Historische Fehlzündung statt Raketenstart zum fünften Stern: Weltmeister Deutschland ist nach einer schlimmen Leistung mit einer entlarvenden Niederlage in die WM in Russland gestartet. Die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw ließ sich von besser sortierten, gut kombinierenden und viel engagierteren Mexikanern phasenweise vorführen und unterlag verdient mit 0:1 (0:1). In einer derartigen Verfassung ist an eine erfolgreiche Titelverteidigung nicht einmal im Traum zu denken, vielmehr steht der Einzug in die K.o.-Runde auf dem Spiel. Jetzt Fußballreise buchen!

Ihr Auftaktspiel bei einer WM hatte eine deutsche Mannschaft lediglich 1982 in Spanien verloren, damals 1:2 gegen Algerien. Die Niederlage gegen die flinken Mexikaner, für die ihr Jungstar Hirving Lozano (35.) traf, lässt für den weiteren Turnierverlauf das Schlimmste befürchten: Zumal die deutschen Spieler schon in der ersten Halbzeit auch körperlich nicht in bester Verfassung zu sein schienen. Hinzu kamen eine erschreckende Unordnung und ein häufig miserables Defensivverhalten.

Die Niederlage vor 78.011 Zuschauern im ausverkauften Olympiastadion Luschniki von Moskau ist darüber hinaus ein schlechtes Omen: Die Weltmeister von 2006 (Italien) und 2010 (Spanien) schieden jeweils in der Vorrunde aus. Gleiches blüht der deutschen Mannschaft, sollte sie sich nicht zunächst gegen Schweden am kommenden Samstag in Sotschi erheblich steigern. Im Auftaktspiel war von den vollmundig abgegebenen Erklärungen jedenfalls nichts zu sehen. Die deutschen Spieler wurden ihren Ansprüchen nicht gerecht.

Schon in der Vorbereitung war mit den Verletzungen von Manuel Neuer und Jerome Boateng nicht alles nach Plan gelaufen, hinzu kam die Erdogan-Affäre um Mesut Özil und Ilkay Gündogan. Stunden vor dem Spiel musste Löw dann noch seine Wunschformation ändern - Jonas Hector hatte sich eine Grippe eingefangen. Wie gut also, dass Marvin Plattenhardt als Backup in den WM-Kader berufen worden war. Als erster Berliner seit Arne Friedrich 2010 bestritt er ein WM-Spiel.

Plattenhardt musste gleich aus der Patsche geholfen werden, als ihm der Ball nach einer Ecke unglücklich wegsprang, Neuer aber reaktionsschnell eingriff (2.). Sekunden zuvor hatte Boateng in höchster Not gegen Jungstar Lozano gerettet. Es folgten danach erste deutsche Torannäherungen, auffällig war aber schon in der munteren Anfangsphase: Bei Ballverlusten hatte die DFB-Auswahl gewaltige Probleme in der Rückwärtsbewegung. Neuer musste unter anderem einen Kopfball von Hector Moreno parieren (14.).

Bei der deutschen Mannschaft wurde bald viel gemotzt, Toni Kroos, Sami Khedira, Thomas Müller, Joshua Kimmich oder Özil - alle meckerten. Und das mit gutem Grund. Mexiko, das zuletzt 1994 ein WM-Auftaktspiel verloren hatte, kombinierte gut und schnell, war zudem enorm bissig - und damit das Gegenteil des Weltmeisters, der behäbig, unsicher und schrecklich unsortiert wirkte. Plattenhardt stand dabei noch sicherer als Kimmich, dessen Abwehrseite praktisch verwaist war.

Und so kam es, wie es kommen musste: Nachdem die Mexikaner zunächst ein wenig unentschlossen im Strafraum gewirkt hatten, ließ Lozano nach einem prima Pass des ehemaligen Leverkuseners Chicharito den herbeigeeilten Özil aussteigen und traf ins kurze Eck. Es war das erste Gegentor in einem Turnier-Auftaktspiel seit der WM 2006 (4:2 gegen Costa Rica). Khedira hatte zuvor zum wiederholten Male den Ball verloren, und Kimmichs rechte Seite war offen.

Die DFB-Auswahl antwortete wütend, aber unkontrolliert gegen defensiv ebenfalls nicht sattelfeste Mexikaner. Einen Freistoß von Toni Kroos (39.) lenkte Torhüter Guillermo Ochoa gerade noch an die Latte - ansonsten wirkte vieles zufällig. Zu Belebung des Angriffsspiel brachte Löw nach einer Stunde Marco Reus für den miserablen Khedira, er hätte auch einige andere vom Platz nehmen können. Dafür rückte Özil nach hinten. Kimmichs Fallrückzieher flog kurz darauf über das Tor (64.).

Reus wirkte durchaus belebend auf das deutsche Spiel, es wurde auch ab und an brenzlig vor dem mexikanischen Tor - allzu oft aber wirkten die Aktionen nicht durchdacht. Der eingewechselte Mario Gomez (79. für Plattenhardt) blieb wirklungslos. Julian Brandt, ebenfalls spät gekommen (86.), traf den Außenpfosten (89.). Da konnte Löw am Spielfeldrand mit den Armen noch so sehr fuchteln.

 

SID