Enttäuschung, Wut, Fassungslosigkeit. So lässt sich die Gefühlsgemengelage von Valerien Ismael seit Freitagvormittag wohl am besten beschreiben, als ihm Vizepräsident Jürgen Werner mitgeteilt hatte, dass er nicht mehr Trainer des LASK sei. Eine unerwartete Entscheidung, die österreichweit für großes Aufsehen und ebenso viel Verwunderung sorgte.

"Wunschkandidat" Thalhammer folgt Valerien Ismael nach 

Zunächst war die Lage noch völlig undurchsichtig. Am Freitag hatten Medien (Knalleffekt: Valerien Ismael soll LASK verlassen!) berichtet, dass der gebürtige Franzose den LASK verlassen muss. Eine offizielle Bestätigung seitens des Vereins ließ jedoch sehr lange auf sich warten - genau gesagt bis Samstagmittag.

Dann hatte der Verein in einer Aussendung verlautbart, dass Valerien Ismael nicht mehr Trainer des LASK sei und sein Nachfolger Dominik Thalhammer heiße. „Er war schon im letzten Sommer unser Wunschkandidat“, wurde Jürgen Werner in der Aussendung zitiert. Ein Statement, das sich für Valerien Ismael wie ein Schlag ins Gesicht angefühlt haben muss und auf das der Vizepräsident des LASK nach dieser - bis zur Corona-Pause - famosen Saison verzichten hätte sollen.

Schließlich hat der gebürtige Strassburger, der sich aktuell im Südtirol-Urlaub akklimatisiert, mit dem LASK Historisches erreicht. Den Grunddurchgang der Tipico Bundesliga haben die Linzer Athletiker eindrucksvoll gewonnen. Hinzu kommen 20 Bundesliga-Siege in dieser Saison (LASK-Rekord), 13 Bundesliga-Auswärtssiege (Bundesliga- Rekord) in einer Spielzeit sowie der vermutlich größte Erfolg in dieser Saison: Der Gruppensieg in der Gruppenphase der Europa League. Nach dem sensationellen Einzug ins Europa-League-Achtelfinale gegen Manchester United war der Höhepunkt des Linzer Höhenflugs in dieser Saison erreicht.

Während der Corona-Krise stürzte sich der LASK selbst ins Chaos 

Das Hinspiel gegen den mächtigen Traditionsklub aus England ging vor leeren Rängen glatt mit 0:5 verloren. Danach folgte die Corona-Pause und was während dieser schwierigen Zeit passierte, ist bereits hinlänglich bekannt: Die Gier nach dem großen Erfolg veranlasste den LASK, sich über eine gemeinsame Vereinbarung innerhalb der Bundesliga hinwegzusetzen und verbotenerweise Mannschaftstrainings durchzuführen. Die Initiative sei von Valerien Ismael ausgegangen, der sich von Jürgen Werner das „Ok“ geholt habe. So wurde es in einer Pressekonferenz nach Auffliegen des Skandals kommuniziert. Präsident Siegmund Gruber, der ansonsten in allen Belangen rund um den Verein bestens informiert ist, stellte sich unwissend und behauptete, dass er erst durch die Bundesliga von den verbotenen Trainings erfahren hätte.

Die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Präsidenten darf zumindest angezweifelt werden. Informationen zufolge, die auch Ligaportal zugetragen wurden, könnte Siegmund Gruber sehr wohl über die unredlichen Mannschaftstrainings Kenntnis gehabt haben. Jürgen Werner und Valerien Ismael mussten letztendlich als Sündenböcke herhalten. Die beiden standen damals noch nicht zur Diskussion (Zitat Gruber: „Jürgen Werner und Valerien Ismael sind sakrosankt").

Politik soll weiteren Instanzenzug des LASK verhindert haben

Es folgte das bereits bekannte Urteil des Strafsenats der Bundesliga, welches vom LASK angefochten wurde. Mit Erfolg: Die Linzer Athletiker erhielten - zum Unverständnis der Liga-Konkurrenz - zwei der sechs abgezogenen Punkte zurück. Auch dieses Urteil wollten die Oberösterreicher nicht akzeptieren und kündigten den Gang vor das Ständige Neutrale Schiedsgericht. Aufgrund der Fristen hätte sich dies jedoch folgenschwer auf die Bundesliga ausgewirkt: Damit wäre hinter der Endtabelle dieser Saison ein riesengroßes Fragezeichen gestanden. Letztlich gab es vom LASK hinsichtlich dieses Vorhabens einen Rückzieher, denn man wolle die Liga „nicht ins Chaos stürzen“, verkündete Gruber.

Ligaportal-Informationen zufolge soll der Rückzieher des LASK auf Nachdruck der Politik zustande gekommen sein, die einen maßgeblichen Anteil am Stadionprojekt des Klubs hat. Neben den vielen zerrütteten Verhältnissen innerhalb der Bundesliga hätten sich die Linzer einen „Wickel“ mit der Landespolitik nicht einfangen dürfen.

Machtkampf in der Führungsetage

Knapp zwei Monate und nach einer völlig verpatzten Meistergruppe später musste einer der zwei - für Siegmund Gruber - „Unantastbaren“ den Sessel räumen. Kurzzeitig hatte auch das Gerücht die Runde gemacht, wonach Jürgen Werner über einen Abschied nachdenken soll. Dies hat sich zumindest bis jetzt nicht bewahrheitet, doch das Verhältnis zwischen Jürgen Werner und Siegmund Gruber scheint mittlerweile schwer belastet zu sein. Man könnte fast meinen, dass bei den Athletikern ein Machtkampf in der Führungsetage ausgebrochen ist, den der Architekt des Erfolgs beim LASK, Jürgen Werner, nicht freiwillig verlieren will.

Unmittelbar nach dem letzten Meisterschaftsspiel in dieser Saison gegen Salzburg dürften die internen Unstimmigkeiten beim LASK in einer Eskalation gegipfelt sein. Wie Ligaportal in Erfahrung bringen konnte, wollte sich Valerien Ismael von seinem Co-Trainer Andreas Wieland trennen. Dem habe Siegmund Gruber jedoch nicht zugestimmt, was letztlich zu tagelangen Diskussionen führte. Letztlich war es dann Valerien Ismael, der als Sündenbock auserkoren wurde und den Kopf hinhalten musste.

So nahm die erfolgreiche Ära von Valerien Ismael mit dem LASK ein jähes und unwürdiges Ende, das sich der Franzose so sicher nicht verdient hat. Seit dem Telefonat am Freitag mit Jürgen Werner dürfte Valerien Ismael keinen Kontakt mit Klubverantwortlichen gehabt haben. Nun wird es darum gehen, den Vertrag mit dem LASK so schnell wie möglich aufzulösen, um das Kapitel endgültig abzuschließen.

>>"Hat nicht mehr geklappt": Jürgen Werner spricht über Ismael-Rauswurf!<<

 

von Daniel Ringsmuth/Ligaportal, Foto: Harald Dostal/fodo.media