Zweimal Weltmeister, achtmal Europameister, Olympia-Gold - die Trophäensammlung der deutschen Fußballerinnen ist üppig gefüllt. Das war lange nicht abzusehen, denn von 1955 bis zum 31. Oktober 1970 war es den Mitgliedern des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) untersagt, Frauenfußball-Abteilungen zu gründen. Doch die Frauen drängten auf den Platz, der Verband knickte ein. Seitdem haben große Persönlichkeiten ihre Spuren hinterlassen. Der Sport-Informations-Dienst (SID) stellt fünf Gesichter aus fünf Jahrzehnten in den Fokus:
Blieb beim WM-Triumph 2007 ohne Gegentor: Nadine Angerer

Blieb beim WM-Triumph 2007 ohne Gegentor: Nadine Angerer

ANNE TRABANT-HAARBACH

Als Frauenfußball in Deutschland noch mehr geduldet als anerkannt war, bricht die ehrgeizige Diplomsportlehrerin den Widerstand der männlichen DFB-Granden. Die im niedersächsischen Emlichheim aufgewachsene Anne Trabant-Haarbach triumphiert 1981 als Spielertrainerin mit der SSG 09 Bergisch Gladbach sensationell bei der inoffiziellen Frauen-WM in Taiwan. Bereits 1974 hatte die heute 71-Jährige die erste offizielle deutsche Meisterschaft mit dem TuS Wörrstadt gewonnen, insgesamt folgen in ihrer Laufbahn als Spielerin und Trainerin zwölf weitere nationale Titel. 1982 im ersten offiziellen Länderspiel führt sie die DFB-Auswahl als Kapitänin aufs Feld, ist gleichzeitig Assistentin von Bundestrainer Gero Bisanz. Sehr, sehr streng sei sie als Trainerin gewesen, erzählen Weggefährtinnen von damals.

SILVIA NEID

Zwei Jahre spielt sie unter Trabant-Haarbach bei Bergisch Gladbach und avanciert peu a peu zur Erfolgsgarantin des deutschen Frauenfußballs. 1982 debütiert Silvia Neid im Alter von 18 Jahren beim ersten offiziellen Länderspiel und ist anschließend als Nationalspielerin, Assistentin und Bundestrainerin an allen deutschen Titelgewinnen beteiligt. Wie einst als Spielmacherin lässt Neid sich an der Seitenlinie nicht durch Rückschläge wie dem Viertelfinal-Aus bei der Heim-WM 2011 entmutigen und beendet ihre Karriere als Cheftrainerin mit einem weiteren historischen Triumph. 2016 holt das DFB-Team unter ihrer Führung im Maracana in Rio erstmals Olympiagold. Seither ist die dreimalige Welttrainerin als Leiterin der Frauen-Scoutingabteilung im DFB immer noch ihrem Sport verbunden, genießt nach vielen Jahren im Rampenlicht aber die Arbeit hinter den Kulissen.

HEIDI MOHR

Sie setzt im Finale der Europameisterschaft 1989 gegen Norwegen in Osnabrück den Schlusspunkt zum 4:1 und feiert mit der Frauen-Nationalmannschaft den ersten EM-Titel. Auch 1991 (mit Mohr als Torschützenkönigin) und 1995 setzt sich die schnelle, kreative Stürmerin mit der DFB-Auswahl die europäische Krone auf. Die immer bescheidene und zurückhaltende Mohr, in Weinheim nahe Heidelberg geboren und aufgewachsen, wird 1999 sogar zu Europas Fußballerin des Jahrhunderts gewählt. Von 1991 bis 1995 hat sie den Titel als Torschützenkönigin der Bundesliga abonniert, 1993 gewinnt sie mit dem TuS Niederkirchen die Meisterschaft. Im Februar 2019 erliegt Mohr mit nur 51 Jahren einem Krebsleiden, Weggefährtinnen wie Ex-Bundestrainerin Tina Theune trauern um einen "besonderen, humorvollen Menschen". Posthum wird Heidi Mohr in die Hall of Fame des deutschen Fußballs aufgenommen.

BIRGIT PRINZ

Auf dem Platz lebt die dreimalige Weltfußballerin von ihrer Dynamik und Physis, abseits des Rasens scheut sie das Rampenlicht und wird zum Star wider Willen. Mit 214 Länderspielen und 128 Toren ist Birgit Prinz unangefochtene Rekordnationalspielerin und seit 2013 Ehrenspielführerin. Bei ihrem DFB-Debüt 1994 wird sie als 16-Jährige ausgerechnet für Heidi Mohr eingewechselt. Den Großteil ihrer mit nationalen und internationalen Auszeichnungen gespickten Laufbahn verbringt die gebürtige Frankfurterin beim 1. FFC Frankfurt. Umso unrühmlicher das Ende im Nationaltrikot: Das Viertelfinal-Aus bei der Heim-WM 2011 gegen Japan (0:1 n.V.) erlebt sie von der Ersatzbank aus. Heute ist die 43-Jährige als Sportpsychologin bei der TSG Hoffenheim und dem Frauen-Nationalteam tätig, vermeidet sonst aber Auftritte in der Öffentlichkeit und lehnt Interviewanfragen ab.

NADINE ANGERER

"Natze" Angerer schmort lange als Nummer zwei hinter Silke Rottenberg auf der Bank. Dann aber der historische Durchbruch: Beim WM-Triumph 2007 in China bleibt sie im gesamten Turnier ohne Gegentor. Der abenteuerlustige Spaßvogel reift zur Führungsspielerin. 2011 beerbt sie Prinz als DFB-Kapitänin, das Verhältnis zu Bundestrainerin Neid ist bis zu ihrem Karriereende 2015 eng und vertrauensvoll. Nach dem EM-Triumph 2013 in Schweden und ihren zwei (!) parierten Elfmetern im Finale gegen Norwegen (1:0) wird Angerer als Torhüterin zur Weltfußballerin gekürt. Auf der FIFA-Gala erscheint der Freigeist stilecht: Kopfbedeckungen sind ihr Markenzeichen, also trägt Angerer auch bei der Gala einen schwarzen Hut. Mittlerweile arbeitet die 41-Jährige als Torwarttrainerin beim US-Klub Portland Thorns, in ihrer aktiven Zeit wagte sie schon Wechsel nach Schweden und Australien.

 

SID