Der frühere Fußball-Bundesliga-Trainer Winfried Schäfer wünscht sich in der anhaltenden Diskussion um die massiv in der Kritik stehende Weltmeisterschaft in Katar im Winter 2022 eine differenzierte Betrachtung. "Ein moralischer Aufschrei ist erst einmal gut. Aber wie so häufig wird es komplizierter, wenn man genauer hinschaut. Mir fehlt da manchmal die nötige Tiefe in der Diskussion", sagte der 71-Jährige der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS).
Die WM 2022 in Katar steht massiv in der Kritik (Foto: SID)

Die WM 2022 in Katar steht massiv in der Kritik (Foto: SID)

Seiner Erfahrung nach werde es schwer, außerhalb Europas die Menschenrechtsstandards zu finden, "die wir für selbstverständlich halten", sagte Schäfer, der seit Januar bei Al-Khor SC in Katar tätig ist und Verbesserungen vor Ort wahrnimmt.

"Es wurden Räume geschaffen, wo sich eben nicht nur die vielen Expats, sondern auch die Einheimischen begegnen, wie man es vom Westen gewohnt ist", sagte Schäfer: "Diese Annäherung war eine bewusste Entscheidung. Katar, die Emirate und viele andere Länder in der Region haben sich wie gesagt für ein besseres und engeres Miteinander mit dem Westen entschieden."

Die Menschenrechtsverletzungen im Wüstenstaat sorgen ein Jahr vor der WM vor allem in Europa für Diskussionen. Im November kritisierte Amnesty International erneut die Arbeitsbedingungen für Bauarbeiter in dem Emirat. Bei der Jahreshauptversammlung des deutschen Rekordmeisters Bayern München war es zu Tumulten gekommen, nachdem ein Antrag zur Beendigung des Qatar-Airways-Sponsorings abgeschmettert worden war.

Die Beziehung zum Westen sei "sehr wichtig, und ich glaube, man versucht sehr wohl, vieles im Sinne besserer Arbeits- und Lebensumstände zu verändern", sagte Schäfer: "Das habe ich sowohl in Katar als auch in den Emiraten erlebt. Da können Schwergewichte wie die Bayern und natürlich der DFB viel bewegen." Wichtig ist Schäfer in der Thematik vor allem der Dialog: "Wir sollten nicht arrogant auftreten, das steht uns auch gar nicht zu, und mit einem Boykott erreicht man nichts."

 

SID