Nach über 90 Jahren zeigt sich immer häufiger, dass das 1931 gebaute Ernst-Happel-Stadion den Ansprüchen als Austragungsort für die Länderspiele der österreichischen Nationalmannschaft nicht mehr genügt. Bisher konnten sich die Stadt Wien als Eigentümer und der Österreichische Fußballbund (ÖFB) jedoch nicht auf einen gemeinsamen Plan einigen. Deshalb ist noch unklar, ob die Zukunft einen Umbau, Abriss oder einen neuen Standort für das Ernst-Happel-Stadion vorsieht.

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Neues Nationalstadion bereits seit Jahren im Gespräch

Nach den zahlreichen Beschwerden von dänischen Spielern über den Zustand des Rasens in der UEFA Nations League kochen die Diskussionen über das Ernst-Happel-Stadion erneut hoch. Bereits seit vielen Jahren gibt es Pläne des ÖFB, das mehr als 90 Jahre alte Stadion umzubauen oder abzureißen. Für den modernen Fußball ist die Arena nicht mehr geeignet und Atmosphäre kommt durch die große Distanz zwischen Fans und Spielfeld kaum auf.

Ein Grund für die Verzögerungen sind die Kosten der Pläne für das Stadion, die im Raum stehen. Jüngste Konzepte sahen ein Budget von 200 bis 400 Millionen Euro vor, das vom Österreichischen Fußballbund und der Stadt Wien geteilt werden müsste. Eine hohe Summe für eine Arena, die nur für die Länderspiele der Nationalmannschaft und andere Veranstaltungen wie Konzerte genutzt wird. Eine schnelle Einigung über die Zukunft des Ernst-Happel-Stadion ist deshalb unwahrscheinlich.

Ernst-Happel-Stadion steht unter Denkmalschutz

Ein weiteres Problem für den ÖFB ist der bestehende Denkmalschutz des Ernst-Happel-Stadions. Dadurch sind sowohl Umbauten als auch ein Neubau deutlich eingeschränkt, denn die Bausubstanz der Arena soll erhalten werden. Die Pläne für einen Abriss wurden vom Bundesdenkmalamt bereits in der Vergangenheit abgelehnt und erschweren die Planung eines neuen Stadions. Ob sich ein Umbau oder Neubau planen lässt, ohne dass große Kompromisse eingegangen werden müssen, bleibt fraglich. An einem anderen Standort wiederum gäbe es fast keine Einschränkungen, die von der Stadt und dem ÖFB beachtet werden müssen.

Großes Areal in Wien für das Stadion verplanen oder für neuen Wohnraum nutzen?

Eine der Fragen für einen Umbau oder Neubau wird sich wohl darum drehen, ob begehrter Wohnraum in Wien für die Sportstätte genutzt werden soll. So spricht die Österreichische Nationalbank von einer deutlichen Überhitzung des Wohnungsmarktes in Wien. Ein Abriss des Ernst-Happel-Stadions könnte Raum für Wohnungen schaffen und zu einer Erleichterung des Andrangs auf dem Immobilienmarkt führen. Zudem könnte man die Verkehrssituation in Wien zu Stoßzeiten verbessern, wenn Zehntausende Zuschauer sich nicht mehr gleichzeitig auf den Weg zum Stadion machen.

Ausweichmöglichkeiten für einen neuen Standort gibt es in der erweiterten Umgebung von Wien durchaus. So befinden sich für das Stadtentwicklungsgebiet Aspern, unweit vom Ernst-Happel-Stadion entfernt, zahlreiche Wohnungen, Geschäfte und Freizeitaktivitäten im Aufbau. Auf der anderen Seite der Donau besteht noch genügend Freiraum für den Bau einer größeren Arena und das neue Stadion könnte optimal in die Entwicklung der Seestadt integriert werden. Der ÖFB plant für den Stadtteil bereits die Errichtung eines Trainingszentrums, sodass sich Aspern für ein Stadion anbietet. Ein Umzug an einen weiter entfernten Standort erscheint jedoch unwahrscheinlich.

Welche Zuschauerkapazität soll das neue Stadion haben?

Der Grund für die Ausrichtung der ÖFB-Länderspiele im Ernst-Happel-Stadion ist die größere Zuschauerkapazität im Vergleich zum Allianz-Stadion von SK Rapid Wien mit 28.000 Plätzen oder der Generali-Arena von FK Austria Wien mit 17.000 Plätzen. Mit wenigen Länderspielen in dem Stadion wird die Kapazität von knapp 50.000 Zuschauern aber nicht immer ausgelastet. Andere Veranstaltungen wie Konzerte der Toten Hosen rechtfertigen die aktuelle Zahl von Plätzen ebenfalls nicht.

Auch mit digitalen Marketingkampagnen bleibt fraglich, ob 50.000 Zuschauer für jedes Heimspiel der österreichischen Nationalmannschaft realistisch sind. Mit der Zahl der Plätze steigen zudem die Kosten für Stadionprojekt, sodass unklar ist, ob die alte Kapazität beibehalten oder sogar gesteigert werden soll. Gibt es jedoch keinen deutlichen Unterschied zum Allianz-Stadion, wird sich mancher Bürger fragen, ob die Hunderte von Millionen Euro für die neue Arena nicht in anderen Bereichen besser investiert wären.