?Ramagoal?: ein blau-weißes Unikat


von Raphael Oberndorfinger

Er wäre der beste Kunde jeder Visagistin – so viele verschiedene Gesichter hat Ervin Ramakic. Die Seite von „Ervin, dem Familienmenschen“ kennen Gattin Azra und seine beiden Kinder wohl am besten. Während in den letzten Jahren ganz Fußball-Oberösterreich ehrfürchtiger Bewunderer von „Ervin, dem Genie“ wurde: Bestechende Übersicht, tödlicher Pass, einmaliger Instinkt, knallhart im Abschluss. Dabei war der Bosnier seit seinem Abschied aus der Stahlstadt vor einem Jahr in Bezug auf sportliche Schlagzeilen nur knapp über der öffentlichen Wahrnehmungsgrenze dahin vegetiert. 

Ein Lebenszeichen gab es dennoch immer wieder. Etwas anderes wäre bei „Ervin, dem Exzentriker“ eigentlich so unvorstellbar wie bei Dieter Bohlen ein freiwilliges Bekenntnis zu Zölibat und Schweigegelübde, wenn man an die zahlreichen Eskapaden des „Enfant terrible“ in der Vergangenheit denkt: Immerhin steht der Name von Ervin Ramakic, der per se die Disziplinlosigkeit als seine größte Schwäche identifiziert, für eine Gratwanderung zwischen Skandal und Fußballkunst. Weil seine „Kommunikation“ mit den Fans oft zu einem Balanceakt zwischen Analästhetik und Provokation pur ausartete, wenn er den Stinkefinger erhob oder gar sein Hinterteil entblößte. Weil er seine Trainer – gelegentlich auch mittels Schimpfworttiraden – ihrer Kompetenzen enthob. Weil ihm seine eigenen Mitspieler – in memoriam „Piesi“ Möseneder oder etwa Harald Niedrist – und vice versa er ihnen oft der größte Dorn im Auge war. Weil sein ausschweifender Lebensstil in keiner Weise an das fromme Wesen eines Ministranten erinnert. 

Trotzdem gibt es auch „Ervin, den Emotionalen“, der gesteht: „Mein Herz gehört Blau-Weiß, seit ich den ersten Tag da gewesen bin. Es sind die Fans und ihre Emotionen, die mich so sehr faszinieren und berühren.“ So forderte „Ramagoal“ im Juni 2004 bei seinem ersten Linz-Engagement vom Klub zwei zusätzliche Trikots pro Spiel (!), um im Falle des potentiellen Torjubels seine Fans damit beschenken zu können. Ja, Ervin braucht die Masse – und die Liga braucht ihn. Einen echten Typen, mit Ecken und Kanten. Einen Veteran einer vom Aussterben bedrohten Spezies. Ein Schlitzohr, welches wie in Rohrbach Spiele im Alleingang dreht. Gerade deshalb kann die Neuauflage „Blau-Weiß powered by Ramakic“ eine erfolgreiche Symbiose werden. 

"Am Ende deines Weges wird Heimat sein", philosophierte einst Hermann Hesse. Wer am Freitag in den Donaupark kommt, wird feststellen, dass der 34-Jährige, der noch vor drei Wochen ans Karriereende dachte, sein Zuhause endgültig gefunden hat.

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