"Großer Bahnhof" am Flughafen Linz Samstag für Oliver Glasner. Dem 47-jährigen Wahl-Oberösterreicher, der mit Eintracht Frankfurt sensationell die Europa League gewann (Elferschießen gegen Glasgow Rangers). Bevor der Erfolgs-Coach sich ev. morgen ein Spiel seines Sohnes Niklas (SV Riedau) vs. Union Natternbach (1. Klasse) anschaut, äußerte sich der gebürtige Salzburger beim Empfang von OÖ-Sport-Landesrat Markus Achleitner gegenüber Ligaportal zum "Saison-Schlüsselmoment", Trainer-Legende Ernst Happel, LASK & SV Ried, Neo-LASK-Coach Didi Kühbauer und Neo-ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick.

 

Empfang des Landes OÖ am Flughafen Linz-Hörsching für Oliver Glasner & Ehefrau Bettina durch OÖ-Sportlandesrat Markus Achleitner (re.)

"Die wilden Feierlichkeiten sind abgeschlossen"

Oliver Glasner (Eintracht Frankfurt, ehemals LASK- und SV Ried-Chefcoach) über...

...Oberösterreich: "Ist meine Heimat. Meine Familie lebt auch noch in Riedau. Ich komme immer wieder gerne hierher. Das Trainingslager mit der Eintracht im Hotel Dilly (Anm.: Windischgarsten) haben wir auch wieder relativ früh gebucht und wir freuen uns auf die tollen Bedingungen."

...Frankfurter Feierlichkeiten: "Die wilden Feierlichkeiten sind abgeschlossen. Es waren zwei, drei intensive Tage in Frankfurt. Ich werde mir jetzt ein bisschen Zeit nehmen, mal Golf spielen gehen und um alles zu setten. Dazu laufen die Vorbereitungen für die neue Saison schon wieder. Ich bin fast täglich im Austausch mit dem Sportvorstand, damit wir dann mit der Eintracht in der Champions League angreifen. Ich versuche die letzten Wochen erstmal wieder zu verarbeiten."

"Sehe mich ganz weit weg von Ernst Happel"

...mit einem Atemzug mit Trainer-Legende Ernst Happel genannt zu werden, weil mit ihm einziger Österreicher, die als Trainer Europacup gewonnen haben: "Das ist für mich persönlich gar nicht so wichtig. Natürlich ist es eine große Ehre für mich. Ernst Happel ist die Trainer-Legende in Österreich und wird er auch immer bleiben. Er war Vorreiter in vielen Bereichen und sehr erfolgreich. Zurecht gibt es das Ernst-Happel-Stadion, das Nationalstadion in Wien, das nach ihm benannt worden ist.

Ich sehe mich eigentlich ganz weit weg von ihm. Meine persönliche Erfolge freuen mich natürlich, doch sind für mich nicht so wichtig. Mich freut, wenn ich miterlebe, wie es jetzt nach dem Finalsieg war, mit der Mannschaft, den Fans. Wir sind mit dem Autokorso vor 200.000 Leuten durch Frankfurt. Wieviele Leute ich da weinen gesehen habe vor Freude. Sie kamen an´s Auto und meinten `bitte lass mich den Pokal berühren´ und sind dann in Tränen ausgebrochen. Wenn man sieht, was das den Leuten bedeutet...das ist für mich das Schönste. Das ist für mich eine Anerkennung. Das andere wird mal irgendwo stehen, doch ich bin nicht der, der das irgendwo an der Wand hängen hat."

"Wenn du beim FC Bayern gewinnen kannst, kannst du gegen jede Mannschaft gewinnen"

...´Schlüsselerlebnis` für Triumph in der Saison, wo Glaube und Selbstverständnis erhärtet wurden, um den Europa League-Pokal zu gewinnen...Barca-Coup oder wo: "Wir haben relativ viele Last-Minute-Tore geschossen. Da habe ich schon ein gutes Gefühl gekriegt. Für mich war eigentlich der Sieg in München entscheidend. Wir haben ja lange Zeit nicht gewonnen, dann haben wir in Antwerpen in der 92. Minute den Elfmeter, das war der erste Sieg. Überhaupt mit der Eintracht, seit ich dort Trainer war und in Europa.

Drei Tage später haben wir dann in München gespielt und viele verletzte Spieler gehabt. Corona war ja damals noch sehr allgegenwärtig. Dann spielen wir in München mit einer Mannschaft, die so nicht ein Mal zusammen trainiert hat wegen der Kürze von 3 Tagen. Und dann haben wir in München 2:1 gewonnen. Über 20 Jahre für Frankfurt mal wieder. Da war mir klar, dass wir es schaffen, alles umzusetzen. Natürlich haben wir einen überragenden Tormann (Anm.:  Kevin Trapp) gebraucht, den wir zum Glück auch haben. Dann ist viel möglich.

Und ich habe das den Spielern nicht nur ein mal gesagt...wenn du in München beim FC Bayern gewinnen kannst, der im Jahr davor 7 Titel gewonnen hat, kannst du gegen jede Mannschaft gewinnen. So ist dann der Glaube immer mehr geworden. Dann die K.o.-Duelle gegen den damals Fünften der spanischen Liga, Sevilla, wo wir in Sevilla nur 2:1 gewonnen haben. Da hätten wir 4:1 oder 5:1 gewinnen können. Da wußten wir...da ist viel möglich heuer. So sind wir dann in jedes Spiel gegangen, wir wollen gewinnen...egal, ob auswärts oder daheim."

"Das sehe ich normal im Fernsehen"

...seinen ganz besonderen Saison-Moment: "Da gab es viele...viele, viele. Im Finale im Stadion...ich weiß noch als wir den Pokal überreicht bekamen und der Konfetti-Regen folgte. Ich weiß gar nicht mehr, wer neben mir gestanden ist. Dann habe ich mir gesagt ´das sehe ich normal im Fernsehen, wenn Champions League-Finale ist...und jetzt regnet es links und rechts Konfetti`. Das ist so ein Moment, der mir immer in Erinnerung bleiben wird."

 "Gaberln" auf dem Lande- statt Fußball-Feld: der ehemalige Bundesliga-Profi Oliver Glasner hat nichts verlernt. 

...Wunschgegner in Champions League: "Ich weiß noch gar nicht, wer alle überhaupt dabei ist. Ich werde heute das Champions League-Finale schauen, nicht nur weil ich Fußball-Fan bin, sondern im Supercup einer unsere nächsten Gegner dabei ist. Ich habe auch einem unserer Analysten gesagt ´Du hast noch nicht Urlaub, sondern sitzt in Paris im Stadion`. Das ist das letzte Pflichtspiel von  beiden Mannschaften (Anm.: FC Liverpool + Real Madrid). Somit werde ich das heute auch wieder aus Trainersicht sehen."

"Wollen den Supercup gewinnen - egal ob gegen Real oder Liverpool"

...Ziele und Eintracht-Kader für kommende Saison: "Ich weiß noch nicht, wie der ausschaut. Kann sein, dass der ein und andere uns verlässt. Wird auch sein, dass der ein und andere dazu kommt. Von dem her weiß ich noch nicht genau wie die Mannschaft dann ausschaut. Wir gehen in jede Spielzeit, dass wir gut abschneiden wollen. Klar ist, dass wir besser abschneiden wollen wie letztes Jahr in der Bundesliga (Anm.: Rang 11). Wir wollen den Supercup (Anm.: 10. August in Helsinki) gewinnen, egal ob gegen Real oder Liverpool. Nicht sagen ´schön, dass wir dabei sind`, sondern immer mit Sieg-Ambitionen. Ich bin jetzt keiner, der sagt, was im Mai 2023 sein soll. Hätte ich Anfang dieser Saison gesagt wir wollen Europa League-Sieger werden, wäre ich ausgelacht worden."

...ob überrascht über Neo-LASK-Coach Didi Kühbauer und Neo-ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick, der ja noch aus gemeinsamer Salzburger Zeit bekannt: "Mich hat Ralf Rangnick überrascht, ich bin ja mit ihm in Kontakt. Wie ich die Meldung gelesen habe, waren wir gerade in West Ham auf dem Weg ins Stadion. Ich habe ihm dann von Donnerstag auf Freitag geschrieben ´wirst jetzt österreichischer Teamchef?` Er hat mir sogar gleich geantwortet ´schau mer mal`. Da habe ich gleich gewusst, ´oh, da ist was im Busch`. Didi Kühbauer hat mich natürlich auch überrascht."

...wie weit noch Kontakte zu Ex-Vereine LASK & SV Ried: "Natürlich verfolge ich die beiden noch. Ich sehe relativ wenig Spiele, aber die Ergebnisse. Habe bei Ried gesehen wie eng es zusammenhängt. Sie haben, glaube ich, um 5 Minuten das Meisterplayoff versäumt und waren dazu knappe 10 Minuten Absteiger. Freut mich natürlich, dass sie es geschafft haben. Weil sie auch ganz viele Mühen aufgebracht haben, um wieder in der Bundesliga zu sein. Nach dem 2:0-Derbysieg in Pasching gegen den LASK habe ich eigentlich geglaubt, dass sie durch sind. Für den LASK ist es natürlich eine enttäuschende Saison. Sie hatten einfach viele Verletzte, viele Langzeit-Verletzte. Es ist relativ viel passiert im letzten Jahr.

Warten auf Oliver Glasners Ausstieg aus dem Flieger: der 47-jährige Erfolgscoach von Eintracht Frankfurt erlebte in den letzten Jahren einen wahren Höhenflug. Doch auch manch ehemalige LASK-Spieler wurden zu "Überfliegern".

"Viele Spieler, mit denen wir in 2. Liga begonnen haben, sind jetzt in den großen europäischen Ligen"

Wenn ich dann aber wieder das Positive herausheben kann - weil das habe ich mir mit meiner Frau im Urlaub angeschaut - ist, dass Gernot Trauner, der auch eine langjährige LASK-Vergangenheit hat, im Europacup-Finale steht. Mit Reini Ranftl, der jetzt auf Schalke ist, habe ich noch Kontakt. Mit Max Ullmann, der jetzt in Venedig in Italien in der 1. Liga spielt. Das sind alles Spieler, die beim LASK ihre Karriere begonnen haben. Pavao Pervan ist in Wolfsburg. Viele Spieler, mit denen wir damals in der 2. Liga begonnen haben, sind jetzt in den großen europäischen Ligen. Der Gernot ist jetzt im Conference League-Finale gestanden. Die Entwicklung freut mich und die Kontakte sind da."

...ob er Gernot Trauner geschrieben hat nach Final-Niederlage mit Feyenoord vs. AS Roma: "Ja, natürlich. Weil ich bin es gewohnt, dass ich nach einem Sieg immer sehr viele und nach einer Niederlage wenige habe, die einem schreiben. Deswegen halte ich es genau umgekehrt. Weil gerade in einer Niederlage ist es vielleicht ganz gut, wenn dir jemand schreibt. Ich habe ihm eigentlich nochmal gesagt...´ich weiß, dass es schwierig ist nach so einer Niederlage, aber dass sie in Summe eine herausragende Saison gespielt haben`. In Europa eine herausragende Saison und auch in der Liga, mit Platz 3 hinter Ajax und PSV Eindhoven.

Er persönlich hat auch ein unglaublich tolles Jahr gespielt. Daran habe ich ihn nochmal erinnert. Weil ich weiß, dass in der Enttäuschung und nach einer Niederlage ist man immer in so einem Moment drinnen, dass man das andere schnell vergisst."

Fotocredit: Land OÖ/Andreas Mahringer