Knalleffekt in Wels! Trainer-Duo zurückgetreten

Nach zweijähriger erfolgreicher Tätigkeit beim Frauen-Team des FC Wels trat das Trainer-Duo, Mag. Dr. Rudolf Federmair/Norbert Gruber, aus beruflichen Gründen zurück. Kurz vor dem wohlverdienten Urlaub des nunmehrigen Ex-Trainers führte Helmut Pichler mit Dr. Federmair ein ausführliches Gespräch. Dabei sprach der erfahrene Coach unter anderem über seine Bilanz, die Entwicklung im oberösterreichischen Frauenfußball und die Medien-Problematik.

Herr Dr. Federmair, nach dem OÖ Cupsieg 2011 und Rang vier in der 2. Liga Mitte/West scheiden sie als Erfolgstrainer nach zwei Jahren vom FC Wels, wie zufrieden sind sie selbst?

"Ich sehe mich nicht unbedingt als Erfolgstrainer, vielmehr war mir das riesige Potenzial, das im Frauenfußball allgemein und in "meinen Mädchen" im Besonderen steckt, nach kurzer Zeit klar. Sonst hätte ich die Aufgabe nicht übernommen. Übrigens habe ich das auch nie bereut, auch wenn ich in den vergangenen Wochen mehrmals Lust gehabt hätte, alles hin zu werfen. (Anmerkung: unterhaus-Artikel: „Misst der Computer…).
Das Team (A und 1b) hat sich tatsächlich in den zwei Jahren unserer Arbeit , auch mein äußerst geschätzter Kollege und Co-Trainer Norbert Gruber und Mädchentrainer Günther Ziegler sind ja zurückgetreten, enorm gesteigert, technisch, taktisch und körperlich."

Echte Fans wissen um Ihre Qualitäten, hat ihr Team versucht, sie umzustimmen und zum Weitermachen zu bewegen?

"Natürlich haben das einige versucht, gleichzeitig verstehen sie aber auch meine Beweggründe. Wir haben dem Team auch versprochen, soweit es zeitlich möglich ist, in Notfällen (z. B. bei Trainings) auch in Zukunft auszuhelfen. Im Moment sind viele Spielerinnen natürlich schwer enttäuscht und sehen die Mannschaft auseinanderbrechen. Es geht jetzt aber darum, geeignete Nachfolger zu finden und an einem Strang zu ziehen, dann traue ich beiden Teams einen Platz im Mittelfeld der jeweiligen Liga zu."

Welche Ereignisse außer dem Abschneiden in dieser Saison stufen sie selbst als die größten Positiva ein?

"Einzelne Siege über starke Gegner wie Kleinmünchen und Innsbruck 1 b  im Vorjahr, heuer auch der Erfolg im  letzten Meisterschaftsspiel gegen Garsten. Da hat unser Team gezeigt, was in ihm steckt. Was mich jedoch am meisten beeindruckt hat, ist die Tatsache, dass sich einzelne Mädchen individuell enorm gesteigert haben, unser Wissen und unsere Erfahrung wie ein Schwamm aufgesaugt haben."

Andererseits, womit waren sie in den zwei Jahren überhaupt nicht einverstanden, haben sie ihr Engagement zwischenzeitlich auch bereut?

"Bereut habe ich mein Engagement nie. Gestört hat mich allerdings zuletzt die Behäbigkeit mancher Akteurinnen, was dem Team nicht gerade geholfen hat und auch das Gefühl, dass man trotz allem die Chance vergeben hat, langfristig eine österreichische Spitzenmannschaft zu werden. Dafür müssen aber wirklich alle an einem Strang ziehen, muss es immer vollen Einsatz geben, darf es keine Eifersüchteleien und kleinliche Rivalitäten geben, muss „frau“ und „ man“ Eigenheiten anderer akzeptieren. Da haben einige noch etwas zu lernen."

Worin sehen sie den größten Handlungsbedarf für die oberösterreichischen Spitzenvereine, die Spielerinnen, FunktionärInnen und den OÖFV?

"Es hat sich in den vergangenen Jahren ja schon einiges getan, das muss man deutlich sehen und anerkennen. Was aber noch ganz klar fehlt, ist die Dichte und Homogenität. Derzeit ist das Gefälle zwischen den Leistungsklassen, den Teams einer Liga, ja sogar innerhalb der Mannschaften, noch viel zu groß. Das wird sich nur verbessern, wenn Frauenfußball zur Normalität wird. Ein bisserl werden die Mädchen immer noch belächelt, völlig zu Unrecht."

Sehen sie in absehbarer Zeit die Chance, dass Frauenfußball in Oberösterreich annähernd wieder die Bedeutung  der 90-er Jahre erreicht?

"Der Frauenfußball in Oberösterreich ist auf einem guten Niveau, aber vielleicht wird rundherum im Bundesgebiet einfach noch intensiver gearbeitet, und in ganz Österreich halt noch weit  mehr."

Was wünschen sie dem FC Wels für die Zukunft?

"Den Mädchen wünsche ich, dass sie den positiven Weg, den wir gemeinsam eingeschlagen haben, auch ohne uns weitergehen werden. Und dem FC Wels wünsche ich neben einer neuen Heimstätte mit besseren Trainingsbedingungen für die vielen Nachwuchsmannschaften, dass man erstens auch in der kommenden Saison "oben" spielt und in absehbarer Zeit, wie es sich für eine der größten Städte Österreichs gehört, noch höher hinaufkommt."

Was wollten sie den Medien in Oberösterreich eigentlich schon immer über den Frauenfußball klarmachen?

"Die Mädels hätten es sich verdient, öfter deutlich in den Medien erwähnt zu werden. Derzeit rangieren sogar die österreichischen Frauen-Topteams  in der Berichterstattung unverständlicherweise hinter den untersten Männerligen. Eigentlich ist das eine Schande, ich bin nicht sicher, ob es so viele Männerteams gibt, die wie wir mit durchschnittlich 20 Spielerinnen dreimal in der Woche trainieren."

Ihre nächsten Pläne?

"Jetzt fahre ich für ein paar Tage auf Urlaub, gerade habe ich ihn um eine Stunde verschoben. Aber es war mir wichtig, ihre Fragen noch vorher zu beantworten."

Dann wünsche ich ihnen für alle ihre Unternehmungen alles Gute und bedanke mich für das Interview  in „letzter Minute“!


Dr. Helmut Pichler

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