matic - Edomwonyi, Monschein (70./Turgeman)

Rapid Wien: Strebinger - Müldür, Dibon, Barac, Potzmann - Ljubicic, Schwab - Murg, Knasmüllner (46./Martic), Schobesberger (79./Bolingoli) - Alar (46./Veton Berisha)

 

Fotos: Josef Parak

 

Geschrieben von Daniel Ringsmuth