Wahnsinn! Das Europacup-Märchen des FC Salzburg geht in die nächste Runde. Eine Woche nach der 2:4-Niederlage im Viertelfinal-Hinspiel bei Lazio Rom starteten die Salzburger in der ausverkauften Red Bull Arena eine sensationelle Aufholjagd und feierten gegen die favorisierten Italiener einen fulminanten 4:1-Heimsieg. Munas Dabbur, Amadou Haidara, Hee-Chan Hwang und Stefan Lainer erzielten binnen magischer zehn Minuten vier Tore und ließen die Red Bull Arena beben. Damit stiegen die Salzburger mit einem Gesamtscore von 6:5 ins Halbfinale auf. Der Halbfinal-Gegner der Salzburger wird am morgigen Freitag, den 13. April um 12 Uhr im schweizerischen Nyon ausgelost.

 

Salzburg muss auf den gelbgesperrten Samassekou verzichten – Hwang kehrt in die Startelf zurück

Salzburg-Trainer Marco Rose nahm im Vergleich zum Hinspiel in Rom zwei personelle Änderung vor. Der zuletzt gesperrte Hee-Chan Hwang rotierte für Fredrik Gulbrandsen in die Startelf der Bullen. Außerdem ersetzte Reinhold Yabo den gelbgesperrten Diadie Samassekou. Xaver Schlager nahm ihn der gewohnten Mittelfeldraute die Position des Sechsers ein. Reinhold Yabo startete heute als Zehner hinter den beiden Spitzen Hwang und Dabbur. Lazios Coach Simone Inzaghi sah sich zu keiner Umstellung gezwungen und schickte seine zuletzt siegreiche Elf auf den Platz.

Salzburg hat mit italienischer Menschenmauer zu kämpfen

Die Bullen hatten von Beginn an viel Ballbesitz und erspielten sich prompt die erste Chance des Spiels: Schlager bediente mit einem idealen Pass durch die Schnittstelle Hwang, dessen Schuss von der Strafraumgrenze Lazio-Schlussmann Strakosha stark entschärfte (5.). Gästetrainer Inzaghi war mit der Leistung seiner Mannschaft in der Anfangsphase nicht zufrieden und gestikulierte phasenweise weit außerhalb der Coaching-Zone wild umher. Defensiv präsentierte sich seine Mannschaft aber sattelfest und ließ gegen die optisch leicht überlegenen Salzburger nichts zu. Salzburg operierte in der ersten halben Stunde oft mit hohen Bällen und probierte so, die dicht gestaffelte Defensive der Gäste auszuhebeln – allerdings erfolglos.

Das Spielgerät hatten so gut wie ausschließlich die Hausherren, die damit aber recht wenig gegen die italienische Menschenmauer anzufangen wussten. So musste eine Standardsituation für halbwegs Gefahr sorgen: Nach einer Ulmer-Ecke kam Caleta-Car zum Kopfball, setzte diesen aber doch deutlich vorbei (36.). Erst kurz vor dem Pausenpfiff nahm das Spiel an Fahrt auf: Zunächst war Immobile völlig freistehend an Walke gescheitert (43.), ehe wenige Augenblicke später Andreas Ulmer aus spitzem Winkel nur knapp verfehlte (44.). So ging eine eher ereignisarme erste Halbzeit mit einem torlosen Remis zu Ende.

Fulminante zehn Minuten lassen Salzburg jubeln

Ohne personelle Veränderungen kehrten beide Mannschaften zurück auf das Spielfeld. Wenige Augenblicke nach Wiederbeginn war die Hintermannschaft der Hausherren kurz nicht aufmerksam genug und wurde dafür fast bestraft: Ein langer Ball von Felipe landete bei Torjäger Immobile, der zum zweiten Mal an diesem Abend völlig freistehend an Walke scheiterte (48.). Die dritte Großchance ließ sich der Torjäger aber nicht mehr entgehen: Luis Alberto schickte mit einem sehenswerten Steilpass Immobile auf die Reise, der in den Strafraum zog und das Leder unhaltbar ins rechte Kreuzeck zirkelte – 0:1 (55.). Die Antwort der Hausherren ließ aber nicht lange auf sich warten: Dabbur setzte sich an der Strafraumgrenze gleich gegen mehrere Gegenspieler durch und zog einfach mal ab. Sein Schuss wurde unhaltbar zum 1:1-Ausgleich abgefälscht – 1:1 (56.). Ein Treffer, der den Salzburger Auftrieb gab. In der Folge hatten die Hausherren nämlich die deutlich besseren Chancen: Xaver Schlager probierte es etwa mit einem Gewaltschuss aus großer Distanz, den Strakosha mühevoll entschärfte (66.). Wenige Zeigerumdrehungen später verfehlte Hwang per Kopf nur um Zentimeter (70.).

Es sollten die wohl verrücktesten Minuten in der Vereinsgeschichte der Salzburger folgen: Zunächst platzierte Haidara einen Distanzschuss exakt im linken unteren Eck und stellte auf 2:1 (72.), ehe nur wenige Augenblicke später die Red Bull Arena bebte: Ein völlig missratener Pass eines Lazio-Spielers landete bei Hwang, dessen Abschluss unhaltbar zum 3:1 abgefälscht wurde (74.). Doch es sollte noch besser kommen: Ramalho verlängerte einen Berisha-Eckball Richtung zweite Stange, wo Stefan Lainer völlig unbedrängt zum 4:1 einköpfte – UNFASSBAR (76.). In der Schlussphase warfen die Italiener alles nach vorne, doch der Treffer zum 4:2 wollte ihnen nicht mehr gelingen. So ging eine magische Nacht mit einem Salzburger Erfolg zu Ende. 

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Stimmen zum Spiel

Salzburg-Coach Marco Rose gegenüber Sky: „Es war spektakulär und hat Spaß gemacht. Wir wollten ein besonderes Spiel für die Leute hier spielen, unabhängig vom Ergebnis und dass wir sie jetzt so glücklich nach Hause schicken können und uns belohnt haben, ist Top. Vor dem Spiel war ich sehr emotional, war 90 Minuten auf einem hohen Niveau und bin nie aus dem Hamsterrad rausgekommen. Die Jungs haben es so auf den Platz gebracht, wir wollten in einen Tunnel rein und schauen, was nach 90 Minuten steht. Jetzt ist es ein Sieg und darauf sind wir stolz. Dass sie zurückkommt zeichnet die Mannschaft aus, diese Mentalität. Wir haben zuletzt zwei Spiele keine Ergebnisse gehabt und trotzdem tritt die Mannschaft heute so auf. Sie ist bereit zu investieren und damit erarbeitet man sich das Glück – zwei abgefälschte Tore und zweimal Walke überragend gehalten, aber für mich trotzdem hinten raus ein verdienter Sieg.

Salzburg-Kapitän Alexander Walke bei Sky: „Es ist schon ein kleines Wunder. Nach dem 0:1 so zurückzukommen. Unglaublich, was die Mannschaft heute geleistet hat. Ein ‚Sahnetag‘ gepaart mit Mentalität, Wille und Mut. Wir haben uns für unseren Aufwand belohnt und alles was wir in dieser Europa League Saison investiert haben. Es war natürlich in der einen oder anderen Situation knapp. Ich spüre einfach Freude, weil wir uns das erarbeitet haben. Egal wo es hingeht, nur Freude und Bock drauf.“

Stefan Lainer am Sky-Mikro: „Ein unfassbares und unglaubliches Erlebnis. Wir haben gewusst, dass die Chancen da sind, auch gewusst, dass die Chance klein ist. Wir wollten heute eine Leistung bieten, damit jeder zufrieden aus dem Stadion geht. Wie ein Märchen. Mein Tor ist ein absolutes Highlight meiner Karriere, bei so einem Spiel zu treffen. Atletico ist eine Klasse für sich, wir wollen versuchen ins Finale zu kommen, Atletico würde das schwerste Los sein.“

UEFA Europa League, Viertelfinale, Rückspiel

FC Salzburg - Lazio Rom 4:1 (0:0)

Red Bull Arena, Salzburg; 29.520 Zuschauer; SR Skomina (SLO)

Tore: Dabbur (56.), Haidara (72.), Hwang (74.), Lainer (76.) bzw. Immobile (55.)

FC Salzburg: Walke (C) – Lainer, Ramalho, Caleta-Car, Ulmer – Schlager – Haidara, Yabo (84./Minamino), Berisha – Hwang (79./Gulbrandsen), Dabbur

Lazio Rom: Strakosha – Luis Felipe, De Vrij, Radu – Basta (60./Lukaku), Parolo, Lucas Leiva (77./Nani), Milinkovic-Savic (69./Felipe Anderson), Lulic (C) – Immobile, Luis Alberto

 

Foto: GEPA pictures/Red Bull Media

 

Aus Salzburg

Daniel Ringsmuth