Die Kapfenberger Falken lagen im Herbst nach inferiorer Saisonphase in der ADMIRAL 2. Liga am Boden, respektive abgeschlagen am Tabellenende, hatten bereits 2 Trainer "verschlissen", ehe er im Oktober kam: Abdulah Ibrakovic kehrte zum KSV 1919 nach 1 Jahr und zum 3. Mal zurück. Auf den 52-jährigen Bosnier wartete eine "Mission Impossible" und folgte eine Falken-Fabelserie mit 27 Pkt. aus 13 Spielen, nach zuvor nur 3 aus 13. Welch einzigartige Aufholjagd! Das Langzeit-Schlusslicht stieg wie "Phönix aus der Asche" auf. Ligaportal fragte nach beim "KSV-Heilsbringer" im "Give-me-five-Interview" (5 Fragen = 5 Antworten).

Gibt die Richtung vor und unter seiner Regie erfahren die Kapfenberger Falken einen Aufwind, der seinesgleichen sucht: KSV 1919-Cheftrainer Abdulah Ibrakovic. Unter dem 52-jährigen Bosnier erzielten die Steirer einen stolzen Punkteschnitt von 1,87, nach zuvor 0,25! Welch eine Steigerung dank dem "KSV-Heilsbringer" (Abdulah heißt aus dem Arabischen übersetzt „Diener Gottes“).

Abdulahs Anekdote über Ligaportal-Experte Manni Bender

Das Gespräch mit dem erfahrenen KSV 1919-Cheftrainer beginnt mit einer Anekdote über Ligaportal-Experte Manni Bender: "Als Manni vor dem Spiel bei Blau-Weiß Linz (Anm.: 4. März) beim Ligaportal-Expertentipp meinte, dass dort die Trauben hoch hängen, habe ich einen Spieler zum Einkaufen geschickt, er möchte Trauben holen. Die haben wir dann in der Kabine als Motivation hingestellt. Und viel hat ja nicht gefehlt, dass wir in Linz was holen (Anm.: 2:0, das 2. Tor fiel erst Last-Minute)."

Nachsatz: "Wenn wir den Klassenerhalt schaffen, bekommt Manni eine Flasche Wein von mir"

"Wir spielen einen ganz anderen Fußball wie die anderen Teams"

Ligaportal: Hallo Herr Ibrakovic. Als Sie die Falken im Oktober wieder übernommen haben, lagen diese am Boden. Abgeschlagen Schlusslicht. Nach 13 Spielen nur 3 Punkte, doch dann in den folgenden 13 stolze 27, nun gesamt 30 und gar ein einstelliger Tabellenplatz 9. Mit Ihnen kehrte der Erfolg ein. Sind Sie ein Wunderwuzzi und wie erklären Sie sich diese Fabelserie?

Abdulah Ibrakovic Ich bin sicher in einer schweren Zeit zurück zum KSV gekommen. Diese Aufgabe übernimmt wahrscheinlich kein anderer Trainer. Doch ich glaubte daran, viel bewegen zu können. Ich kenne diese Spieler und diese Liga. Meine Spielart ist ganz anders. Ich habe von Anfang an daran geglaubt, dass wir das schaffen können und habe das der Mannschaft übermittelt. Sie hat das auch sehr schnell angenommen und dann kamen gute Ergebnisse. Wichtig war der Zusammenhalt mit den Spielern und dem Trainerstaff. Dass alle miteinander an einem Strang ziehen. Alle Spieler haben bestimmt 120% gegeben im Spiel.

Mit meiner mentalen Stärke haben wir dann alles dahingebracht, um erfolgreich zu sein. Wichtig war, dass alle Spieler mitgezogen haben. Die erfahrenen wie die jungen, von denen viele dabei sind. Wir spielen einen ganz anderen Fußball wie die anderen Teams. Wir sind superdynamisch und mit viel Leidenschaft. Diese Emotionen muss man spüren, auf dem Platz wie in der Kabine. Gottseidank sind auch die Zuschauer zurück...wir fighten gemeinsam, in jedem Match, für jeden Punkt, für jeden Millimeter. Mit dieser Einstellung wurden wir am Ende des Tages belohnt.

Fanden zur verschworenen Einheit und im Frühjahr zum Flow bzw. Momentum: Kapitän Mario Grgic & Co.!

"Wichtigste Säule ist die mentale Stärke"

Ligaportal: Dennoch war es ja eine "Mission Impossible" als Sie gekommen sind. Bis dahin wurden 2 Trainer in 2 Monaten "verbraucht". Wie haben Sie vor 7 Monaten im Oktober die Mannschaft vorgefunden, physisch und vor allem psychisch?  

Abdulah Ibrakovic: Wenn du keine Ergebnisse hast und 2, 3 Trainer im Verein ganz schnell wechseln, ist das nicht einfach für eine Mannschaft. Ich finde, dass die beiden Trainer Vladimir Petrović und David Sencar das nicht so schlecht gemacht haben. Sie waren ja auch meine Co-Trainer vorher. Ich schätze die beiden sehr. Was ist dann in einer solch schwierigen Situation wichtig? Was habe ich bei dieser Mission Impossible persönlich eingebracht? Ich habe damals dem Team gesagt, dass für mich in erster Linie der Glaube wichtig ist. Die wichtigste Säule ist die mentale Stärke.

Die mentale Stärke musst du immer unterstützen mit der Physis. Die Balance muss da stimmen. Diese finde ich gut bei uns. Manchmal sind wir in Spielen qualitativ unter den Gegnern, wie gegen die Admira (Anm.: 2:0-Auswärtssieg in der Südstadt am 18. April) und dann müssen wir balancieren zwischen physischer und mentaler Stärke. Das haben meine Spieler sehr schnell in die Köpfe bekommen.

Fußball ist der Moment, ist Spiel des Augenblicks. Das will ich den Spielern übermitteln. Fokus und "Simple Thinks"... das sage ich meinen Spielern fast jedes Training. Bitte nicht komplizieren, sondern schauen, dass wir unsere besten und starken Sachen in unser Spiel implementieren.

"Ich habe so viele Nächte nicht geschlafen"

Das funktioniert, indem wir unsere Strategie festlegen und sie auf die Gruppe verteilen. Von der Gruppe kommt es individuell zu jeder Person. So funktioniert das. Das ist sicher keine leichte Aufgabe. Ich habe so viele Nächte nicht geschlafen. Das ist noch immer so, denn wir brauchen noch mindestens 4 Punkte. Das ist in den letzten 4 Spielen nicht so leicht.

Es ist so viel zum Nachdenken, zum Vorbereiten, zum Analysieren und taktische Dinge für mich. Gottseidank haben die Spieler mich persönlich wie einen Vater, wie einen guten Trainer und wie einen besten Freund angenommen. Wir können uns immer noch weiterenwickeln, was ich den Spielern heute auch nochmal gesagt habe. Jede Kleinigkeit ist wichtig. Was machen wir das nächste Match, wie machen wir das weiter, und, und...

Authentischer Abdulah Ibrakovic, der viel Leidenschaft, Herzblut, Überzeugung, Selbstbewusstsein & Glaube vorlebt und auf seine Mannschaft übertragen hat.

"Haben 8 oder 9 Spiele nach Rückstand aufgeholt - diese Moral ist wichtig"

Ligaportal: Was war für Sie der Schlüsselmoment für den Turnaround im Herbst nach der Unserie?

Abdulah Ibrakovic: Da gab es einige Momente. Da findest du zunächst diese hoffnungslose Situation beim Präsidenten, bei Spielern, bei allen im Verein vor. Für mich war das alles komisch, denn für mich ist Fußball ein Sport, wo du dich immer wieder beweisen und was machen kannst. Immer noch viele Punkte holen kannst. Am Anfang war für mich wichtig, dass wir das Match zuhause gegen Liefering gewonnen haben.

Danach habe ich gesagt ´jetzt fahren wir los`. Wir hatten bei den Sturm Amateuren in Gleisdorf gewonnen, dann gegen Liefering... das war ok, wobei es spielerisch noch nicht so war, wie ich es mir gedacht habe. Gegen Liefering haben wir Moral gezeigt und nach zweimaligem Rückstand 3:2 gewonnen.

Darauf konnten wir aufbauen, mit mentaler Stärke. Wir haben 8 oder 9 Spiele nach Rückstand aufgeholt und zumindest Unentschieden gespielt. Am Ende auch ein paar Spiele gewonnen. Diese Moral ist wichtig!

"Wir wollen Frühlings-Meister werden"

Ligaportal: Wie beurteilen Sie das Restprogramm? Es geht zunächst zum Herbstmeister Horn, dann kommt Aufstiegs-Aspirant und Spitzenreiter SKN St. Pölten, danach auswärts beim heimstarken SV Lafnitz und am Ende gegen den wiedererstarkten Vizemeister FAC daheim. Wie bewerten Sie die Konstellation um das Klassenerhalt-Rennen, es geht ja auf der Saisonzielgeraden verdammt eng da unten zu?

Abdulah Ibrakovic: Fußball ist ein Universum. Da kannst du viel bewegen. Über die Konstellation auf die nächsten 4 Spieltage will ich nicht viel reden, weil ich mich auf unser Team fokussieren will. Wir dürfen den Fokus auf unsere Spiele nicht verlieren. Die Spiele der anderen Mannschaften kannst du nicht beeinflussen. Aber in unserem Match kann man viel bewegen. Wir spielen jetzt noch gegen 4 starke Gegner in der Liga. Das ist eine große Herausforderung für uns.

Zumal bei uns derzeit ein paar angeschlagene und gesperrte Spieler sind, der Spielführer fehlt und spielt sicher nicht bis zum Ende der Saison. Aber das alles bedeutet nichts. Wir haben gesagt, dass wir versuchen wollen, Frühlings-Meister zu werden (Anm.: in einer eigenen Frühjahrs-Tabelle sind die Falken auf Augenhöhe mit dem Aufstiegs-Aspiranten-Trio GAK 1902, SKN St. Pölten und FC Blau-Weiß Linz).

Wenn wir das nicht werden, steigen wir punktemäßig ab. Wir müssen da mehr Punkte holen wie die 3 Aufstiegs-Kandidaten. Das ist nur rein eine mathematische Sache. Wir müssen in jedem Match antreten wie zuletzt. Mit voller Energie, Leidenschaft und viel Liebe und Spaß am Fußball. Taktisch ist jedes Spiel individuell einzuordnen. Mental machen wir uns so stark, dass wir in jedem Match konkurrenzfähig sind.

"Wir spielen um jeden Millimeter, jeden Schuss, jeden Eckball und jede Situation"

Das nächste Spiel ist sicher das schwierigste von allen drei, weil Horn derzeit befreit und mit einer anderen Art spielt. Im letzten Match gegen Rapid II (Anm.: 3:0) haben sie 3 Tore fast nach Kontern zuhause geschossen. Sie haben ein schlaues, erfahrenes Team und spielen ohne Druck. Sie können das Spiel gegen uns leicht nehmen und haben nichts zu verlieren. Da passiert nichts mehr, sie bleiben auf Platz 4.

Bei uns ist es anders... wir spielen um jeden Millimeter, jeden Schuss, jeden Eckball und jede Situation, durch die wir gefährlich sein können. Um zu punkten und uns weiter in der Tabelle zu verbessern. Bis zum Saisonende wird es schwierig für alle da unten, für uns sowieso wegen dem Spielplan. Aber ich glaube an mein Team und dass wir die 4 Punkte schaffen, um in der Liga zu bleiben.

"Mein persönliches Ziel ist die Bundesliga"

Ligaportal: Wie lang läuft Ihr Vertrag beim KSV 1919 und wie lauten Ihre persönlichen Trainer-Ziele, denn durch diese Erfolgsserie wecken Sie ja womöglich Begehrlichkeiten bei anderen Klubs?

Abdulah Ibrakovic: Mit Präsident Erwin Fuchs haben wir einen Top-Mann, der das alles gut beim KSV macht. Ich habe gar keinen Vertrag, bin angestellt im Verein. Mein persönliches Ziel ist die Bundesliga. Ich habe mal im Spass gesagt, wenn mich niemand in der Bundesliga will, muss ich mit dem KSV aufsteigen. Dann spielen wir alle zusammen Bundesliga. Aber das wird schwierig.

Ich bin jetzt erstmal auf den KSV fokussiert. Ich habe mich auch beim Verein und Erwin Fuchs zu bedanken. Darum bin ich zurückgekommen. Ich sehe es als meine Pflicht an, dem Verein in so einer schwierigen Situation zu helfen. Der KSV ist mein erster Verein in Österreich gewesen und hat mir die Chance gegeben.

"Normalerweise kann ich nicht jahrelang in der 2. Liga bleiben"

Ich hoffe, dass ich die Mission Klassenerhalt erfülle. Zusammen können wir dann den Ligaverbleib feiern. Was dann im Sommer passiert, müssen wir abwarten. Normalerweise kann ich nicht jahrelang in der 2. Liga bleiben.

Schauen wir mal... Fußball ist interessant und eine Wundertüte. Ich bleibe auf meinem Weg und immer mit Fußball im Blut. Ich bin 24 Stunden auf Fußball fokussiert. Meine Liebe, Leidenschaft und Wissenschaft von Fußball lebe ich.

Meine Spielart ist sicher anders. Ich warte was passiert und hoffe es passiert was Gutes auch für mich. Ich hoffe, dass mein KSV, meine Spieler, die kleinen "Heroes", in der Liga bleiben. Das ist das Wichtigste und vlt. passiert etwas Gutes für mich und meine Familie.

Ligaportal: Danke für das offene und interessante Gespräch. Weiterhin viel Erfolg und alles Gute.

Das Interview führte Ligaportal-Chefredakteur Herbert Pumann

Fotocredit: RiPU und GEPA-ADMIRAL