Authentisch, offen, ehrlich und geradeaus: Slowakei-Legionär Stefan Stangl gehört zu jener Sorte Fußballer, die das sagen, was sie denken. Vielleicht auch deshalb, weil der 27-jährige gebürtige Steirer in seiner fußballerischen Karriere schon einiges erlebt hat. In der österreichischen Bundesliga kickte der gelernte Linksverteidiger für die Großvereine Sturm, Rapid, Salzburg und Austria. Nach einer rund siebenmonatigen Auszeit kehrte Stangl Ende Februar dieses Jahres ins Profigeschäft zurück und unterschrieb beim slowakischen Rekordmeister Slovan Bratislava einen Vertrag bis Juni dieses Jahres. Im ausführlichen Interview mit Ligaportal spricht der 27-Jährige über seine ersten Monate in der Slowakei, seine Zeit bei Rapid und seinen Förderer Zoran Barisic. Des Weiteren äußert sich Stangl zur Oberflächlichkeit im Fußballgeschäft und über eine gescheiterte Rückkehr zum SK Sturm. 

Ligaportal: Stefan, du bist zurück in Business und hast einen neuen Verein gefunden mit Slovan Bratislava. Wie fühlt es sich für dich an, nach langer Abstinenz wieder zurück zu sein? 

Stefan Stangl: Es fühlt sich sehr gut an. Ich habe aber bewusst einmal bisschen eine Auszeit für mich genommen, weil meine Karriere doch sehr turbulent war. Ich bin froh, dass das mit Slovan zustande gekommen ist. Das hätte ich natürlich schon früher machen können, aber da war ich noch nicht bereit dafür. Es ist allerdings immer noch schwer, nach einer längeren Pause wieder bei hundert Prozent zu sein. Ich muss ehrlich sagen, ich habe es mir leichter vorgestellt. 

Ligaportal: Wie du vorher erwähntest, hast du dir bewusst eine Auszeit genommen. Hat es während dieser Zeitspanne Angebote gegeben und die Möglichkeit, früher auf den Platz zurückzukehren?

Stefan Stangl: Es gab extrem viele Angebote und Interessenten, muss dazu aber auch sagen, dass ich viele Probleme mit meinem Manager hatte. Deshalb habe ich dann meinen Manager gewechselt. Jeden Tag haben mich fünf Manager angerufen bezüglich Angeboten aber irgendwann war dann alles zu viel. Ich habe u.a mit PAOK und einem Klub aus Spanien, Real Valladolid, verhandelt. Aber dort wäre ich überall nur die zweite Wahl gewesen. Das war bereits bei Red Bull Salzburg so, wo ich nur auf der Bank gesessen bin. Deshalb habe ich mich für Slovan entschieden.

Ligaportal: Wie wurdest du bei Slovan Bratislava aufgenommen? 

Stefan Stangl: Ich bin sehr gut aufgenommen werden. Wir sprechen hauptsächlich Englisch und bei Red Bull Salzburg habe ich auch primär Englisch gesprochen. Somit ist das kein Problem. Die Spieler bei Slovan kommen vielfach aus anderen Ländern, daher ist das Mannschaftsgefüge sehr gut. 

Ligaportal: Du hast einen Vertrag bis Juni 2019. Der läuft daher bald aus. Möchte Slovan Bratislava mit dir weitermachen und gibt es von deiner Seite Ambitionen, den Vertrag zu verlängern? 

Stefan Stangl: Ich hatte bereits Gespräche und dann werde ich entscheiden, wie es mit meiner Zukunft weitergeht, ob ich bei Bratislava verlängere oder nicht. Ich fühle mich aber beim Verein sehr wohl und kann es mir gut vorstellen. Alles weitere muss ich erst mit meinem Manager besprechen und mit dem Sportdirektor von Slovan Bratislava. Es ist nicht so, dass ich jetzt hier nur für ein halbes Jahr da war, meine Ziele sind natürlich ganz woanders. 

Ligaportal: Du hast in der Vergangenheit des Öfteren betont, dass dein großer Traum sei, in Deutschland zu spielen. 

Stefan Stangl: Das Ziel habe ich immer noch, aber es ist momentan für mich nicht erstrangig. Ich habe einfach gemerkt, dass ich vor allem körperlich sehr viel aufzuholen habe, bin aber jetzt schon wieder fit und kann 90 Minuten meine Leistung auf den Platz bringen. Die letzten Monate war das nicht der Fall, ich habe 2,3 Spiele gehabt, da wurde ich nach 60 Minuten ausgewechselt. Dennoch werde ich mein Ziel verfolgen, nach Deutschland oder in eine größere Liga zu wechseln. Aber es ist jetzt noch nicht der nächste Step. 

Ligaportal: Hast du bei Slovan auch Individualtraining zusätzlich zum Mannschaftstraining, um wieder auf deine hundert Prozent zu kommen? 

Stefan Stangl: Anfangs habe ich schon primär Individualtraining gehabt, aber jetzt mache ich das normale Mannschaftstraining. Leider hatte ich dann immer wieder mal eine leichte Verletzung, weil ich dachte, ich sei schon topfit, aber dem war wohl nicht so. Jetzt bin ich aber bei hundert Prozent und kann im Sommer wieder voll durchstarten. 

Ligaportal: Der Trainer hat bei der Bekanntgabe des Wechsels gemeint, dass du noch etwas Zeit benötigst. Am Freitag findet euer letztes Spiel statt und du hast in der Liga erst 58 Minuten gespielt. Bist du enttäuscht, dass du bislang nicht zum Zug gekommen bist?

Stefan Stangl: Nein für mich ist es gar nicht enttäuschend. Es liegt alles in meiner Hand. Da gibt es keine anderen Gründe. Ich war einfach noch nicht so weit. Aber nach sechs Monaten Pause braucht man mindestens sechs bis acht Wochen, um angehend fit zu werden. Natürlich kann ich mehr trainieren, aber man braucht auch Regeneration. 

Ligaportal: Sprechen wir über die Vergangenheit. Du hast bei Rapid deinen bisherigen Karrierehöhepunkt gehabt, wenn man das so sagen kann, dann bist du zu Salzburg und zur Austria gewechselt. Was waren deine Beweggründe? Du hast in einem Interview gemeint, dass viele Rapid-Spieler gerne einmal für Salzburg spielen möchten, diesen Wunsch wegen der Fans aber nicht öffentlich aussprechen könnten. 

Stefan Stangl: Es wird immer alles hochgepusht. Es geht jetzt generell gar nicht um Salzburg, der Verein hat einfach ein Gesamtpaket, das bietet dir kein anderer Verein. Am Ende geht es genau um das. Es geht einfach immer um das Gesamtpaket, da muss man ehrlich sein. Wenn Austria das bieten kann wie Salzburg, dann wäre Austria der Top-Verein bzw. Rapid wenn sie das bieten, wie die Bullen. So sieht man das als Fußballer. Natürlich, jeder hasst Red Bull, weil sie am meisten Kohle haben, das ist der Punkt. Aber genau deshalb können sie die besten Trainer und Spieler holen, die besten Autos, die besten Physios. Genau deshalb sehen es die wenigsten Leute ein, dass man dorthin wechselt. Wenn man das Angebot hat, das hat jetzt nichts mit Rapid zu tun, dann sollte man zuschlagen, weil das ist nochmal eine andere Nummer, auch wenn Rapid ein super Verein ist. Es geht auch nicht darum, dass man Rapid schlecht macht. Rapid hat mir alles ermöglicht und dafür bin ich sehr dankbar. Manchmal muss man im Leben einfach schnell Entscheidungen treffen und kommt erst später drauf, ob es die richtige oder falsche Entscheidung war. 

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Ligaportal: Würdest du sagen, dass der Wechsel zu Salzburg die falsche Entscheidung war? 

Stefan Stangl: Schwierig. Teils teils würde ich sagen. Einerseits war es die richte Entscheidung, sonst hätte ich so nicht gehandelt. Vielleicht wäre es aber für meine Entwicklung besser gewesen, noch bei Rapid zu bleiben. Da stehe ich dazu! 

Ligaportal: Worauf führst du zurück, dass du in Salzburg so wenig gespielt hast? 

Stefan Stangl: Ich war nie erwünscht in Salzburg. Der Trainer wollte mich vom ersten Tag an nicht und ich bin da leider zu spät draufgekommen. Im Nachhinein bereue ich den Schritt, weil ich wusste, dass mich der Trainer gar nicht wollte, deshalb wäre ich lieber bei Rapid geblieben. Das war unter Oscar Garcia. Der hat mich komplett auf die rechte Spur gestellt. Ich habe eigentlich gut trainiert, aber nie die Chance bekommen. Da haben sich selbst die Spieler schon gefragt, was da los ist. Ich bin aber immer sehr professionell bis zu einem gewissen Zeitpunkt – du kannst nicht immer 365 Tage im Jahr professionell sein, wenn du nie die Chance bekommst. Da lässt dann schon einmal der Kopf nach und dann bist du halt gleich weg vom Fenster.

Ligaportal: Im Jänner 2018 folgte die Leihe zur Wiener Austria. Warum hast du dich für diesen Schritt entschieden. Was waren die ausschlaggebenden Punkte und war es eine Überlegung, längerfristig für die Veilchen zu spielen? 

Stefan Stangl: Ich wollte einfach nur Spielminuten bekommen. Mir ging es nicht um den Verein. Die Austria hat zu dem Zeitpunkt gerade jemanden gesucht, so hat sich das ideal ergeben. Ein Verbleib war schon Thema, aber es war finanziell für die Austria nicht machbar. Das muss man ganz offen und ehrlich sagen. Salzburg hatte damals noch etwas dagegen. Als finanziell dann alles klar war und Salzburg nichts mehr gegen einen Wechsel hatte, war Martschinko wieder fit und die Austria hatte bereits einen neuen Linksverteidiger geholt. Deswegen war das Thema dann vom Tisch. 

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Ligaportal: Dein Wechsel zur Austria kam im Fan-Lager des SK Rapid logischerweise alles andere als gut an. Kannst du den Ärger bzw. das Unverständnis der Anhänger nachvollziehen oder findest du die Reaktionen/Kommentare übertrieben? 

Stefan Stangl: Ich verstehe auch die Ansichten der Fans. Der Rapid-Anhang ist sehr emotional. Wenn man für Rapid spielt, liebt man diese Fans. Wenn man allerdings für einen anderen Verein spielt und davor bei Rapid unter Vertrag war, ist es unangenehm. In gewisser Art und Weise ist es aber unfair, weil man sich nicht jeden Transfer aussuchen kann. Man ist auch an die jeweiligen Vereine gebunden. Ich war einfach froh, dass ich wieder wo spielen konnte nach der langen und schwierigen Zeit in Salzburg. Dass es dann genau die Austria war, wo ich doch Rapid-Vergangenheit hatte, war natürlich doppelt bitter. Da verstand ich den Unmut der Fans, aber ich hätte mich gefreut, wenn sie mehr Respekt gezeigt hätten. Immerhin habe ich für Rapid sehr viel geleistet. 

Ligaportal: Besteht noch Kontakt zu ehemaligen Mannschaftskollegen von Rapid? Kann man da von Freundschaft sprechen? Wie du in einem Interview vor deinem ersten Spiel für die Austria meintest, sollen ein paar Rapid-Spieler den Kontakt zu dir abgebrochen haben. „Nun sehe ich, wer meine wahren Freunde sind“, lauteten deine Worte. Wie darf man das verstehen? 

Stefan Stangl: Ich habe noch Freunde bei Rapid, aber im Fußball-Business ist sowieso alles nur oberflächlich. Es gibt selten wahre Freundschaft im Fußballbereich. Ganz nach dem Motto: Heute sind wir Freunde und morgen, wenn ich woanders hingehe, ist es vorbei. Es ist schwierig, rauszufiltern, wer die wahren Freunde für die Zukunft und wer nur aktuell deine Kollegen sind. 

Ligaportal: Hast du jemals überlegt, zu Rapid zurückzukehren oder wäre dieser Transfer aufgrund der Wechsel zu Salzburg und Austria nicht denkbar? 

Stefan Stangl: Ich würde lügen, wenn ich nicht sage, dass ich wieder gerne für Rapid spielen will. Aber ich weiß, was für eine Macht die Fans haben und dadurch denke ich darüber jetzt weniger nach. Ich weiß, dass der Zoki Barisic zurück ist, der mich eigentlich rausgebracht hat. Ich habe immer gesagt, dass Rapid ein super Verein mit super Fans ist, aber Salzburg ist der Verein mit dem Gesamtpaket. Momentan ist Rapid für mich in weiter Ferne, aufgrund einiger Komplikationen mit den Fans und dem Vorstand. 

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Ligaportal: Zoran Barisic ist zurück, wie du bereits erwähnt hast. Wie siehst du ihn als Mensch und was traust du ihm als Sportdirektor zu? 

Stefan Stangl: Der Zoki ist ein super Typ. Er war damals wie ein zweiter Vater für uns. Er hat eine richtig gute Menschenkenntnis und das ist wichtig in dem Bereich. In der Situation, in der Rapid sich gerade befindet, ist er wohl der richtige Mann. Klar, man darf sich jetzt keine Wunder erwarten. Es wird jetzt einfach wichtig sein, zusammenzuhalten und ihm auch die Zeit zu geben. Meiner Meinung nach müsste man halt noch die ein oder andere Position im Verein verändern, dann könnte Rapid wieder zu einem Top-Verein werden. Ich wünsche Rapid nur das Beste! 

Ligaportal: Barisics plötzlicher Rauswurf kam wohl auch für euch Spieler aus dem Nichts. Wie hast du damals davon erfahren? 

Stefan Stangl: Der Rauswurf vom Zoki kam für mich sehr überraschend, ich habe das damals via SMS erfahren. Das war schon sehr traurig. Er war meine Bezugsperson, hat mich entdeckt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. 

Ligaportal: Einen besonderen Stellenwert in deinem Leben hat wohl auch dein Jugendklub SK Sturm Graz. Wie wahrscheinlich ist es, dass man dich künftig noch einmal im schwarz-weißen Dress auflaufen sieht? Stand eine Rückkehr nach Graz schon einmal im Raum? 

Stefan Stangl: Im vergangenen Winter war ich kurz davor, zu Sturm zurückzukehren. Wir waren bei den Verhandlungen schon sehr weit. Als Grazer hätte ich mir das natürlich sehr gut vorstellen können, aber wir sind damals einfach nicht zusammengekommen. Das Problem war auch, dass Heiko Vogel (damaliger Coach des SK Sturm; Anm. d. Red.) rausgeschmissen wurde. Dann war es finanziell nicht mehr möglich und die Gespräche wurden auf Eis gelegt. Wenn sie den Trainer nicht rausgeschmissen hätten, wäre es finanziell möglich gewesen. 

Ligaportal: Vielleicht kommt Sturm in diesem Sommer auf dich zurück, wenn etwa Gideon Mensah den Verein verlässt und sie einen neuen Linksverteidiger benötigen. 

Stefan Stangl: „Bisher kam aber noch kein Anruf (lacht). Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie Sturm Graz plant. Vielleicht wollen sie auch einen ganz jungen Spieler. Ich habe auch gelesen, dass Gideon Mensah wahrscheinlich zu Salzburg zurückkehren wird. Er ist ein super Spieler, hat eine tolle Saison gespielt. Das muss man respektieren. Da hat der Günter (Kreissl; Anm. d. Red.) einen Glücksgriff gemacht. Im Sommer wird man sehen, ob ich ein Thema sein werde. Ich bin jedenfalls für alles offen. Aber mein erster Ansprechpartner bleibt Slovan Bratislava, weil sie mir ermöglicht haben, dass ich zu meiner Fitness zurückkomme.

Ligaportal: Wie bewertest du das neue Ligaformat in der österreichischen Bundesliga? Patrick Salomon vom SV Mattersburg etwa äußerte sich als Kritiker der Reform und steht mit seiner Meinung nicht alleine da.

Stefan Stangl: Ich würde die Reform auch nicht unbedingt brauchen. Es ist jenen Mannschaften nicht fair gegenüber, die in der Tabelle weiter hinten sind. Im Endeffekt interessiert das die Zuschauer dann nicht mehr. Man sieht es auch an den Besucherzahlen, da kommen vielleicht 2000 Zuschauer in die Stadien. Dazu kommt, dass man sich vorne und hinten nicht auskennt. Mit dem Playoff-System und der Planungsunsicherheit. Sturm Graz kann zum Beispiel nicht planen, weil sie nicht wissen, wann die Saison zu Ende ist. Einmal sind sie Dritter, dann sind sie Fünfter, jetzt haben sie dann vielleicht eine Woche länger Saison. Ich finde das nicht ok. Im Abstiegskampf wird es vielleicht spannender, aber es fehlt einfach die Planungssicherheit. 

Ligaportal: Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft. 

 

Das Gespräch führten Ricarda Hoy und Daniel Ringsmuth 

 

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