Geschäftsführer Andreas Rettig vom Zweitligisten FC St. Pauli fordert in der Strukturdiskussion um den Deutschen Fußball-Bund (DFB) eine neue Moralinstanz. "Wir brauchen neutrale Instanzen und eine Struktur mit professioneller Führung, die glaubwürdig Werte abseits eigener oder parteipolitischer Interessen verkörpern", sagte der 55-Jährige im Fachmagazin kicker. Zudem hinterfragte er die Rolle von DFB-Präsident Reinhard Grindel. Jetzt Fußballreise buchen!

"Ein CDU-Politiker als DFB-Präsident, dessen Verband die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung für ein Briefing der Nationalspieler auf die WM 2018 beauftragt: Wäre bei einer SPD-Führung die Friedrich-Ebert-Stiftung zum Zuge gekommen?, fragte Rettig, der im Profifußball außerdem eine "emotionale Entfremdung" ausmacht.

"Es ist ein Fehler, den Blick nur auf den Auslastungsgrad im Stadion zu legen, der zudem durch die No-Show-Raten (verkaufte, aber nicht genutzte Tickets, d. Red.) ein verzerrtes Bild abgibt", sagte Rettig: "Wo heute - auch beim FC St. Pauli - Sponsorenteppiche auf dem Spielfeld liegen, gab es früher Vorspiele von Jugendteams. Das war oft der Beginn einer emotionalen Nähe zum Klub. Mehr Demut in der öffentlichen Darstellung auch bei Social-Media-Auftritten von Spielern würde zu einer engeren emotionalen Bindung zwischen Fan und Verein beitragen."

In der Deutschen Fußball Liga (DFL), in der Rettig einst selbst Geschäftsführer war, sieht der Manager "keine Sportkompetenz mehr auf Geschäftsführerebene". Es fehle "ein klares Bekenntnis zum Kerngeschäft", sagte Rettig: "Dass keiner der DFL-Vertreter im DFB-Präsidium sportliche Verantwortung in einem Lizenzverein trägt, ist bezeichnend. Gesamtgesellschaftlich sollte sich der Profifußball an die Spitze einer Sportbewegung setzen, um ihm allgemein eine größere Bedeutung zukommen zu lassen. Wenn Grundschüler heute keine Rolle rückwärts mehr machen können, spricht das Bände. Hier könnten frühere Profis in den Schulunterricht integriert werden."

 

SID