"Schwarzgeld ist der vorprogrammierte Tod!" - Heiße Diskussionen bei hochkarätiger ligaportal-Expertenrunde

Reges Interesse herrschte beim großen Ligaportal-Kongress am vergangenen Freitag im Courtyard Hotel Linz. Zahlreiche Funktionäre nützten das verlockende Angebot einer professionellen Fortbildung zu Themen wie Steuern, rechtlichen Gestaltungs- oder Finanzierungsmöglichkeiten im Fußballverein. Auch die anschließende Expertenrunde, die mit prominenten Gästen wie Ried-Manager Stefan Reiter besetzt war, wurde zu einem vollen Erfolg. Unter der Moderation von LT1-Sportchef Wolfgang Irrer wurde insbesondere die Schwarzgeld-Problematik im österreichischen Fußball diskutiert.

Schwarzgeld im Fußball - ein hochbrisantes und weiterhin brandaktuelles Thema. Auch deshalb war die hochkarätig besetzte Expertenrunde im Anschluss an den großen Ligaportal-Kongress mit jeder Menge Spannung erwartet worden. Stefan Reiter (Manager SV Josko Ried), Jörg Rigger (Präsident SK Vorwärts Steyr), Gernot Zirngast (Chef der Vereinigung für Fußballer), Dr. Karl Irndorfer (Ex-Profi und Unternehmensberater) und Gottfried Kaspar (OÖ Gebietskrankenkasse) diskutierten knapp zwei Stunden, zeigten Missstände auf und lieferten auch Lösungsvorschläge.

Schwarzgeld im Profifußball? "Auszuschließen!"

Einigkeit herrschte bei den Diskussionsteilnehmern, was Schwarzgeldzahlungen im Profibereich betrifft. Ried-Manager Stefan Reiter meinte: "In der höchsten Spielklasse schließe ich Schwarzgeldzahlungen aus. Schließlich gibt es ja zwei Komponenten: Der, der sie bekommt und der, der sie hergibt. Heute ist es für Unternehmen fast nicht möglich, Schwarzgeld zu produzieren. Denn was man auszahlt, muss man vorher auch erwirtschaftet haben." Unternehmensberater Karl Irndorfer sah das ähnlich. In der ersten und zweiten Liga gebe es kaum Schwarzgeldzahlungen. In der zweiten Liga würden sich diese auf etwa neun Prozent belaufen, darunter würden sie kontinuierlich ansteigen, so der Ex-LASK-Profi. Denn: "Je weniger geprüft wird, desto mehr Schwarzgeld gibt es."

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"Der vorprogrammierte Tod!"

Steyr-Präsident Jörg Rigger warnte massiv davor, sich mit Schwarzgeldzahlungen "erpressbar zu machen." Er kennt den Amateurfußball bestens - durchlief er doch mit dem Traditionsverein seit dem Neustart in der achten Liga das gesamte oberösterreichischen Unterhaus. "Schwarzgeldzahlungen sind, egal wo, der vorprogammierte Tod. Davon bin ich felsenfest überzeugt, das muss in die Köpfe hinein. Wenn man nicht jeden Euro genau festhält, ist jedes Budget eine Lüge. Das zieht sich dann wie ein roter Faden durch. Meiner Meinung nach ist bei Vereinen, mit denen es wirtschaftlich bergab geht, Schwarzgeld mit Schuld." Gernot Zirngast, Chef der Vereinigung für Fußballer, sah den Hund auch im Vorfeld der Auszahlungen seitens der Vereine begraben. Oft bekämen die Klubs ihre Gelder versteckt, beispielsweise von Gastwirten. Wenn es nicht in der Buchhaltung stehe, könne man die Gelder als Verein dann aber nicht offiziell auszahlen.
 

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Lizenzierung als Lösung?

Auch bei möglichen Lösungsvorschlägen waren sich die Experten weitgehend einig, wurde stets die Wichtigkeit eines Lizenzierungsverfahrens hervorgehoben. Geht es nach Stefan Reiter, sollte sich dieses nicht nur auf den Profibereich beschränken. Das Lizenzierungsverfahren sei ein Hilfsmittel für die Vereine. Das solle man bis zur letzten Klasse durchführen, meinte der 52-Jährige. Gottfried Kaspar von der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse dazu: "Wir machen mittlerweile auch Prüfungen bei unteren Vereinen."

Doch auch die Verbände werden in die Pflicht genommen. "Es gibt keine Handbücher, wie man einen Verein leitet. Da muss man Module schaffen, die Funktionäre gehören Schritt für Schritt vorgeschult", so Reiter. "Ein Verein ist wie ein Betrieb zu führen. Da muss es einen Leitfaden geben, die Lizenzierung ist allerhöchste Zeit. Man hat schließlich auch bei jedem elektronischen Gerät eine Bedienungsanleitung dabei", schlug Rigger in die gleiche Kerbe.

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Die Tücken der Aufwandsentschädigung 

Ebenfalls auf dem Tagesordnungspunkt stand die viel diskutierte Aufwandsentschädigung für Spieler im Amateurbereich. Sie darf maximal 540 Euro betragen. Gottfried Kaspar von der Gebietskrankenkasse informierte zunächst über die rechtliche Ausgangslage. "Die pauschale Aufwandsentschädigung ist steuer- und sozialversicherungsfrei. Wenn es hingegen ein Fixum oder eine Punkteprämie gibt, muss das bei der Versicherung gemeldet werden." Der Nachteil der Aufwandsentschädigung: Sie ist nicht mit einem Dienstvertrag verbunden. Ein solcher Spieler gilt als Amateurspieler, nicht als Vertragsspieler und "kann jederzeit aufhören, ohne, dass der Verein eine Handhabe hätte", fügte Gernot Zirngast hinzu. Weiters zu beachten: Der Spieler müsse gleichzeitig einem Hauptberuf nachgehen, dürfe nicht arbeitslos sein und müsse seinen Wohnsitz in Österreich haben, stellte Kaspar klar. 

"Ein verhunztes Konstrukt!"

Karl Irndorfer hält wenig von der 540-Euro-Regel: "Die Aufwandsentschädigung ist ein verhunztes Konstrukt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie bei einem Verfassungsgericht halten würde. Das sind Begünstigungen, die es in keinem anderen Berufsfeld gibt. Kaspar sah das anders, verwies auf 28 Bezugsarten, die als sozialversicherungsfrei gelten würden. Die restlichen Teilnehmer begrüßten die Aufwandsentschädigung, sahen aber weiter Verbesserungspotenzial. So auch Steyr-Präsident Rigger. Die Entschädigung sei grundsätzlich eine gute Sache, sagte er. Allerdings verstehe er nicht, warum ein Spieler in der 2. Klasse das gleiche bekommen sollte, wie ein Regionalligaspieler.

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"Die Vereine vor dem Profibereich schützen!"

Ried-Manager Reiter ging noch einen Schritt weiter: "Es stellt sich die Frage, warum man einem Amateur-Spieler, der seinem Hobby nachgeht, überhaupt etwas bezahlt. So werden die Kernaufgaben eines Vereins übersehen, nämlich, den Kinder-Fußball, den Erwachsenen-Fußball und das Vereinsleben zu fördern", meinte er. Und warnte davor, um jeden Preis einen Amateurklub in den Profibereich führen zu wollen. Das größte Problem in Österreich sei der Trennschnitt zwischen Amateur- und Profibereich. Bundesligaklubs würden daher versuchen, Amateurvereine vor dem Profibereich zu schützen. Infrastruktur, sportliche, wirtschaftliche Kraft, Strukturen seien für 20 Profivereine einfach nicht da.

"Spielern wird etwas vorgegaukelt!"

Karl Irndorfer gab ihm Recht, verwies auf die ehemaligen Zweitligavereine Vöcklabruck oder Schwanenstadt: "Den Spielern wird vorgegaukelt, sie in den Profi-Bereich zu bringen. Dabei hat das mit Profifußball überhaupt nichts zu tun." Zirngast bemängelte in diesem Zusammenhang die fehlende Perspektiven für den Nachwuchs: "Die Spieler kommen aus der Akademie heraus, verdienen mit 18, 19, 20 Jahren ein Fixum von 1100 Euro. Mit 25 Jahren stehen sie dann bei 1500 Euro. Da gehen sie lieber in die Regionalliga und arbeiten nebenbei. Spieler sind wie Einzelunternehmer, müssen schauen, sich finanziell abzusichern. Das ist in Österreich aber nicht möglich." Eines dürfte in jedem Fall feststehen: Das Thema Schwarzgeld wird noch länger für Diskussionen im österreichischen Fußball sorgen. 

Christoph Gaigg  

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