Für Otto Normalverbraucher ist es meist nicht nachvollziehbar, welchem Erfolgsdruck Spieler und Trainer in den höchsten Ligen ausgesetzt sind.  Bei jedem Spiel erwarten Fans, Medien und Vereinsführung eine absolute Topleistung. Egal ob ein Spieler vom letzen Spiel noch angeschlagen ist oder private Probleme hat, er muss einfach nur abliefern. Welche äußeren Einflüsse diesen Druck aufbauen und wie Spieler damit umgehen können, darauf möchte ich heute näher eingehen. Eine Kolumne von Wolfgang Seidl. 

In jedem Kader, der aus bis zu 30 Spielern besteht, geht es nicht immer harmonisch zu. Vielfach gibt es einen internen Konkurrenzkampf um den begehrten Platz in der Stammelf. Bekommt man als Spieler wenig Einsätze, leidet einerseits der Verdienst darunter und andererseits die Chancen für einen neuen Vertrag. Gerade als Fußballer hat man nur eine begrenzte Zeit, Geld zu verdienen und für später vorzusorgen. Eine schlechte Leistung in einem Match kann bedeuten, das nächste Mal auf der Bank Platz zu nehmen und nebenbei in den sozialen Netzwerken sowie von den Medien in der Luft zerrissen zu werden. Das kann sich psychisch ziemlich belastend auswirken. 

Mehrfachbelastungen aufgrund vieler Matches in der Meisterschaft, im Cup, in den europäischen Bewerbspielen sowie Einberufungen ins Nationalteam bringen Körper und Psyche an die Leistungsgrenze. Das Gefühl, gefangen zu sein in einem kontinuierlichen Diktat aus Training und Spielen und dabei immer nur auf die Leistung reduziert zu werden, ist extrem anstrengend. 

Der ehemalige Arsenal Kapitän, Per Mertesacker, sagte zu der anstrengenden Zeit in der Premier League,  dass sein Körper mindestens einmal im Jahr streikte.  Er führte das auf die hohe mentale Belastung zurück, mit der er nicht umgehen konnte. So sagte er: „Wenn ich nicht mehr konnte, war ich verletzt, so war es immer. Ich behaupte sogar, dass viele wiederkehrende Verletzungen psychisch bedingt sind. Dass der Körper der Seele zu Ruhe verhilft. Aber das hinterfragt niemand.“ 

Um mit diesem enormen Druck im Fußballgeschäft umgehen zu können sind mentale Fertigkeiten gefragt, die sich jeder aneignen kann. Leider wird in der Fußball Ausbildung auf diese Faktoren viel zu wenig Wert gelegt. Selbst in den Fußball Akademien werden diese Fertigkeiten wenig bis gar nicht vermittelt. Aus meiner langjährigen Erfahrung mit Spitzensportlern weiß ich, professionelle mentale Arbeit im Fußball bringt nicht nur den Spielern und Trainern einen Mehrwert, auch Vereine profitieren mehrfach davon.

Mit einem gezielten Training ihrer mentalen Fertigkeiten, können Spieler und Trainer besser mit Druck umgehen. Dazu ein paar praktische Beispiele: 

Richtige Anspannung finden

Vor Anpfiff leiden viele Trainer und Spieler unter einer zu  hohen Anspannung. Mithilfe von mentalen Techniken, lernen sie bewusst ihren Erregungsgrad zu regulieren und somit leistungsfähiger zu werden.
Aber auch abseits eines Matches ist ein gesunder Ausgleich zwischen Anspannung und Entspannung hilfreich. Wenn ein Spieler, z.B. ständig an mögliche negative Konsequenzen seiner Handlungen denkt, dann ist dieser Ausgleich gestört. Er kann durch diesen inneren Stress nicht mehr richtig regenerieren und langfristig leidet seine Leistung darunter. 

Fokus auf die eigenen Stärken

Der von mir sehr geschätzte englische Sportpsychologe Bill Beswick sagt: "Wenn Spieler oder Trainer sich selbst unter Druck stehend beschreiben, zeigen sie in Wirklichkeit einen Mangel an Selbstvertrauen im Umgang mit einer Situation." Sportler sind meist sehr kritisch mit sich selbst und denken oft an Dinge, die sie nicht so gut beherrschen. Hier wäre wieder mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gefragt. Damit verbunden komme ich gleich zum nächsten Punkt.

Die Fähigkeit, die eigene Leistung sachlich zu analysieren

Spieler sollten sowohl nach Niederlagen als auch nach Siegen, die eigene Leistung reflektieren und daraus lernen. Wie sehe ich mich selber? Habe ich erreicht, was ich mir vorgenommen habe? Woran muss ich noch arbeiten? In meiner Arbeit als Coach fordere ich Spieler zur regelmäßigen Selbsteinschätzung auf, um ihre eigene Leistung zu beurteilen, ihre Stärken und Schwächen zu evaluieren um im Entwicklungsprozess weiter zu kommen. Diese Übungen bringen Spieler dazu, sich selbst gegenüberzutreten und Verantwortung für ihren persönlichen Fortschritt zu übernehmen. 

Die Meinung der Medien ignorieren

Die Noten von Journalisten sowie provozierende und beleidigende Schlagzeilen können Angst, Unsicherheit und Zweifel bei Spielern hervorrufen, ohne dass die mediale Bewertung auf einer fundierten Basis getroffen wurde. Taktische Vorgaben, die nur innerhalb der Mannschaft besprochen werden, sind den Medien fremd und können daher keine objektive Analyse bieten. 

Vorbereitung auf herausfordernde Situationen

Spieler und Trainer, die sich bereits im Vorfeld mit herausfordernden Situationen auseinander setzen, diese im Kopf durchspielen und Lösungen vorbereiten, sind gewappnet. Ähnlich wie Piloten die im Simualtor ständig verschiedene Szenarien trainieren und so auf mögliche Vorfälle bestens vorbereitet sind. 

Vorbereitung auf die Karriere danach

Ist es möglich als Profifußballer neben dem Sport eine Ausbildung zu machen? Ja, viele haben es bewiesen und mit flexiblen Online Studien lässt sich das heute mit dem Fußball Job vereinbaren. Spieler die sich damit ein zweites Standbein schaffen, nehmen selbst Druck von sich, im Falle dass die Karriere plötzlich zu Ende geht oder sie ohne Vertrag da stehen. 

Mentale Stärke und Umgang mit Druck sind erlernbar! Je früher im Nachwuchs bereits mentale Werkzeuge vermittelt werden, desto leichter tun sie sich dann später im Umgang mit Leistungsdruck. 

MANA4YOU

Wolfgang Seidl, MBA
Akademischer Mentalcoach
Dipl. Lebens- und Sozialberate
HeartMath®Coach

Praxis Steiermark: Burgauerstrasse 49; 8283 Bierbaum
Praxis Wien: Cumberlandstrasse 102; 1140 Wien

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Foto: Harald Dostal/fodo.media