Ein Brüderpaar als Erfolgsgarant auf der Trainerbank

Zwei Brüder auf der Kommandobrücke – Kann das gut gehen? Ein Blick nach St. Florian genügt, um diese Frage ohne Zweifel mit einem lauten Ja zu beantworten. Seit Sommer 2009 gibt Wilhelm Wahlmüller den Ton an der Seitenoutlinie als Chefcoach an, im Sommer des letzten Jahr stieß nun auch sein Bruder Stefan als Co-Trainer ins Betreuerteam dazu. Somit bilden die beiden gebürtigen Unterweißenbacher das einzige aus zwei Brüdern bestehende Trainerpaar in den ersten drei Spielklassen Österreichs. Für liga3.at nahmen sich die beiden „Fußballverrückten“ Zeit und sprachen mit uns über ihre Fußballphilosophie, die kontinuierliche Entwicklung des Trainerduos Wahlmüller, (fehlende) Brüderzwistigkeiten und den Traum namens Profigeschäft.

 

„Die Fußballverrücktheit hat uns seit unseren frühen Jahren verbunden“

Wahlm1Das Fußballergen steckte den beiden im Mühlviertel geborenen Brüdern schon seit je her im Blut. „Die Fußballerverrücktheit hat uns seit unseren frühen Jahren verbunden. Stefan war immer so etwas wie mein „kleiner Bruder“, habe ich mich, nach dem viel zu frühen Tod unseres Vaters, viel um ihn gekümmert und mit ihm auch am Feld mitgefiebert“, so Willi Wahlmüller über seinen jüngeren  Bruder und jetzigen Co-Trainer mit dem er sogar ein halbes Jahr gemeinsam beim SK Enns in der damaligen Landesliga auflief.


Das zweite Aufeinandertreffen der beiden in ein und derselben Mannschaft sollte dann schon in unterschiedlichen Rollen geschehen und den Startschuss für eine bis heute andauernde Zusammenarbeit darstellen: „Nach dem Ende meiner Spielerkarriere, begann ich 2006 meine Trainerkarriere beim Landesligisten SV Sierning, zu welchem ich auch Stefan im Sommer 2007 lotsen konnte“, so Wahlmüller der mit seinem Bruder nicht nur den gewünschten Routinier, sondern auch „einen verlängerten Arm am Spielfeld, der Strömungen im Team früh erkennen kann und denen notfalls entgegenwirken kann“ engagierte. Beachtliche Erfolge stellten sich schnell ein, so konnte 2008 die Meisterschaft und der Aufstieg in der Landesliga Ost errungen werden.


Dem Meistertitel folgte die Regionalliga

Der akribische Arbeiter und Taktiker Willi Wahlmüller hatte sich binnen kürzester Zeit einen ausgezeichneten Ruf als Trainer in Oberösterreich erarbeiten können und so dauerte es nicht lange bis die Union St. Florian im Sommer 2009 anklopfte.  Der 44-Jährige sagte zu und nahm neben Innenverteidiger Michael Roitner auch wieder seinen Bruder Stefan mit, der in St. Florian wieder dieselbe Rolle wie in Sierning ausfüllen sollte und dies bis Ende der letzten Saison auch Wahlm3hervorragend machte, die beiden einen riesen Anteil daran hatten, dass die Sängerknaben nach dem Aufstieg von BW Linz mit einem 6. und einem 5. Regionalliga-Endrang in der „Ära Wahlmüller“ als das beste Amateurteam Oberösterreichs gelten.


Das letzte Match im Juni 2011 als Spieler für Stefan, der mit seinem Ausgleichstreffer die Relegationsambitionen der Roten endgültig zerstörte, in der Grazer-UPC beim Auswärtsspiel gegen den GAK vor über 5000 Zuschauern war zugleich die Geburtsstunde für das Trainerduo Wilhelm und Stefan Wahlmüller. „Es war der logische Schritt nach meiner langen Spielerkarriere. Ich bin dem Willi dankbar, dass er mir die Chance gegeben hat, so schnell im Trainergeschäft Fuß zu fassen“, so der jüngere der beiden Brüder. Auch die Aufgabenteilung unter den beiden funktioniert bestens: „Stefan arbeitet mit der Mannschaftarbeitet viel im koordinativen Bereich, macht zusätzlich auch noch das Aufwärmen und das Individualtraining mit den Kickern“, so Willi, der zu seiner aktiven Zeit nicht für den SK VOEST Linz die Schuhe schnürte, sondern nun dort auch im Hauptberuf in der Voestalpine als technischer Sachbearbeiter angestellt ist.


„Wir besitzen dieselbe Philosophie und vertrauen uns hundertprozentig“

WahlmSt1Doch wie unter Brüdern üblich gibt es auch hin und wieder auch kleine Reibereien und Meinungsverschiedenheiten: „Natürlich sind wir nicht immer einer Meinung, das wäre auch unmöglich, doch wir diskutieren die Dinge immer nüchtern aus und kommen fast immer zu einem gemeinsamen Nenner. Solche Prozesse sind wichtig, um nicht in den eigenen Denkweisen zu versteifen und neue Impulse zu bekommen“, so Stefan über die in 99% der Fälle friktionsfreie Zusammenarbeit mit seinem Bruder, der vor allem die Vorteile des Zusammenwirkens hervorhebt: „Wir besitzen dieselbe Philosophie, vertrauen uns hundertprozentig und können dadurch unsere Ideen optimal an die Spieler weitertransportieren.“


Auch in der Freizeit ist der Fußball das Thema Nummer eins: „Zum Leidwesen unserer Liebsten können wir es auch auf Familienfeten oder –essen nicht lassen und müssen über das Fußballgeschehen diskutieren. Da können wir nicht aus der Haut“, lachen Willi und Stefan unisono, wobei letzterer mit einem Schmunzeln betont: „Es gibt auch noch was anderes als Fußball in unserem Leben!“


Profigeschäft auch im Doppelpack?

Die Karriereleiter haben bei schon als Spieler weit nach oben erklommen, auch als Trainer kann wahlmllerWilli schon auf einige schöne Erfolge zurückblicken, während Stefan eine erste geglückte Halbsaison als Assistent absolviert hat. Nun stellt sich die Frage, wo der Weg der beiden im Trainergeschäft noch hingehen wird? „Ich habe gerade erst mit dem Trainergeschäft begonnen, die weitere Zukunft steht in den Sternen, ich kann mir aber auf jeden Fall vorstellen, dass wir noch lange Zeit im Doppelpack arbeiten, wir sind top eingespielt und haben noch einiges vor“, so Stefan Wahlmüller über seine weiteren Ziele.

Willi, der sich den Doppelpack auf der Trainerbank mit seinem Bruder ebenfalls noch länger vorstellen kann, definiert seine Erwartungen folgendermaßen: „Die Arbeit in St. Florian mit den vielen jungen Spielern macht mir unheimlich viel Spaß, es ist sicherlich einiges wert, wenn man den erfolgreichsten Amateurverein Oberösterreichs betreuen darf. Der Einstieg ins Profigeschäft wäre natürlich ein Traum, doch ich weiß, dass das sehr schwierig ist und kann mir ohne weiteres vorstellen, weiterhin im Amateurbereich tätig zu sein, noch einige Jahre in St. Florian zu bleiben und meinen im kommenden Jahr auslaufenden Vertrag zu verlängern. Dennoch:  Zu Beginn meiner Trainerlaufbahn im Jahr 2006 habe ich mir als Ziel gesetzt einen Regionalligisten zu trainieren, das habe ich schnell erreicht, wer mich kennt weiß, dass ich mir hohe Ziele stecke.“

Foto 1-3 + Foto-Slide: LUI
Foto 4: Harald Dostal

von Marco Wolfsberger