Thomas Tuchel sieht einen direkten Zusammenhang zwischen seiner Entlassung bei Borussia Dortmund und dem Mitte April 2017 erfolgten Anschlag auf die Mannschaft des Fußball-Bundesligisten. Das erklärte der 44-Jährige am Montag bei seiner Aussage im Prozess gegen den Attentäter Sergej W. vor dem Landgericht Dortmund. Jetzt Fußballreise buchen!

"Davon würde ich ausgehen", sagte Tuchel auf die Frage des Oberstaatsanwaltes Carsten Dombert, ob er ohne das Attentat am 11. April über den Sommer hinaus BVB-Trainer geblieben wäre. Hintergrund ist der Streit mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke über den richtigen Umgang mit dem Anschlag am Abend des Viertelfinal-Hinspiels in der Champions League gegen den AS Monaco.

Das Verhältnis zwischen Watzke und Tuchel galt am Ende als zerrüttet, auch wegen Meinungsverschiedenheiten bei diesem Thema. Nach dem Ende der vergangenen Saison trennten sich die Wege von Dortmund und Tuchel, obwohl dieser mit dem BVB den DFB-Pokal gewonnen hatte.

"Aki (Watzke, Anm. Red.) hat das ja öffentlich schon gesagt, dass es großen Dissens gegeben hat. Das stimmte auch so", sagte Tuchel: "Der große Dissens bestand darin, dass ich im Bus saß und Aki nicht. Deshalb gab es auch eine andere Herangehensweise mit dem Umgang. Ohne das Aki jetzt vorhalten zu wollen."

Er selbst spüre keine Nachwirkungen des Attentats, auch keine psychologischen Folgen. Allerdings sei er "absolut davon überzeugt", dass das Erlebnis Auswirkungen auf die Leistungen der Spieler gehabt habe.

"Da war so viel mit umzugehen", sagte Tuchel, der auf ein Gespräch mit einem Experten verwies. Dieser habe erklärt, dass Betroffene nach solchen belastenden Ereignissen drei Tage nicht in ähnliche Situationen gebracht werden sollten: "Wir haben aber am nächsten Tag schon wieder gespielt." Es seien nach dem Attentat viele Gespräche notwendig gewesen, "um eine Atmosphäre zu schaffen, in der wir uns wieder kritisieren konnten", sagte er. Was das Team danach dennoch geschafft habe, sei "erstaunlich".

Der Angeklagte Sergej W. hat inzwischen gestanden, vor der Abfahrt des BVB zum Spiel gegen Monaco am Teamhotel der Dortmunder drei Sprengsätze gezündet zu haben. Er bestreitet allerdings jegliche Tötungsabsicht. Das Motiv soll Habgier gewesen sein, mutmaßlich wollte Sergej W. mit kreditfinanzierten Put-Optionen nach seiner Tat am sinkenden Kurs der BVB-Aktie verdienen.

Die Staatsanwaltschaft wirft W. versuchten Mord in 28 Fällen, das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und schwere Körperverletzung in zwei Fällen vor. Der ehemalige BVB-Innenverteidiger Marc Bartra hatte einen Armbruch und Fremdkörpereinsprengungen erlitten, ein begleitender Polizist ein Knalltrauma.

 

SID