Sein Vertrag beim GAK 1902 läuft noch bis zum 30. Juni, doch Michael Liendl hat nach über 20 Jahren seine "Profifußball-Schuhe an den Nagel gehängt". Was wäre das für ein Happyend gewesen, fast schon ein "Hauch Hollywood" bzw. kitschig, wenn der 37-Jährige in der 30. Rd. der ADMIRAL 2. Liga mit den Rotjacken aufgestiegen wäre. Auch noch in Vorarlberg, wo der gebürtige Grazer einen Teil seiner Jugend verbrachte. Es wäre ein würdiger Abschluss gewesen und wirkt auch bei Liendl noch nach, der sich darüber und seine Karriere im großen Interview mit Ligaportal-Redakteur Herbert Pumann äußert. Nachfolgend Teil 1!

Ein Hauch von Genialität: Michael Liendl und sein "linker Zauberfuss". Der "Alpen-Maradona" blickt auf eine stolze Karriere zurück.

664 Pflichtpartien, 50.131 Spielminuten für 7 Klubs in 3 Ländern

Für 7 Klubs gesamt 664 Pflichtpartien (153 Tore, 202 Assists), davon 300 Spiele in der ADMIRAL-Bundesliga, absolvierte Michael Liendl. Der klassische Spielmacher-Typ mit der Nr. 10 war mit Österreich, Deutschland und den Niederländern in 3 Staaten am runden Leder unterwegs. Nicht nur wegen seiner diversen Stationen gibt es bei über 2 Jahrzehnten viel vom und über den "Alpen-Maradonna" zu erzählen.

Um den Steirer würdig ins "Fußball-Rentendasein" zu verabschieden, gebührt ihm nach 50.131 Minuten in den so gut wie nie verletzten Beinen hier ein "Interview-Drei-Teiler".

Beginnend mit der naheliegenden Vergangenheit, dem am vergangenen Sonntag im Saison-Herzschlagfinale beim Fernduell mit dem FC Blau-Weiß Linz verpassten Aufstieg und die für den GAK 1902 nach 16 Jahren damit verbundene Rückkehr in das Fußball-Oberhaus.

"Habe selten bis nie so eine Leere in mir gefühlt"

Ligaportal: Hallo Michael. Wie hast Du als erfahrener Spieler diesen Nackenschlag mit dem verpassten Aufstieg in den Tagen danach verarbeitet und woran lag es, dass es letzendlich nicht für den großen Coup reichte?

Michael Liendl: Das ist schon ein richtiger Nackenschlag gewesen. Der Stachel sitzt bei mir nachwievor noch sehr, sehr tief. Ich bin da noch nicht ganz durch mit der Verarbeitung. Ist halt ganz schwierig, weil jeder bereit war, den Meistertitel einzuhamstern. Wir haben es dann leider nicht geschafft und deswegen war da eine ganz große Leere in mir drinnen. Ich habe selten bis nie so eine Leere in mir gefühlt. Mit dem Wissen, dass es das letzte Spiel meiner Profikarriere war, schmerzt das natürlich doppelt, den großen Coup nicht geschafft zu haben.

Es tut mir sehr, sehr leid für die Mannschaft, weil es eine unglaublich charakterstarke Truppe ist. Für den Verein und die Fans ist es natürlich auch brutal. Deswegen braucht man da schon vlt. ein bisschen länger als sonst. Auch ich persönlich brauche da länger, als wenn ich sonst eine Niederlage wegzustecken hatte. So brutal kann Fußball sein. Es ist nunmal so.

Woran es lag, ist schwer zu sagen. So richtig analysiert habe ich das Spiel nicht, weil zu viel Leere in mir war. Fakt ist, dass wir sicher leider Gottes nicht an unserem Leistungslimit waren. Das war einfach nicht unsere beste Performance in Summe gesehen. Zusätzlich haben wir auch Pech gehabt mit zwei Lattenschüssen und einem ganz klaren Elfmeter, den der Schiedsrichter geben muss.

"Hätten ganz klaren Elfmeter kriegen müssen - das wäre das 1:0 gewesen"

Deswegen war es auch keine Top-Leistung vom Schiedsrichter. Das soll keine Ausrede sein, aber wir hätten nunmal einen ganz klaren Elfmeter kriegen müssen. Das wäre das 1:0 für uns gewesen. Dann bin ich mir sicher, dass wir das Spiel gewonnen hätten. Somit kam alles etwas zusammen. Von Pech, keiner guten Schiedsrichterleistung. Trotzdem sind wir im Endeffekt selber Schuld, weil wir es an diesem Tag nicht geschafft haben, unsere beste Leistung abzurufen.

Ligaportal: Kommen wir mal zu Höhepunkten in Deiner Fußball-Karriere mit stolzen 664 Pflichtpartien. Was bleibt an Highlights für Dich und welche Erinnerungen hast Du an Dein erstes Profispiel?

Liendls erstes von 70 BL-Toren per Elfmeter

Michael Liendl: Auf diese Zahl bin ich schon stolz. An mein erstes Spiel, an das ich mich erinnern kann, war im ÖFB-Cup mit dem GAK gegen TuS Arnfels (Anm.: 19. März 2003, 4:0-Sieg GAK, Doppeltorschütze Roland Kollmann). Eine halbe Stunde habe ich da gekriegt (Anm.: mit 17 1/2 Jahren). War ein cooles Erlebnis. Noch mehr in Erinnerung geblieben ist mir eines meiner ersten Bundesligaspiele mit Kapfenberg. Das war richtig was Besonderes, weil es immer mein Traum war, in der Bundesliga zu spielen. Gegen Austria Wien haben wir da gespielt und ich hatte auch ein Tor geschossen mit einem Elfmeter (Anm.: 13. Juli 2008, 2. Runde, 2:2, Torschütze zum 1:1 Liendl)

Highlights waren sehr viele dabei. Ich kann da nicht eines herausstreichen, weil es für mich persönlich zu viele waren. Die Nationalteam-Einberufung war ein absolutetes Highlight (Anm.: mit 28 Jahren + 7 Monaten, 3. Juni 2014 unter Marcel Koller Spätberufener). Natürlich auch die ganzen internationalen Spiele.

Was vlt. ein bisschen über allem steht, ist schon der Transfer ins Ausland. Das war immer schon ein absolutes Ziel, ein Mal im Ausland Fußball zu spielen. Das wurde dann wahr mit dem Wechsel zu Fortuna Düsseldorf. Das war bei den Highlights ganz oben dabei. Als ich den Anruf bekommen habe und dass das wirklich ein Thema werden kann, war schon was Besonderes.

Auch wo ich bei Austria Wien gespielt habe, einem absoluten Top-Klub in Österreich. Das war was Spezielles. Wo ich auch das erste Mal international spielen durfte. Das war schon auch richtig cool.

"Erste Schritte wird man im Fußball nie vergessen - und das war der GAK"

Ligaportal: 4 1/2 Jahre als Auslands-Legionär. Das prägt auch als Mensch & Persönlichkeit. Doch lass uns mal Deine 7 Klubs abhandeln. Mit dem GAK 1902 schließt sich ja der Kreis Deiner Karriere. Deine Erinnerungen an die Rotjacken-Zeit?

Michael Liendl: Beim GAK war es auch meine erste Station von Zuhause weg. Meine Eltern wohnten damals in Vorarlberg und ich bin alleine nach Graz. Natürlich habe ich Verwandtschaft in Graz, was es ein bisschen leichter machte. Aber im Endeffekt war es richtig schwierig, weil ich mit 16, 17 Jahren auf einmal in Graz bin und allein hab klarkommen müssen.

Hat mich natürlich schneller erwachsen werden lassen. Ich bin da auch menschlich gereift. Somit war es eine coole Station. Ich war auch ziemlich rasch bei den Profis dabei im Trainingsbetrieb und habe dort meine ersten Schritte als Profi gemacht. Deswegen wird dieser Verein für mich immer in Erinnerung bleiben. Dass sich der Kreis dann so schließt, war schön. Die ersten Schritte wird man im Fußball nie vergessen - und das war der GAK.

Ligaportal: Und das war Teil 1. Weiter geht es demnächst mit Teil 2 von 3 Kapiteln, in dem Michael Liendl neben KSV 1919, Austria Wien & WAC über sein Legionärs-Dasein bei 3 Traditionsvereinen in Deutschland und den Niederlanden erzählt.

Fotocredit: Harald Dostal/www.sport-bilder.at