Das bisher Unvorstellbare ist Realität, der eigentlich unabsteigbare Hamburger SV muss in die 2. Liga. Wie konnte es dazu kommen? Der SID zeichnet die Horrorsaison der Hamburger im Zeitraffer nach. Jetzt Fußballreise buchen!

18. August 2017: Die Saison hat noch gar nicht richtig begonnen, da sorgt Investor Klaus-Michael Kühne schon für ordentlich Wirbel an der Elbe. "Der HSV ist ein Phänomen, weil die Luschen immer hier hängen bleiben", sagt Kühne im Magazin Spiegel. Ein gutes Beispiel sei Angreifer Pierre-Michel "Lasogga, ich weiß gar nicht, ob ich an ihm beteiligt war: Musste der nach einer halben guten Saison mit einem Fünfjahresvertrag und einem Jahresgehalt von über drei Millionen Euro ausgestattet werden? Das war Harakiri, der Flop des Jahrhunderts." Lasogga wird wenig später nach Leeds ausgeliehen.

19. August 2017: Erster Spieltag - und der HSV gewinnt 1:0 gegen Augsburg. Angreifer Nicolai Müller reißt beim Torjubel das Kreuzband.

25. August 2017: Der HSV gewinnt auch das zweite Spiel der Saison in Köln (3:1) und ist für eine Nacht Tabellenführer. Die Fans träumen von einer ruhigeren Saison als in den vergangenen Jahren. Es folgen allerdings acht Partien ohne Sieg, nach dem zehnten Spieltag steht der HSV auf dem Relegationsrang.

28. Oktober 2017: Beim 1:2 des HSV bei Hertha BSC schießt Jann-Fiete Arp im Alter von 17 Jahren, neun Monaten und 22 Tagen sein erstes Bundesliga-Tor. Der Youngster aus dem eigenen Nachwuchs geht als siebtjüngster Torschütze in die Geschichte der Bundesliga ein.

4. November 2017: Die Hamburger können doch noch gewinnen. Das 3:1 gegen den VfB Stuttgart sorgt für kollektives Durchatmen an der Elbe, Arp trifft erneut und wird bereits "Uns Fiete" gerufen.

21. November 2017: Der HSV veröffentlicht den Jahresabschlussbericht für das Geschäftsjahr 2016/17. Das Minus beträgt 13,4 Millionen Euro. Die Verbindlichkeiten belaufen sich auf 105,5 Millionen Euro.

26. November 2017: Der HSV schlägt Hoffenheim 3:0 und hofft auf Ruhe - doch der Sieg sollte der letzte für sehr, sehr lange Zeit gewesen sein.

15. Dezember 2017: Nach dem 1:3 gegen Mönchengladbach feiert der HSV Weihnachten als Vorletzter der Tabelle, Trainer Markus Gisdol darf aber erst einmal weitermachen.

20. Dezember 2017: Heribert Bruchhagen, der ein Jahr zuvor Dietmar Beiersdorfer als Vorstandsboss abgelöst hatte, verlängert seinen Vertrag bis 2019.

1. Januar 2018: Das neue Jahr beginnt in Hamburg gleich mit neuem Ärger. Mittelfeldspieler Walace streikt und verlängert seinen Urlaub eigenmächtig, der Brasilianer reist verspätet ins Trainingslager nach.

14. Januar 2018: Der ehemalige Klubchef Bernd Hoffmann bestätigt seine Kandidatur für die Wahl zum Präsidenten des Hamburger SV e.V.

21. Januar 2018: Nach dem Fehlstart in die Rückrunde mit zwei weiteren Pleiten trennt sich der HSV von Gisdol.

22. Januar 2018: Bernd Hollerbach, ehemaliger Linksverteidiger und Fanliebling in Hamburg, wird als Gisdols Nachfolger präsentiert.

31. Januar 2018: Nach einer mehrtägigen Posse einigen sich der HSV und die Würzburger Kickers über die Ablösemodalitäten für Hollerbach. Nach tagelangem Geschacher nimmt der Drittligist das "Entschädigungsangebot" an, tritt aber auch noch einmal gegen die Hamburger nach.

2. Februar 2018: Ein "Putschversuch" gegen Vorstandsboss Heribert Bruchhagen und Sportchef Jens Todt sorgt für weitere Unruhe. Es sickert durch, dass Aufsichtsratsmitglied Felix Goedhart per E-Mail erfolglos versucht habe, eine Mehrheit im Gremium für eine Ablösung der Funktionäre zu bekommen. Es halten sich Gerüchte, dass einflussreiche Kräfte rund um den HSV mit einer Rückkehr von Klub-Idol Felix Magath auf einen wichtigen Posten liebäugeln.

18. Februar 2018: Bernd Hoffmann wird zum neuen Präsidenten des Hamburger SV gewählt. Der Manager, der bereits von 2003 bis 2011 Vorstandsvorsitzender des Fußball-Bundesligisten war, erhält bei der Abstimmung des Gesamtvereins 25 Stimmen mehr als der bisherige Amtsinhaber Jens Meier. Hoffmann erhält dadurch automatisch einen Sitz im Aufsichtsrat der HSV Fußball AG.

24. Februar 2018: Der HSV verliert auch das Nordderby bei Werder Bremen, nach dem 0:1 spitzt sich die Krise weiter zu.

8. März 2018: Ein Tag, wie ihn auch der HSV lange nicht erlebt hat - Vorstandschef Heribert Bruchhagen und Sportdirektor Jens Todt müssen gehen, der bisherige Finanzvorstand Frank Wettstein übernimmt die operative Führung des Klubs, Bernd Hoffmann wird neuer Aufsichtsratschef. Felix Magath sieht "keine Möglichkeit" für eine Rückkehr zum HSV.

10. März 2018: Bei Bayern München kassiert der HSV die nächste Klatsche - diesmal 0:6. Unbekannte stellen vor dem Stadion in Hamburg Grabkreuze und ein Drohplakat auf. "Eure Zeit ist abgelaufen! Wir kriegen euch alle", ist auf dem Transparent am Trainingsplatz zu lesen. Daneben steht mindestens ein Dutzend schwarze Kreuze.

12. März 2018: Nach nur sieben Wochen trennt sich der HSV von Trainer Bernd Hollerbach, der bisherige U21-Coach Christian Titz übernimmt.

19. März 2018: Investor Kühne macht sich bei der Eröffnung seines neuen Luxushotels über den abgestürzten HSV lustig. "Noch vor einem Jahr hätte ich gesagt: Hamburg hat drei Perlen - die Elbphilharmonie, unser neues Hotel und den HSV. Jetzt hat es leider nur zwei Perlen."

7. April 2018: Nach 132 Tagen gewinnt der HSV wieder ein Bundesliga-Spiel - 3:2 gegen Schalke 04.

14. April 2018: Der nächste Rückschlag, nach dem 0:2 bei 1899 Hoffenheim rückt der Abstieg immer näher. Mit nur 22 Punkten auf dem Konto spielt der HSV die schlechteste Saison der Vereinsgeschichte - selbst als es früher für einen Sieg nur zwei Zähler gab, hatte man zu diesem Zeitpunkt sonst mindestens 25 Punkte auf dem Konto.

28. April: Trotz der weiter prekären Lage herrscht plötzlich wieder Euphorie an der Elbe. Beim Konkurrenten VfL Wolfsburg gewinnt der HSV mit 3:1 und feiert den dritten Sieg aus den vergangenen vier Spielen. Die Wölfe haben nur noch zwei Punkte Vorsprung auf die Hanseaten.

12. Mai: Nach 54 Jahren und 261 Tagen hat es auch das letzte der 16 Bundesliga-Gründungsmitglieder erwischt. Durch das 2:1 gegen Borussia Mönchengladbach und das gleichzeitige 4:1 des VfL Wolfsburg gegen den 1. FC Köln ist am letzten Spieltag auch die letzte Hoffnung auf die Rettung zerstoben.

 

SID