Mittendrin statt nur dabei: Sportreporter-Legende Peter Elstner, ein exzellenter Könner und Kenner der Sportwelt, begeisterte viele Menschen. Das Fußball-Wunder von Cordoba, das „Skispringer-Wunder“, bis hin zur legendären Aussage „Pepi, lass mi eine...!“ – Elstner hat es wahrhaftig geschafft. Er ist bis heute ein Juwel der Sportwelt und beeindruckt mit Fachwissen, Kompetenz und Bodenständigkeit. In seinem neuen Buch mit dem Titel „Pepi, lass mi eine...!“ berichtet er über die Hintergründe und Hoppalas aus der Welt des Sports – ein spannender Rückblick in Sport- Anekdoten. Ein Buch, welches definitiv das Prädikat „lesenswert“ verdient hat. Ligaportal traf den sympathischen Reporter in der Wiener Innenstadt zum Gespräch. Hierbei wurde über seine Karriere, seine tollsten Ereignisse, über den heutigen Sportjournalismus und über seine Rapid- Affinität geplaudert.

Foto: Ligaportal

Ligaportal: Peter Elstner – schön, dass Sie sich Zeit genommen haben. Sie können auf eine tolle Karriere zurückblicken. Wie kam es ursprünglich dazu, dass Sie den Schritt in die Welt des Sportjournalimus gesetzt haben?

Peter Elstner: Das ist eine ganz lustige Geschichte. Diese Geschichte hängt mit einem bekannten Sportjournalisten zusammen, sein Name ist Heinz Prüller. Ich war in der R5 und bin einmal sitzen geblieben, weil ich in Französisch durchgefallen bin. Der Heinz war auf der Wieden Zuhause und ist dort in das Gymnasium gegangen und musste raus, denn er hat irgendetwas angestellt und ist dann zu mir in die Klasse gekommen. Zu dieser Zeit war ich damals dann schon beim Bundesheer und eines Tages steh́ ich bei meiner Mutter in der Margaretenstraße/Schönbrunnerstraße und plötzlich kracht es draußen. Ich rannte hinaus und sah den Heinz in einem alten Fiat – er ist mit jemanden zusammengefahren. Er war schlichtweg zu schnell unterwegs und hatte ein schlechtes Gewissen. Ich habe ihm dann geholfen. Darauf meinte der Heinz, dass ich im Turnen immer gute Noten hatte und sportbegeistert bin. Er arbeitete bei der Tageszeitung EXPRESS (Anm. existiert heute nicht mehr) und bot mir eine Stelle an. Aufgrund von Problemen mit dem Heer war es allerdings nicht leicht, gleich zu starten. Aber mit der Unterstützung vom Pepi Argauer und Alice Kaufmann gelang es dann, dass ich arbeiten konnte. Ich habe dann am Wochenende immer Fußballspiele gemacht, wie z.B die Wiener Liga. Da hat man klein begonnen. Weil ich einen Roller hatte, haben sie mich immer in die Peripherie geschickt.

Ligaportal: 1970 sind Sie dann zum ORF gekommen und haben praktisch über alle Großereignisse berichtet – vor allem die nordische Kombination hat es Ihnen angetan.

Elstner: Da muss ich weiter ausholen. Das war auch schon bei der Zeitung, wie ich angefangen habe, neben Fußball was anderes zu machen. Da hat man mir gesagt, Hände weg vom Fußball und vom Alpinen, denn das wollen alle machen. Da habe ich mir dann Skispringen ausgesucht. Ich war immer schon fasziniert davon. Ich bin dann von meinem Geld im Urlaub zu den zwei Veranstaltungsorten der Vierschanzentournee gefahren - das war damals Innsbruck und Bischofshofen. Vor Ort habe ich dann meinen damaligen Chef von der Zeitung angerufen und ihn gefragt, ob er etwas haben möchte und so kam es dann auch. Ich habe mich dann selbst auf vielen Gebieten weitergebildet. Später hat sich der ORF dann gut ausgebildete Leute von den Printmedien geholt - da war ich dann auch dabei. Ab diesem Zeitpunkt habe ich dann für den ORF gearbeitet in unterschiedlichen Bereichen, sei es im Fußball und Wintersport. Du konntest dann eigentlich alles machen, wenn du gescheit und geschickt warst.

Ligaportal: Wie entstand Ihre große Liebe zum Fußball? 1980 war ja besonders – sie wurden Leiter der Sendung „Fußball“.

Elstner: Die Liebe zum Fußball war schon früh gegeben, weil ich als kleiner Bub schon gern gespielt habe. Wir waren während des Krieges zwei Jahre evakuiert - das waren meine Mama, meine Oma und ich. In meiner Nähe war ein großes Feld, dort habe ich das Fußballspielen gelernt. Ich habe früher immer mit dem Spitz gespielt, aber ein älterer Herr hat mir dann das Kicken beigebracht - wie stoppe ich einen Ball, wie schieße ich. Es war lustig. Mein Onkel hat mir dann einen Lederball gekauft. Ich habe mich dann umgeschaut und ein Angebot bekommen, bei Rudolfshügel zu spielen (Anm. 10 Bezirk) – das war ein Wahnsinn. Der 10. Bezirk war ein einziger Fußballplatz. Zur Sendung „Fußball“ bin ich klassisch gekommen. Ich habe langsam als freier Mitarbeiter diverse Geschichten gemacht. Das war am Anfang ein hartes Geschäft. Ich habe einfach alles genommen, was die anderen nicht wollten. Ich habe dann auch zum Beispiel einen Minigolf-Beitrag gemacht. Es war ein harter Weg, aber ich habe mich emporgearbeitet. Später wurde mir dann die Leitung angeboten. Offenbar ist es aufgefallen, dass ich kreativ bin. Bei „Sport am Montag“ hat es mir am meisten getaugt. Die Zusammenarbeit mit Sigi Bergmann war auch sehr gut.

Ligaportal: Wenn Sie wählen müssten – lieber Fußball oder die nordische Kombination?

Elstner: Da kann ich nicht wählen, ich mach beides gleich gerne. Ich bin jetzt auch sehr gerne noch Langlaufen. Was mich gefreut hat, war, dass ich dann, obwohl alle gesagt haben ‚geh weg vom Fußball‘, in den 80er Jahren Chef der Fußball-Sendung geworden bin. Das habe ich in meinem Buch genau beschrieben.

Ligaportal: Stichwort Buch – der Titel ist „Pepi, lass mi eine...!“ Was können die Leser erwarten?

Elstner: Vieles war in Wirklichkeit ganz anders, dies möchte ich mit meinem Buch preisgeben – sozusagen ein Blick hinter die Kulissen. Es gibt hinter jedem offiziellen wahr sein die richtige Wahrheit.

Ligaportal: Was besagt der Titel?

Elstner: Mit einem negativen Titel kann man besser auffallen als mit einer ordentlichen Berichterstattung - daher meine Titelwahl. Der Titel macht Lust auf mehr. Es ist immer schön, wenn man mit bekannten Sportlern befreundet ist. Mit Josef „Pepi“ Hickersberger war die Freundschaft die, dass wir beide in der Journalisten-Mannschaft gespielt haben, die hat der Hans Hofstätter verwaltet, der war Pressechef in der Stadthalle und auch beim OEFB. Das wissen die wenigsten, aber der Pepi war drei Jahre lang auch Sportjournalist und zwar in der Teletext-Abteilung des ORF. Wir haben uns gut verstanden und uns öfters ein Zimmer geteilt bei Reisen. Der OEFB war in 104 Ländern auf der Erde – wir kamen also viel herum. Wir hatten dann einmal eine Diskussion auf Malta, ob wir nach einem Match in die Kabine gehen. Daraufhin sagte der Pepi, dass das nur Unfrieden bringe und störend sei. Früher war das eben leichter, da konnte man ohne Probleme in die Kabine. Ich war auch beim Europacup-Finale zwischen Real Madrid und Inter Mailand – da bin ich nachher fast bei ihnen in der Dusche gestanden (lacht). Ich habe dann weiter mit Pepi gesprochen und ihm klar gemacht, dass wenn ein Großereignis ansteht, es schon gut wäre, die Leute live teilhaben zu lassen. Hickersberger hat mir dann versprochen, dass ich rein darf. Aber leider blieb mir der Zutritt verwehrt. Das war aber ein wichtiges Spiel gegen die DDR 1989 (3:0) . (Anm. In vielerlei Hinsicht ein wichtiges und denkwürdiges Match. Es war das letzte Pflichtspiel der DDR. – Die Österreicher qualifizierten sich zum siebten Mal für die Weltmeisterschaft und die Laufbahn von Toni Polster nahm Fahrt auf.)

Ligaportal: Welches Erlebnis ist Ihnen maßgeblich in Erinnerung geblieben?

Elstner: Ich bin generell einfach stolz auf mich, da gibt es zu viele Erlebnisse. Ich freue mich, dass meine Filme und Reportagen und Berichte spannend und aufschlussreich waren für die Menschheit. Der Einsatz hat sich gelohnt auch meine Auslandsaufenthalte wie zum Beispiel in Australien. Ich bin zu so vielen Großereignissen gefahren – ich wollte die Welt sehen und einfach immer gute Berichte liefern.

Ligaportal: Blicken wir auf die aktuelle Lage im Sportjournalismus – Sehen Sie da Veränderungen? Stichwort Qualität.

Elstner: Ich sehe keine Veränderungen. Man muss einfach täglich informiert sein und immer sprichwörtlich auch am Ball sein. Wenn man sich nicht bildet und gewisse Sachen nachliest, dann ist man in diesem Beruf falsch. Für den Beruf braucht man viel Feingefühl. Man muss einfach immer dabei sein.

Ligaportal: Blicken wir wieder kurz in die Vergangenheit. Beim Europacup-Finalspiel 1984/85 waren Sie ja Chef vom Dienst. Bei dem Spiel kam es zu der prägenden Katastrophe zwischen Liverpool und Juventus. Viele Sportsender haben die Übertragung damals abgebrochen. Was waren Ihre Beweggründe die Partie bis zum Ende zu zeigen?

Elstner: Ich finde, wenn ich Journalist bin, ist es meine Pflicht, zu berichten.Ein Fotograf der irgendwo hinkommt und sieht, dass wo ein Massaker stattgefunden hat, der kann auch nicht umdrehen und heimgehen. Es ist wichtig, darüber verantwortungsvoll zu berichten. Das ZDF hat die Übertragung abgebrochen. Natürlich mussten wir während der Sendung einiges schneiden, manche Bilder waren nicht schön – tote Menschen und Panik können verschreckend sein. Wir haben uns dann nur auf das Spiel fokussiert. Ich bin aber - wie gesagt - Journalist und ich kann nicht weggehen. Ich mag berichten!

Ligaportal: Kommen wir zu Ihrer Rapid-Affinität. Man sieht Sie öfters im Stadion. Wie würden Sie generell die Lage von Rapid Wien beschreiben?

Elstner: Rapid war immer meine favorisierte Mannschaft, weil sie meinem Charakter auch entsprechen. Ich habe versucht, das geheim zu halten, aber das geht schwer. Ich habe dann viele Reisen gemacht mit unteranderem der Austria Wien zum Europacup - damit es nicht zu offensichtlich war mit Rapid Wien. Ich war ein Verehrer des Gerhard Hanappi und habe dann aber auch den Ernst „Ossi“ Ocwirk kennengelernt. Die zwei Herren waren wahre Gentleman. Bevor ich in Pension gegangen bin, ist der Alfred "Ali" Hörtnagl zu mir gekommen. Der Ali hat gemeinsam mit Zoki Barisic Rapid damals geführt. Ich habe dann ein Angebot bei Rapid bekommen und als Mediencoach 10 Jahre bei Rapid II gearbeitet. 2018 habe ich aufgehört. Rapid ist eine Herzensangelegenheit. Ich habe aber auch ein super Verhältnis zu Austria Wien. Bei Rapid Wien ist eine Qualitätsfrage. Wenn man heute in die Mannschaften schaut, auch bei Austria Wien – es gibt einfach keine Team- Spieler mehr. Es gibt keine Spieler, die man mit dem Club identifiziert, wie einen Walter Zeman oder auch Ernst Happel. Das ist schlecht. Es scheitert auch daran, dass man den jungen Spielern so wenig zutraut. Dabei ist Rapid auch ein Ausbildungsverein. Man hat immer gesagt ‚Geld spielt nicht Fußball‘, aber Geld spielt sehr wohl Fußball – so ist es leider. Wenn ich mir heutzutage den Ronaldo kaufen kann oder auch Messi oder Sane, dann stimmt mich das nachdenklich. Die Salzburger hingegen machen das sehr geschickt. Rapid hingegen hat sich in den letzten drei Jahren selbst umgebracht. Jetzt läuft die Gefahr, dass du bei Rapid in ein niedriges Niveau versinkst. Ich wünsche es ihnen nicht, aber die Gefahr besteht leider.

Ligaportal: Was halten Sie von Serienmeister Salzburg und dem LASK?

Elstner: Wenn ich nach Salzburg schaue, finde ich es zum Beispiel super, dass der Maxi Wöber wieder nach Österreich kommt. Holland tat ihm gut, die haben ihm eine super Ausbildung geboten – wenn ich an die Zeiten jetzt auch mit Johan Cruyff zurückdenke. Der Max könnte dann spielen als Sechser defensiv hinten, links in der Viererkette, innen in der Viererkette, in der Dreierkette links oder auch im Zentrum – der Bursche hat Talent. Aber das System an sich ist egal, auch bei Rapid Wien.
 Bei Serienmeister Salzburg ist es anders – Salzburg spielt einfach einen guten Fußball. Erling Braut Haarland hat mich letztens stark beeindruckt. Der spielt einen super Fußball. Beim LASK sieht man noch die Handschrift vom Oliver Glasner – der hat den LASK maßgeblich geformt. Die Spieler trauen sich was – sie spielen Pressing und attackieren. Die Austria Wien hingegen tut mir aktuell leid. Ilzer hat die Austria am Boden übernommen und braucht noch Zeit. Adi Hütter hat am Anfang mit Eintracht Frankfurt auch verloren, aber nur einmal. Trainer brauchen Zeit.
Wenn ich nochmal auf mein Buch kommen darf – Ich habe viel Privates geschrieben, auch um die Nachkriegszeit zu beleuchten, weil in dieser Aufbruchstimmung nach dem Krieg, wo alles kaputt war, hat jeder seinen Teil dazu beigetragen, um in Österreich wieder eine gutgestellte Gesellschaft zu bekommen. Auf die Generationen nach dem Krieg können wir alle stolz sein. Ich freue mich, wenn Menschen mein Buch lesen.

 

Das Gespräch führte Ricarda Hoy