Lukas Schmitz hat in seiner fußballerischen Karriere bereits einiges erlebt. 70 Pflichtspiele für Schalke 04, 53 Partien für Werder Bremen sowie 98 Spiele für Fortuna Düsseldorf. Der laufstarke und spielintelligente Außenverteidiger kennt sich also aus mit großen Spielen vor vielen Zuschauern.

Nach zwei erfolgreichen Jahren in Österreich sucht Lukas Schmitz eine neue Herausforderung

Mit 29 Jahren entschied sich Lukas Schmitz für den Schritt in die österreichische Bundesliga. Michael Liendl, sein ehemaliger Teamkollege bei Fortuna Düsseldorf, hat ihm diesen Schritt schmackhaft gemacht. Nach zwei erfolgreichen Jahren beim WAC inklusive Teilnahme an der Gruppenphase der UEFA Europa League sucht der gebürtige Deutsche eine neue sportliche Herausforderung in der Nähe seiner Heimat Düsseldorf. 

Ab der kommenden Saison wird Lukas Schmitz für den niederländischen Erstligisten VVV-Venlo auflaufen. Ein Klub, dessen Stadion nur wenige Meter von der deutschen Grenze entfernt liegt. Ligaportal hat den offensivstarken Außenverteidiger zum Telefon-Interview gebeten und mit ihm über den bevorstehenden Bundesliga-Start, die Problematik bei seinem auslaufenden Vertrag, die Beweggründe für seinen Wechsel in die Niederlande sowie über den deutschen Fußball und seine Zeit beim WAC gesprochen. 

Lukas Schmitz im Interview

Ligaportal: Lukas, zunächst herzlichen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst. Wie geht es dir und wie froh bist du, dass ihr vom Kleingruppen- ins Mannschaftstraining übergehen könnt?

Lukas Schmitz: Danke, mir geht es gut. Ich fühle mich auch gut. Das Kleingruppen-Training macht schon Spaß, es ist bestimmt besser als zu laufen, was wir auch sechs Wochen lang alleine gemacht haben. Aber jetzt ist es auch genug und an der Zeit, dass wir wieder mit normalem Fußball beginnen. Das ist nämlich schon etwas anderes als dieses Kleingruppen-Training.

Ligaportal: Also die Vorfreude auf ein normales Training mit Zweikämpfen und alles was sonst so dazugehört ist sehr groß?

Lukas Schmitz: Genau. Vor allem ist es wichtig, dass wir nun ein Ziel vor Augen haben, wann wir wieder spielen. Wenn dieses Ziel nicht da ist, so wie es jetzt in den letzten Wochen war und man auch nicht weiß, wofür man eigentlich trainiert, dann ist es viel schwieriger. Jetzt hat man ein konkretes Ziel vor Augen und deswegen ist auch die Vorfreude bei allen sehr groß. Vor dem ersten Mannschaftstraining wurden bei uns wieder Testungen durchgeführt - alle sind negativ ausgefallen.

Ligaportal: Apropos Testungen: Euer Teamarzt hatte zuletzt gemeint, dass bei den durchgeführten Antikörper-Testungen eine „überraschend hohe Zahl an positiv Getesteten“ herausgekommen sei. Gibt es dazu Neuigkeiten?

Lukas Schmitz: Ich will mich damit auch gar nicht mehr so viel beschäftigten, weil mir das alles ein bisschen zu viel wird. Jeder hat eine Meinung, jeder kann alles und weiß alles über irgendwelche medizinischen Hintergründe. Irgendein Gerät hatte einen Defekt und keiner aus unserer Mannschaft hat Antikörper (gegen das Coronavirus, Anm. d. Red.). Zwischendurch ist mal ein Ergebnis rausgekommen, das einfach nicht richtig war.

Ligaportal: Findest du die Entscheidung richtig, dass die Saison fortgesetzt wird oder wärst du eher für einen Abbruch gewesen?

Lukas Schmitz: Ich war ganz klar für eine Fortsetzung. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz, warum sich das derartig hingezogen hat. Ich spreche viel mit meinen ehemaligen Mannschaftskollegen, die jetzt bei Fortuna Düsseldorf oder Werder Bremen spielen. Die haben viel mehr Corona-Fälle pro Kopf in Deutschland. Hier in Österreich war der Lockdown viel früher und trotzdem fängt die Bundesliga in Deutschland drei Wochen früher an - das verstehe ich nicht. Ich glaube, es ist schon eine große Belastung, dass wir so lange kein Spiel gemacht haben. Man braucht einfach ein bisschen, um wieder reinzukommen. Das finde ich jetzt etwas problematisch und für uns ist das eine Riesen-Herausforderung, aber grundsätzlich sind wir alle froh, dass wir spielen dürfen.

Ligaportal: Eine große Herausforderung für euch Spieler werden auch die durchgehenden englischen Wochen sein. Von vielen Seiten hört man bereits Bedenken, dass die Verletzungsgefahr enorm steigen wird. Wie gehst du damit um?

Lukas Schmitz: Ich kann mich ehrlich gesagt nicht darüber beschweren, dass wir englische Wochen spielen. Ich spiele lieber, als zu trainieren. Und je älter ich werde, desto lieber spiele ich (lacht). Ich orientiere mich da gerne an den ganzen großen Spielern - die spielen seit 10/15 Jahren jedes Jahr englische Runden bis zum Schluss durch. Und warum sollte man jetzt nicht mal in fünf Wochen zehn Spiele machen. Ich sehe da kein Problem, muss ich ehrlich sagen. Wir haben lange Zeit gehabt und uns als Mannschaft jeder individuell gut vorbereitet. Ich fühle mich topfit und ich will mir jetzt auch selbst, wenn ich das jetzt ausspreche, hätte ich mir unterbewusst ein Alibi gegeben - das will ich gar nicht. Wir sind Profis und können das schaffen.

Ligaportal: Das Präventionskonzept der Bundesliga sieht massive Sicherheitsvorschriften vor. Neben dem Verbot eines gemeinsamen Torjubels gibt es weitere Punkte, die den Fußball verändern werden. Habt ihr darüber schon gesprochen?

Lukas Schmitz: Wir haben darüber gesprochen. Vor allem darüber, dass es keine Torjubel mit Kontakt geben darf. Wenn ich ganz normal in den Supermarkt gehe, dann komme ich den Leuten ja deutlich näher, als ich es in manchen Situationen auf dem Feld tue. Dass man sich nicht die Hand geben soll, finde ich in Ordnung. Ich will aber auch nicht jede einzelne Maßnahme bewerten. Ich glaube, es ist alles machbar. Natürlich hat es mit dem Fußball, den wir davor gekannt haben, sehr wenig zu tun, aber ich denke, es ist der erste Schritt, der notwendig ist. Bis wir wieder mit Zuschauern spielen können, wird es wohl noch eine Zeit dauern.

Ligaportal:  Aufgrund der Tatsache, dass die Bundesliga-Saison erst im Juli beendet werden wird, müssen die Klubs nun mit allen Spielern, deren Verträge auslaufen, Vereinbarungen treffen, damit diese auch bis zum tatsächlichen Ende der aktuellen Saison für ihren jeweiligen Verein spielen dürfen. Das betrifft auch deinen Vertrag beim WAC. Hat man mit dir bereits gesprochen?

Lukas Schmitz: Mein neuer Vertrag in Holland beginnt am 1. Juli. Wenn wir in den Juli hineinspielen, was auch geplant ist, dann wird man das noch regeln müssen. Jemand von meinem neuen Klub (VVV Venlo; Anm. d. Red.) hat mit mir bereits Kontakt aufgenommen. Wir müssen sehen, wie das geht. Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht, weil noch nichts klar ist.

Ligaportal: Du weißt zum jetzigen Zeitpunkt also noch nicht, ob du die Saison beim WAC beenden wirst...

Lukas Schmitz: Ich kenne die rechtliche Lage nicht, ob der neue Verein darauf bestehen kann, dass ich ab dem 1. Juli nur mehr für sie auflaufe und für keinen anderen mehr. Ich fühle mich jetzt nicht in der Lage, das zu beurteilen. Als ich den Vertrag unterschrieben habe, hieß es in den FIFA-Regularien, dass der Vertragsbeginn der 1. Juli ist. Wie die Ausnahmeregelungen bedingt durch Corona sind, weiß ich nicht.

Ligaportal: Nach dieser Saison zieht es dich in die Niederlande zum Erstligisten VVV-Venlo. Was sind deine Beweggründe, diese neue sportliche Herausforderung anzunehmen?

Lukas Schmitz: Zuerst muss ich sagen, dass es mir in Wolfsberg immer gut gefallen hat und mit der Verein auch ans Herz gewachsen ist. Gerade die familiäre Struktur hat mir gefallen, sportlich lief es auch gut. Ich habe mich gar nicht näher mit anderen Vereinen beschäftigt, weil es in diesen losen Gesprächen dann immer hieß: „Wir können uns das vorstellen, aber im Moment können wir nichts entscheiden, weil wir Corona überstehen müssen.“ Das war bei VVV-Venlo anders. Sie wollten das unbedingt machen. Das liegt auch daran, dass ich mit Stan Valckx (Technischer Manager von VVV-Venlo; Anm. d. Red.) schon seit Jahren in Kontakt stehe. Der ist ein super Mann und kennt den Markt. Sie haben sich sehr um mich bemüht. Dann habe ich gesagt: „Ok, ich habe ja nicht mehr ganz so lange zu spielen - ich werde 32. Und ich habe nochmal Lust auf eine richtige Fußballnation. Das ist Österreich einfach nicht, das muss man so ehrlich sagen. Man hat einfach gemerkt, dass die Zuschauer nicht so begeisterungsfähig sind wie etwa in Deutschland oder Holland. Ich habe einfach Lust, diese neue sportliche Herausforderung anzunehmen. Hinzu kommt, dass Venlo nur rund 35/40 Minuten von unserem Haus entfernt ist, das wir in Düsseldorf haben. Das hat auch eine gewichtige Rolle gespielt.

Ligaportal: Inwiefern hat bei deiner Entscheidung auch mitgespielt, dass es beim WAC wohl einen großen Kaderumbruch geben wird?

Lukas Schmitz: Ich wünsche dem WAC, dass er auch in der nächsten Saison eine top Mannschaft hinstellen kann. Wenn man jetzt die Zeit betrachtet, in der der WAC in der österreichischen Bundesliga spielt, dann war das letzte Jahr das mit Abstand erfolgreichste. Da muss man sich jetzt natürlich fragen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass es nächstes und übernächstes auch noch so sein wird. Ich weiß es nicht, wünsche ihnen aber das Beste. Ich glaube schon, dass es einige Veränderungen geben wird. In diesen zwei Jahren hat sportlich einfach sehr viel zusammengepasst. Ich hoffe, dass sie auch weiter oben anknüpfen können.

Ligaportal: Welche Rolle hat Michael Liendl, den du damals in Düsseldorf kennengelernt hast, bei deinem Wechsel nach Wolfsberg gespielt?

Lukas Schmitz: Definitiv. Der erste Kontakt ist durch ‚Liendi‘ entstanden. Das war zu einem Zeitpunkt, wo ich entschieden habe, dass ich nicht bei Fortuna Düsseldorf bleiben und mir etwas Neues suchen möchte. Da hat er zu mir gesagt, dass sie einen Linksverteidiger bräuchten, nicht einmal einen im Kader hätten und ob ich mir das vorstellen könnte. ‚Liendi‘ hat dann schnell mit dem damaligen Trainer Christian Ilzer gesprochen. Wir haben das dann ausgemacht.

Ligaportal: Inwiefern hat dir Michael Liendl auch einen Wechsel nach Holland schmackhaft gemacht? Schließlich hat er bereits in der Eredivisie gespielt.

Lukas Schmitz: Nein, das war nicht der Fall. Ich kenne einige Spieler, die in Holland spielen. Ein Freund von mir, Lars Unnerstall, der ist jetzt bei PSV Eindhoven. Mit ihm habe ich damals bei Schalke und Düsseldorf zusammengespielt. Er schwärmt in den allerhöchsten Tönen und meinte, dass es eine seiner schönsten sportlichen Zeiten gewesen sei, die er in Venlo verbringen konnte. Mit ‚Liendi‘ habe ich jetzt nicht über Holland gesprochen, weil es für ihn dort nicht so lief, wie er es sich gewünscht hatte. Ich kenne die holländische Liga und mag auch den holländischen Fußball, weil er nach vorne orientiert ist. Ich vergleiche ihn auch gerne mit der zweiten englischen Liga. Ich freue mich darauf und kann das ganz gut einschätzen, was da auf mich zukommt.

Ligaportal: Zuletzt war aus Holland zu hören, dass Spiele in der Eredivisie womöglich bis Sommer 2021 ohne Zuschauer stattfinden werden. Schmälert das deine Vorfreude? Was löst so eine Nachricht in dir aus?

Lukas Schmitz: Ich glaube, dass das überall passieren kann. Ich denke, dass sich die Holländer da früh bekennen. Sie haben sich ja früh dazu bekannt, dass bis zum 1. September überhaupt nichts stattfinden wird und jetzt auch mit den Zuschauern. Ich kann es nicht richtig einschätzen, ob das auch in der ersten oder zweiten deutschen Liga ausgeschlossen ist. Ich hoffe natürlich nicht, dass man für längere Zeit keine Zuschauer hat. Von Venlo habe ich mir sagen lassen, dass sie auf einen Impfstoff hoffen. Ich hoffe, dass sich das vernünftig auflöst. Ich kann aber sagen, dass ich mich extrem freue in den Stadien von PSV, Feyenoord, Ajax vor rund 45.000 Zuschauern zu spielen. Da habe ich richtig Lust drauf und das war auch ein Mitgrund, warum ich mich für diese Liga entschieden habe. Ich hoffe, es ist nicht allzu weit weg, dass das wieder geschieht.

Ligaportal: Venlo hat im Rahmen deiner Präsentation ein amüsantes Video veröffentlicht, das im Internet gefeiert wurde...

Lukas Schmitz: Das habe ich mitbekommen und fand ich ehrlich gesagt auch sehr lustig. Ich habe schon mitbekommen, dass das eine humorvolle Gemeinschaft in Venlo ist. Die mögen es, auch einmal einen Spaß einzubauen. Sie haben das mit mir auch abgestimmt, deshalb hatte ich damit keine Probleme.

Ligaportal: Kommen wir auf Deutschland zu sprechen. Natürlich wirst du den Fußball in deiner Heimat genau verfolgen. Dieses Wochenende geht es endlich wieder los und ausgerechnet zum Start steht gleich das brisanteste Spiel auf dem Programm: Dortmund gegen Schalke - das „Ruhrpott-Derby“. Ich denke, ich muss dich nicht fragen, wem du die Daumen drückst...

Lukas Schmitz: Bitte nicht, denn das ist doch wohl klar (lacht). Es ist natürlich komplett irre, wenn man zwei, drei Monate nicht spielt und dann ist das erste Spiel gleich ein Derby vor leeren Rängen. Ganz eigenartig, aber es ist natürlich das Spiel wo alle Fans, das Spiel im Fernsehen verfolgen werden. Ich kann das bezeugen, denn in meiner Familie gibt es so eine Zweiteilung zwischen Schalke- und Dortmund-Fans. Das ist das Sportevent des Jahres und genau das steht am Samstag an. Ich bin selbst sehr neugierig, muss ich sagen.

Ligaportal: Der Fußball im Ruhrgebiet hat einen immens hohen Stellenwert. Die Resonanzklubs sind freilich Schalke und Dortmund. Wie sieht da die Aufteilung der Fans aus?

Lukas Schmitz: Unsere kleine Stadt, in der ich geboren wurde, ist ca. 15/20 Minuten vom VfL Bochum entfernt. Da gibt es natürlich auch den ein oder anderen Bochumer. Wenn man jetzt nicht gerade in Bochum wohnt, dann ist das Ruhrgebiet in Dortmund und Schalke geteilt. Auch in meinem Freundeskreis ist das so. Das kann man sich in Österreich gar nicht so richtig vorstellen. Im Ruhrpott ist Fußball Religion. Ich kenne Schalke- Fans, die eine Woche schlechte Laune haben, wenn ihre Mannschaft verliert. Das ist kein Spaß. Wenn Schalke zb. in Kaiserslautern spielt, dann fahren 15.000 Fans sechs, sieben Stunden mit dem Bus dort hin. Ich freue mich schon, wenn wir wieder in Düsseldorf wohnen, dass ich öfters auf Schalke ins Stadion gehen und die Atmosphäre mitnehmen kann - das ist einfach geil.

Ligaportal: Deine Zeit beim WAC neigt sich langsam aber sicher dem Ende entgegen. Was war deine Highlights?

Lukas Schmitz: Wenn ich chronologisch beginne: Christian Ilzer hat mich damals angerufen und meinte, er habe die Vision, mit dem WAC in die Meistergruppe zu kommen. Damals kannte ich den Fußball in Österreich noch nicht. Als ich hier in den Medien erzählt habe, dass es in so einer kleinen Liga leicht sei, es in den Europacup zu schaffen, da haben sie mich alle ausgelacht. Christian Ilzer meinte damals, dass man das mit einer guten Arbeit schaffen könnte. Das hat sich bewahrheitet. Wir hatten eine gute, stimmig Truppe. Wir hatten dann dieses Endspiel gegen Sturm Graz, wo das Stadion ausverkauft war - das war ein Highlight-Spiel. Für mich persönlich waren die Spiele in der Europa League gegen Gladbach und Rom absolute Highlights. Das war Wahnsinn und wunderbar. Es war genau die richtige Entscheidung. Ich habe mich in diesen zwei Jahren sehr wohl gefühlt und auch sportlich lief es sehr gut. Die Entscheidung, hierher zu kommen, war goldrichtig.

Ligaportal: Abschließend: Werdet ihr euer Haus im Salzburger Land behalten?

Lukas Schmitz: Das werden wir erstmal noch behalten. Es ist keine Entscheidung gegen den WAC oder gegen Österreich. Wir lieben Österreich, die Landschaft und die Berge, schätzen die Natur. Wir werden immer wieder glücklich ins Salzburger Land zurückkehren.

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von Daniel Ringsmuth/Ligaportal; Foto: Richard Purgstaller