OÖFV-Vizepräsident Herbert Buchroithner: "Eine andere Entscheidung war aufgrund des Rechtsgutachtens nicht möglich"

Auch wenn der Abbruch der Saison absehbar war, sorgte der gestrige ÖFB-Beschluss, die Meisterschaft zu annullieren und nicht zu werten, in Oberösterreich für Aufregung. Zudem sind vor allem die ehrenamtlichen Funktionäre darüber erbost, dass die Profis ihr eigenes Süppchen kochen und die Bundesregierung der Bundesliga die Möglichkeit gibt, aus rein wirtschaftlichen Gründen die Saison mit Geisterspielen fortzusetzen. Herbert Buchroithner, OÖFV-Vizepräsident und Vorsitzender der Kommission Spielbetrieb, nahm sich für Ligaportal Zeit für ein ausführliches Interview und beantwortete aktuelle und auch zukunftsorientierte Fragen.

 

Herr Buchroithner, aufgrund der Corona-Krise war der Abbruch der Saison absehbar. Seit gestern ist die Katze aus dem Sack, war ein weiteres Zuwarten bzw. die Fortsetzung der Meisterschaft ein Thema, oder gab es nur eine Meinung?

"Ich kann nur für den Oberösterreichischen Verband sprechen. Wir waren bemüht, die Saison fortzusetzen und auf alle Eventualitäten vorbereitet. Hätten wir am 1. Mai starten können, wäre eine ordnungsgemäße Fortsetzung und Beendigung der Meisterschaft gewährleistet gewesen. Mit einem Start Mitte Mai hätte es schon anders ausgesehen, wäre ein Fortsetzung vermutlich nicht mehr möglich gewesen. Da die Situation weiterhin besorgniserregend ist, hat das ÖFB-Präsidium am Mittwoch den Beschluss gefasst, im Amateurbereich die Meisterschaft in allen Ligen abzubrechen".

In einem Interview mit einer Tageszeitung haben Sie bereits vor einigen Wochen die Annullierung der Saison angekündigt - seit gestern ist es amtlich. Ligaportal hat seit Mitte März die Vereine nach ihren Sorgen und Wünschen befragt. Die Mehrzahl der Klubs hat auf eine sportliche Entscheidung gehofft, aber das vorzeitige Ende der Saison befürchtet. Von 172 befragten Vereinen bzw. Funktionären können viele mit einer Annullierung leben, aber nicht weniger als 97 % haben den Wunsch geäußert, aufgrund sportlicher Fairness die im Herbst gesammelten Punkte in die nächste Saison mitzunehmen. Hat der ÖFB diese Option in Erwägung gezogen?

"Der ÖFB hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, wonach ganz klar hervorgeht, dass die Meisterschaft zu annullieren und nicht zu werten ist. Eine andere Möglichkeit hat es nicht gegeben. Eine Punktemitnahme hätte der gesetzlichen Grundlage widersprochen. Juristen haben sich den Kopf darüber zerbrochen und letztendlich ein Gutachten erstellt. Der ÖFB hat daraufhin eine Entscheidung getroffen, die möglichen Klagen standhalten sollte".

Viele Amateurvereine bzw. ein Großteil der ehrenamtlichen Funktionäre können nicht nachvollziehen, dass die Regierung bei den Profis eine Ausnahme macht und der Bundesliga das Fortsetzen der Meisterschaft ermöglicht. Zudem hat der OFB bzw. die Bundesliga den Offenbarungseid geleistet, dass es den Profivereinen lediglich um das Geld bzw. das wirtschaftliche Überleben geht und die Klubs auf die Fans verzichten können. Sportminister Kogler hat bei der Pressekonferenz erklärt, dass es sinnvoll wäre, sich an die Planung bzw. Vorgehensweise der Deutschen Bundesliga zu orientieren. Dummerweise hat die Deutsche Politik am Mittwoch erklärt, dass Geisterspiele vorerst kein Thema sind?

"Was die Fans betrifft, habe ich eine andere Meinung, zudem ist ein Profiverein ähnlich zu führen, wie ein Wirtschaftsbetrieb, zumal Existenzen auf dem Spiel stehen. Persönlich bin ich aber der Ansicht, dass Geisterspiele weder zielführend noch möglich sind. Die Entscheidung ist auch nicht in Stein gemeißelt bzw. das letzte Wort darüber noch nicht gesprochen. Da jede Menge Vorgaben zu erfüllen und viele Fragen offen sind, würde es mich nicht überraschen, sollte unsere Bundesliga bei der heutigen Sitzung eine andere Entscheidung treffen".

Nach dem Abbruch der Saison im Amateurbereich tauchen viele Fragen auf. Was passiert mit den Leihverträgen? Werden die aktuellen Sperren gelöscht? Wird das Transferfenster im Sommer, wie gewohnt geöffnet?

"Die ersten beiden Fragen kann ich nicht wirklich beantworten. Leihverträge sind ein spezielles Thema. Einige enden am 30. Juni, andere hingegen sind mit einer Option auf Verlängerung versehen. Diese Fragen müssen unsere Juristen klären. Was die Sperren betrifft, ist in den Statuten verankert, dass im Falle eines Saisonabbruches sämtliche Karten gelöscht werden. Bei einer aktuellen bzw. nicht abgesessenen Sperre scheiden sich jedoch die Geister. Einige meinen, dass bei einer Annullierung der Saison die Meisterschaft quasi nicht stattgefunden hat und demnach auch die Sperren gelöscht werden müssen. Andere hingegen vertreten die Ansicht, dass das jeweilige Vergehen begangen wurde und demzufolge bestraft werden muss. Auch hier suchen die Juristen nach einer nachhaltigen Lösung. Bei der Transferzeit sind dem ÖFB und somit auch dem OÖFV die Hände gebunden, diese Entscheidung obliegt einzig und alleine der UEFA. Es kann jedoch zu einer Bewegung kommen, zumal die FIFA angekündigt hat, die bevorstehende Transferzeit dem verspäteten Ende der Meisterschaften anpassen zu wollen. Egal, welche Entscheidung getroffen wird, der ÖFB die Vorgaben der UEFA zu befolgen".

Aufgrund des derzeitigen Trainings- und Spielverbotes befürchten viele Vereine ein Abwandern der Kinder und Jugendlichen zu anderen Sportarten. Funktionäre glauben, dass viele Klubs sich künftig schwer tun, ein Reserve-Team bzw. Nachwuchsmannschaften zu stellen und ein Kampfmannschaftskader den Weiterbestand nicht gewährleistet?

"Auch ich sehe diese große Gefahr. Sollten Sportarten in Kürze ausgeübt werden dürfen, der Amateurfußball aber weiterhin verboten bleiben, ist dieses Szenario möglich. Schon jetzt ist dem Fußball großer Schaden entstanden, sollte die Pause länger dauern, ist der Fußball, so wie wir in kennen, massiv gefährdet. Einige Vereine hatten schon vor der Krise Probleme, eine längere Pause werden vermutlich viele Klubs nicht überstehen".

Jede Krise ist bekanntlich auch eine Chance. Darum hoffen vor allem die Amateurvereine auf eine Selbstreinigung und auch darauf, dass der Fußball wieder zu seinen Wurzeln zurückkehrt und wieder das ist bzw. wird, was er immer war, die schönste Nebensache der Welt. Derzeit ist der Fußball im Profibereich, vor allem international, vorwiegend eine Geldbeschaffungs- bzw. vernichtungsmaschine?

"Eine Selbstreinigung hat viel Positives, aber es wäre nicht gut, wenn zum Beispiel in Österreich etliche Bundesligaklubs die Krise nicht überstehen sollten, zumal es um Existenzen geht. Wenn die Situation dazu führt, die horrenden Ablösesummen und Gehälter zu senken, dann hätte die Krise auch etwas Positives bewirkt". 

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