Die dramatischen Szenen rund um den dänischen Superstar Christian Eriksen, der im Rahmen des gestrigen EM-Spiels zwischen Dänemark und Finnland kurz vor der Pause zusammengebrochen war, versetzten die Fußballwelt in Angst und Schrecken. Minutenlang musste der 29-Jährige auf dem Feld behandelt werden - sogar eine Herzdruckmassage war notwendig, um die ernste Situation zu entschärfen. 

Kritik an Fortsetzung des Spiels und Kameraführung 

Nachdem Eriksen ins Krankenhaus eingeliefert worden war, gab es bereits gute Nachrichten zu vermelden: Er sei wach und ansprechbar. Anschließend habe er mit seinen dänischen Mannschaftskollegen per Videochat gesprochen und sie dazu ermutigt, die Partie gegen Finnland zu Ende zu spielen. Zur Verwunderung von Millionen Fußballfans wurde das dritte Spiel bei dieser EM auch wieder angepfiffen. Finnland siegte völlig überraschend 1:0. 

Die Wiederaufnahme des Spiels nach diesem dramatischen Zwischenfall sorgte nicht nur bei den Fans, sondern auch bei Spielern und TV-Experten für Verwunderung und Kritik. ZDF-Experte Christoph Kramer meinte etwa: "Der Fehler liegt ja nicht bei Eriksen. Das ist ja aller Ehren wert und auch gut gemeint. Da ist dann auch klar, dass die Spieler weiterspielen wollen. Aber da muss ja irgendeiner von der UEFA sagen: 'Leute, schlaft noch mal eine Nacht drüber.' Es ist der absolute Wahnsinn, dass das Spiel nochmal angepfiffen wird. Das geht nicht", so der Spieler von Borussia Mönchengladbach. 

Heftige Kritik zog auch die Kameraführung bzw. Regiearbeit während der furchtbaren Szenen in Kopenhagen nach sich. Minutenlang wurden die lebensrettenden Maßnahmen im Fernsehen gezeigt. Zwar schirmten die dänischen Fußballer die Szene so gut wie möglich ab, dennoch blieb die Kamera zumeist auf den schrecklichen Ort des Geschehens gerichtet. 

"Wie krank ist die Welt, dass man nicht von sich aus auf die Idee kommt die Übertragung abzubrechen oder zumindest nicht voll drauf zu halten", schreibt ein User. Ein anderer ortet einen "unfassbaren Skandal". „Bei einem Flitzer wird immer weggeschaltet, aber wenn jemand mit dem Tod kämpft, wird voll darauf gehalten. Einfach ekelhaft sowas. Und weil es nicht genug ist, wird die Frau auch gleich gefilmt", wütet ein anderer User. Auch Fußballprofi Marten de Roon von Atalanta Bergamo äußerte sich kritisch zu diesem Thema: "Das bricht mein Herz, das zu sehen. Bitte hört auf, die Bilder von Christian oder seiner Freundin zu zeigen und schaltet die Kameras aus."

Auch im ORF wurden die dramatischen Bilder minutenlang gezeigt. Ein Sprecher des ORF rechtfertigte gegenüber dem Standard: "Der ORF übernimmt das Signal von der UEFA und hat auf die Bildregie keinen Einfluss. Die Wiederholung der Bilder (ausschließlich vom Beginn des Vorfalls) in der Analyse – waren zur Klarstellung für das Publikum, dass es sich nicht um ein Foul handelte und um den Gesamtkontext im Spielverlauf zu erklären. Selbstverständlich gilt, dass der ORF keine die Menschenwürde verletzenden Bilder zeigt."

Zudem musste sich auch das ZDF rechtfertigen: "Das ZDF ist mit dem tragischen Zwischenfall beim Spiel Dänemark-Finnland verantwortungsvoll umgegangen. Béla Réthy hat einfühlsam aus dem Stadion reportiert, die Kollegen im Studio die richtigen Worte gefunden. Ich kann auch keine Kritik an der internationalen Regie der UEFA üben. Als sich das Ausmaß der schweren Verletzung abzeichnete, gab es keine Naheinstellungen oder andere unpassende Bilder", sagte Sportchef Fuhrmann der DPA. 

 

von Ligaportal, Foto: SID