Das Topspiel der 31. Bundesliga-Runde zwischen Sturm Graz und Rapid Wien wurde den hohen Erwartungen gerecht. Die beiden Teams lieferten sich ein Duell auf hohem Niveau, das keinen Sieger fand und mit 2:2 endete – der Kampf um den zweiten Tabellenplatz bleibt damit spannend. Ligaportal-Experte Helge Payer analysiert die Begegnung. 

Es war ein Match auf internationalem Niveau. Hätte dasselbe Spiel in England stattgefunden, gäbe es von den Medien einstimmige Lobeshymnen. Rapid ist sehr aggressiv in die Partie gestartet und hatte zunächst mehr Spielanteile. Die Wiener sind schon beim Aufwärmen zu ihren Fans gelaufen, um sie zu begrüßen – Anhänger und Spieler haben sich gegenseitig „aufgezuckert“ die Atmosphäre war phantastisch – Rapid und Sturm haben bekanntlich die besten Fans Österreichs.

Foda muss Abwehr umstellen

Sturm-Trainer Franco Foda musste seine Abwehr umstellen, weil die Außenverteidiger Martin Ehrenreich und Christian Klem ausgefallen sind. Deshalb spielten mit Igor Oschchypko und Wilson Kamavuaka zwei Spieler in der Verteidigung, die derzeit über wenig Spielpraxis verfügen. Das war beim ersten Tor der Hütteldorfer gut zu sehen: Nachdem Schrammel den Ball sehr weit eingeworfen hatte, hat Beric den Ball verlängert und damit gleich acht Grazer ausgespielt. Der Assistgeber Steffen Hofmann ist von Wilson zu halbherzig attackiert worden – er war sich in dieser Situation nicht sicher, ob er Hofmann angreifen oder hinten bleiben soll.

Auch Oschchypko hat beim Gegentor keine gute Figur gemacht, weil er den schnellen Schobesbergern aus den Augen verloren und damit auch das Laufduell gegen ihn verloren hat. In dieser Situation hätte er auch nicht hineinrutschen dürfen. Um Schobersberger einzuholen, braucht man eigentlich schon ein Kleinmoped. Wenn man grätscht, muss man sich sicher sein, dass man den Ball auch trifft. Im Laufe des Spiels konnten sich die beiden Verteidiger aber steigern.

Sturm Rapid99

Standard-Schreck Piesinger trifft

Der Ausgleich der Grazer kam wie aus dem Nichts – auch er ist durch einen schweren Abwehrfehler entstanden. Simon Piesinger hat vor dem Spiel bereits achtmal nach Standardsituationen getroffen, in dieser Hinsicht ist er bei Sturm der Nachfolger von Nikola Vujadinović. Die Hintermannschaft der Rapidler hat ihn sträflich vernachlässigt –man muss aber auch sagen, dass der Freistoß von Thorsten Schick super getreten wurde. Sturm hat bereits zwölf Tore nach Standardsituationen erzielt – das ist Liga-Spitzenwert. Nach dem Ausgleichstreffer wurde Sturm aktiver – das Tor war wie eine Initialzündung, die beiden Mannschaften begegneten sich auf Augenhöhe.

Gratzei lässt sich nicht verunsichern

Die zweite Halbzeit gestaltete sich ähnlich, wie die erste. Rapid war in den ersten 15 Minuten viel aktiver, hatte deutlich mehr vom Spiel und ging auch völlig verdient wieder in Führung – durch einen sensationellen Weitschuss von Thanos Petsos. Christian Gratzei hat nach dem Spiel gesagt, dass ein Tormann heutzutage weiter vorne stehen muss, weil er mit Steilpässen spekulieren muss. Damit hat er schon recht, es ist aber auch wichtig im Auge zu behalten, wer an den Ball kommt. Es ist bekannt, dass Petsos einen guten Schuss hat und immer wieder für ein Tor aus der Distanz gut ist. Beindruckend war aber, dass Gratzei sich davon nicht aus der Ruhe bringen ließ, konzentriert weiterspielte und mit einigen starken Paraden das Unentschieden festhielt.

Fodas Handschrift

Sturm hat – wieder wie aus dem Nichts – ausgeglichen und ist dann wieder besser ins Spiel gekommen. Das Tor ist durch eine Spielweise eingeleitet worden, die Foda bei den Grazern wieder eingeführt hat: Der Ball wurde über mehrere Stationen kontrolliert nach vorne gespielt und im Angriffsdrittel mit One-Touch-Pässen schnell weitergeleitet – ein Angriff, wie aus dem Lehrbuch.

Daraufhin ging es hin und her. Rapid hat zwar mehr Torschüsse abgegeben, die Grazer waren nach dem erneuten Ausgleich trotzdem ebenbürtig. Hervorheben möchte ich bei den Wienern Steffen Hofmann und Philipp Schobesberger. Während Schobersberger mit seiner Schnelligkeit und Dribbelstärk eine große Zukunft blüht, kämpft Hofmann noch immer bis zum Umfallen – trotz seiner 34 Jahre.

"No balls, no game" - Euer Helge.

Foto: Richard Purgstaller