Spätestens seit der Gründung bzw. Neuübernahme des SV Austria Salzburg vom Konzernriesen Red Bull im Juni 2005 entflammen in Fußball-Österreich immer wieder Diskussionen über Tradition und Kommerz. 

Nun ja, der „Dosenklub“ hat trotz junger Vergangenheit bereits einige Traditionen für sich erschaffen, gute wie weniger gute.

Ein Gastbeitrag von Thomas Fischak: 

Auf der Suche nach einem Identifikationsfaktor

Fast schon legendär ist das elfmalige Scheitern in Folge bei der Champions League Qualifikation zur Gruppenphase. Dem gegenüber stehen aber bereits neun gewonnene Meisterschaften sowie fünf Cup-Siege.

Trotz dieser augenscheinlichen Übermacht in Österreich kämpft der Klub Jahr für Jahr um steigende Beliebtheitswerte. Die hervorragende Infrastruktur in der Arena in Wals-Siezenheim zog in der Vergangenheit nicht automatisch Zuschauermassen an. Das Einzugsgebiet gestaltete sich als eher schwierig. Auch der Verein präsentierte sich nicht wirklich nahbar.

Die Herausforderung war folgende: Wie erschafft man einen Identifikationsfaktor für Fans bei einem Verein, der sich neu erfinden muss?

Finanziell kann man keine emotionale Bindung herstellen, noch dazu mit einem Team aus fast ausschließlich Legionären. Österreichweit wirkte Red Bull Salzburg eher wie ein Fremdkörper und nicht viele standen der kommerziellen Vereinspolitik positiv gegenüber. Gut Ding braucht eben Weile.

Imagewandel und Leitbilder

In der vergangenen Spielzeit ist bei den eigenen Fans als auch österreichweit ein Imagewandel zu beobachten. Der wichtigste Baustein dafür – Erfolge! Aber nicht nur.

Der Verein ist ruhig und sich stets treu geblieben, hat von astronomischen Transfers Abstand gehalten und stattdessen sehr viel Qualität in das Scouting und den Betreuerstab gesteckt. Ein eigener Spielstil wurde kreiert und frei nach dem Motto „Jugend forscht“ wurden ins System passende, vielversprechende Jungtalente installiert, die sich bei Salzburg der Reihe nach auf die Visitenkarten größerer europäischer Klubs spielen.

Man hat Abstand genommen von einer durchschaubaren Personalpolitik, in der man Jahr für Jahr die Topspieler der Liga zusammenkauft und ein paar Altstars dazumischt. Man wollte in dieser Frage eigene Wege gehen, selbst eine gute Adresse für die Jugend werden und sich für die Annäherung an die Fans andere Dinge überlegen.

Unter anderem wurde das Leitbild des Vereins überarbeitet. „Unser wertvollster Mitspieler – das Kollektiv“ oder „Wir sind der Fußball von morgen“ und weitere Slogans sind in den Räumlichkeiten des Trainingszentrums in Taxham in großen Lettern zu lesen.

Erfolgsfaktor Marco Rose

Ein weiterer Schlüssel zur Imageaufwertung ist ganz gewiss Marco Rose. Mit ihm hat man einen Teammanager gefunden, der den Verein perfekt verkörpert. Er ist erfolgshungrig, lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen und hat absolut attraktiven Fußball in das Team gebracht.

Noch dazu hat er Stallgeruch und es musste kein überteuerter Internationaler fürs Trainerteam geholt werden. Niemand kennt das System Red Bull besser als er und vielleicht, Ralf Rangnick.

Apropos: Genau diesem Herren hat er in dieser Saison beim Bruderduell, oder auch „El Dosico“, bereits gezeigt, wie es wirklich geht und zweimal in der Europa League mit leeren Händen nach Hause geschickt.

„Vielleicht ist die Europa League auch einfach unser Bewerb“, wurde Marco Rose nach dem Scheitern in der Champions League Quali zitiert, gleich mit dem positiven Blick nach vorne. Hier ist ohnehin noch eine Rechnung offen, nachdem man es in der Vorsaison dabei bis ins Halbfinale geschafft hatte.

Steigendes Zuschauerinteresse 

All das trägt zur neuen „Sexyness“ des Klubs bei, denn solche Erfolge füllen das Stadion neuerdings regelmäßig.

Der Dauerkartenverkauf stieg im Vergleich zur Saison 2017/18 um 35% auf 6000 an und in der Europa League ist vermehrt mit vollem Stadion zu rechnen, da es eine durchaus berechtigt hohe Erwartungshaltung gibt.

Auch Fußballfans aus ganz Österreich empfinden aufgrund der jüngsten Erfolge zumindest Respekt für Red Bull Salzburg. Auf europäischer Ebene ist Salzburg ganz klar das derzeitige Aushängeschild hierzulande. 

Bleibt nur zu hoffen, dass Marco Rose und sein „Personal“ viele Anreize finden, um in Salzburg zu bleiben. Denn was man so oft in den vergangenen Jahren in Salzburg gesehen hat, war der traurige Blick Richtung Leipzig. Denn aus Transfersicht heißt es hier – „Red Bull verleiht Flügel“.

 

Fotos: GEPA pictures/Red Bull Media

 

Geschrieben von Thomas Fischak