Nach einer irren Aufholjagd hat der frühere UEFA-Cup-Sieger Zenit St. Petersburg das Aus in der dritten Qualifikationsrunde der Europa League am Donnerstagabend noch abgewendet. Nach dem 0:4 in der Vorwoche gewann Zenit das Rückspiel gegen Dynamo Minsk mit 8:1 (4:0, 1:0) nach Verlängerung. Der Sport-Informations-Dienst (SID) blickt zurück auf einige der größten Comebacks der Europapokalgeschichte. Jetzt Fußballreise buchen!

Carl Zeiss Jena - AS Rom 0:3/4:0, Saison 1980/81, 1. Runde Europapokal der Pokalsieger:

Der spätere Bayern-Coach Carlo Ancelotti trug sich beim klaren Hinspielsieg der Römer in die Torschützenliste ein. Im Rückspiel erlebten die Giallorossi aber einen schlimmen Abend im Ernst-Abbe-Sportfeld gegen die vom jungen Hans Meyer trainierten Thüringer. Der Weg von Carl Zeiss endete erst im Endspiel gegen Dynamo Tiflis.

1. FC Kaiserslautern - Real Madrid 1:3/5:0, 1981/82, Viertelfinale UEFA-Pokal:

Fiasko für das weiße Ballett: In der hitzigen Atmosphäre des Betzenbergs ging das große Real förmlich ein. Drei Platzverweise und fünf Gegentore waren die nackten Zahlen eines denkwürdigen Abends. Ein gewisser Friedhelm Funkel traf zweimal für den FCK, die Fans der Roten Teufel sangen: "Zieht den Spaniern die Badehosen aus!"

Partizan Belgrad - Queens Park Rangers 2:6/4:0, 1984/85, zweite Runde UEFA-Pokal:

Nachdem die QPR im Hinspiel mit einem Mann weniger ein 1:2 in ein 6:2 verwandelte, waren sich die Engländer ziemlich sicher, Klubgeschichte geschrieben und das Achtelfinale erreicht zu haben. Im Hexenkessel von Belgrad kam es aber zu einer unerwarteten Aufholjagd.

Real Madrid - Borussia Mönchengladbach: 1:5, 4:0, Saison 1985/86, Achtelfinale UEFA-Pokal:

An einem bitterkalten Novemberabend ging Real im Düsseldorfer Rheinstadion unter, das Gegentor durch Rafael Gordillo sollte sich für Gladbach aber fürchterlich rächen: Im Rückspiel trafen Jorge Valdano und Carlos Santillana jeweils doppelt, das entscheidende 4:0 der Königlichen fiel erst in der 89. Minute. Real holte im Finale gegen den 1. FC Köln den Cup, Gladbachs Trainer Jupp Heynckes gewann seinen ersten Europapokal als Chefcoach erst 1998 - mit Real.

Bayer Uerdingen - Dynamo Dresden 0:2/7:3, 1985/1986, Viertelfinale Europapokal der Pokalsieger:

Das "Wunder von der Grotenburg": Uerdingen ist nach einem 0:2 im Hinspiel und einem 1:3-Halbzeitrückstand praktisch ausgeschieden. Doch Dynamo-Torhüter Bernd Jakubowski muss verletzt raus, sein unerfahrener Stellvertreter Jens Ramme kassiert sechs Tore. "Es herrschte pure Angst", berichtet Dresdens Trainer Klaus Sammer, der seinen Job verliert. Ramme erhält Morddrohungen.

Werder Bremen - Spartak Moskau, 1:4/6:2 n.V, 1987/88, Achtelfinale UEFA-Pokal:

In den späten 80ern begründete sich der Europapokal-Mythos des SV Werder, zu dem das denkwürdige Rückspiel gegen Spartak maßgeblich beitrug. Beim ersten "Wunder von der Weser" drehte das Team von Otto Rehhagel ein 1:4 aus dem Hinspiel. Karlheinz Riedle und Manfred Burgsmüller trafen in der Verlängerung.

Bayer Leverkusen - Espanyol Barcelona, 0:3/3:0, 3:2 i.E., Finale UEFA-Pokal:

Als das UEFA-Pokal-Finale noch im Hin-und Rückspiel-Modus ausgetragen wurden, legte auch Leverkusen ein furioses Comeback hin. Bis zur 57. Minute im Rückspiel stand es 0:0, der Pokal schien schon nach Spanien zu gehen. Tita, Falko Götz und Bum-Kun Cha stellen alles wieder auf null, im Elfmeterschießen wurde Bayer-Torwart Rüdiger Vollborn zum Helden.

Werder Bremen - Dynamo Berlin 0:3/5:0, 1988/1989, 1. Runde Europapokal der Landesmeister:

Im Hinspiel hatten sich die Bremer bis auf die Knochen blamiert. Im Rückspiel kam es zum zweiten "Wunder von der Weser". Womöglich ein Grund: Noch wenige Stunden vor dem Spiel hatten die Berliner in ihren weinroten Trainingsanzügen einen Einkaufsbummel im kapitalistischen Westen hinter sich gebracht. Organisiert vom Bremer Manager Willi Lemke. Der Ablenkungsplan geht auf - Bremen kommt weiter.

Karlsruher SC - FC Valencia 1:3/7:0, 1993/1994, 2. Runde UEFA-Pokal:

Das "Wunder vom Wildpark" und die Geburt von "Euro-Eddy". 1:3 hatte der KSC das Hinspiel beim spanischen Tabellenführer verloren, doch davon ließ sich das Team von Winfried Schäfer nicht entmutigen. Der polnische Schiedsrichter Zbigniew Przesmycki musste sogar den Anstoß wiederholen lassen - drei KSC-Spieler waren schon vor dem Pfiff in den Mittelkreis gestürmt. Und sie ließen nicht nach: Nach 63 Minuten stand es 6:0 - viermal hatte Edgar Schmitt getroffen. Nach dem Spiel seines Lebens wurde der Stürmer seinen Spitznamen nicht mehr los.

Werder Bremen - RSC Anderlecht 5:3, 1993/1994, Gruppenphase Champions League:

Werder-Wunder, die Dritte: Am 8. Dezember 1993 wird Bremen eine Halbzeit lang von den Belgiern "vorgeführt wie noch nie im Europacup" (Uli Borowka). Nach 65 Minuten steht es 0:3. Doch Wynton Rufer (2), Bernd Hobsch, Rune Bratseth und Marco Bode sorgen binnen 24 Minuten für die Wende. Rehhagel kommentiert: "Freunde, was sucht ihr nach Erklärungen? Freut euch doch lieber, dass der Fußball so ist." Den Halbfinal-Einzug verpasste Werder trotzdem.

VfB Stuttgart - Feyenoord Rotterdam 3:0/1:3, 1998/99, 1. Runde UEFA-Pokal:

Eigentlich ging nichts mehr für den VfB, nachdem der spätere Stuttgarter Jon Dahl Tomasson im Hinspiel im Ländle doppelt getroffen hatte. In der kurzen Amtszeit von Winfried Schäfer beim VfB wurde das Rückspiel zum Highlight, Fredi Bobic trifft in der Schlussminute des Rückspiels und lässt De Kuip verstummen.

Manchester United - Bayern München 2:1, 1998/1999, Finale Champions League:

Betreuer der Bayern schleppen schon Champagner herbei, die Mützen mit der Aufschrift "Champions-League-Sieger 1999" liegen bereit. Doch nach albtraumhaften 102 Sekunden werden auf der Pressetribüne Hunderte Texte gelöscht, die Mützenkiste verschwindet wieder. Teddy Sheringham (90.+1) und Ole Gunnar Solskjaer (90.+3) haben die Bayern aus allen Träumen gerissen. "Die zwei unglaublichsten Minuten des Fußballs", schreibt die englische Zeitung The Sun. "Die Bayern haben geguckt, als hätten sie einen Flugzeugabsturz gesehen", sagte United-Teammanager Sir Alex Ferguson.

Werder Bremen - Olympique Lyon 0:3/4:0, 1999/2000, 2. Runde UEFA-Pokal:

Nach einem Doppelpack des Brasilianers Sonny Anderson standen die Werderaner im Rückspiel mit dem Rücken zur Wand. Doch das Team von Thomas Schaaf spielte im Weserstadion alles oder nichts und zog doch noch ins Achtelfinale ein. Der ewige Claudio Pizarro, damals noch zarte 21 und in seiner ersten Werder-Saison, schoss die Norddeutschen mit dem 4:0 in der 77. Minute eine Runde weiter.

Deportivo La Coruna - AC Mailand 1:4/4:0, 2003/04, Viertelfinale Champions League:

Nach Toren von Kaka (2), Andrej Schewtschenko und Andrea Pirlo rechnete niemand mehr damit, dass sich das abgeklärte Milan den Einzug ins Halbfinale der Königsklasse noch nehmen lassen würde. Depor überrollte die Italiener im Rückspiel aber regelrecht.

FC Liverpool - AC Mailand 3:3 (3:3, 0:3) n.V. 3:2 i.E., 2004/2005, Finale Champions League:

Das "Wunder von Istanbul" prägt Liverpools Selbstverständnis bis heute: Eine Halbzeit lang werden die Engländer von Teammanager Rafael Benitez im Champions-League-Finale von den Italienern vorgeführt. Paolo Maldini und zweimal Hernan Crespo sorgen für die scheinbar beruhigende Führung. Doch nach einer Systemumstellung und der Einwechslung von Didi Hamann dreht das Spiel komplett. Innerhalb von nur 15 Minuten machen die Reds aus einem 0:3 ein 3:3 - und setzen sich schließlich im Elfmeterschießen durch. Hamann verwandelt den ersten Elfer für die Reds.

Borussia Dortmund - FC Malaga 0:0/3:2, 2012/2013, Viertelfinale Champions League:

Nach dem 0:0 in Spanien liegt der BVB 2013 auf dem Weg nach Wembley im Viertelfinal-Rückspiel 1:2 hinten, als die Nachspielzeit anbricht. Dann treffen Marco Reus sowie Felipe Santana und lassen das Westfalenstadion in seinen Grundfesten erzittern. "Wir standen alle kurz vor dem Herzinfarkt", sagt Trainer Jürgen Klopp. Held Santana wird später sogar der Wechsel zum Erzrivalen Schalke 04 nachgesehen.

Zenit St. Petersburg - Dynamo Minsk 0:4/8:1 n.V., 2018/19, 3. Runde Qualifikation Europa League :

Die Russen spielten im Rückspiel ab der 72. Minute nach der Gelb-Roten Karte gegen Leandro Paredes in Unterzahl - die Aufholjagd schien beim Stand von "nur" 2:0 nach der 0:4-Demontage im Hinspiel beendet. Doch Zenit machte einfach weiter: Drei Tore gingen in der Folge auf das Konto von Russlands WM-Held Artjom Dschjuba (75./78./115., Foulelfmeter), in der Nachspielzeit der Verlängerung war zweimal der eingewechselte frühere Nürnberger Robert Mak (120.+2, Foulelfmeter/120.+3) erfolgreich.

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SID