In Teil 2 des 3-Teilers im großen Ligaportal-Exklusiv-Interview mit Michael Liendl, der im Juni 2023 nach 21 Jahren mit 37 1/2 Jahren seine stolze Karriere beendet, beleuchten wir seine Zeit bei 7 Vereinen, für die der "Alpen-Maradona" aktiv war. Nach dem GAK 1902 - siehe Teil 1 - und KSV 1919 ging es für den Spielmacher aus der Steiermark in die Bundeshauptstadt zu Austria Wien - heute im ADMIRAL Bundesliga-Europacup-Playoff-Finale vs. Austria Lustenau (17 Uhr, Ligaportal-Liveticker) - ehe 3 Auslands-Stationen folgten mit den Traditionsklubs Fortuna Düsseldorf, TSV 1860 München und Twente Enschede.

Eine seiner Spezialitäten dank seiner filigranen Schusstechnik mit links: Vom Punkt war Michael Liendl meist ein sicherer Elfmeterschütze. Wie hier am 27. Februar 2016 beim 3:2-Siegtreffer für den TSV 1860 München gegen seinen Ex-Klub Fortuna Düsseldorf, wo der "Alpen-Maradona" zuvor 1 1/2 Jahre spielte. Torhüter Michael Rensing, ehemals u.a. auch FC Bayern München und bei den Fortunen im Jahr zuvor noch Mannschaftskollege von Liendl, war machtlos. 

126 Liga-Partien mit 23 Toren + 30 Assists in 2. BL und Eredivisie

Im Ausland absolvierte Michael Liendl als Legionär in  2 Ländern für 3 Klubs - Fortuna Düsseldorf, TSV 1860 München und Twente Enschede - gesamt 135 Pflichtpartien (126 in der 2. Liga bzw. Eredivisie)

Gesamt-Stationen Michael Liendl:

1.) Jugendvereine = FC Thüringen, FC Nenzing (ab 05/1992 - 1999), FC Thüringen (07/1999 - 07/2001), AKA Vorarlberg (07/2001 - 15.07.2002).

2.) Profivereine = GAK 1902, KSV 1919, FK Austria Wien, RZ Pellets WAC, Fortuna Düsseldorf, TSV 1860 München, Twente Enschede, RZ Pellets WAC, GAK 1902.

"Trainer Werner Gregoritsch hat mich sehr geprägt"

Ligaportal: Nach dem GAK 1902 folgte die Zeit bei den Kapfenberger Falken bzw. damals ein Wechselspiel zwischen beiden Klubs. Welche Erinnerungen verbindest Du an die Zeit beim KSV 1919?

Michael Liendl: Bei den Falken war es wie beim GAK auch eine coole Zeit. Ich war glaube ich 5 Jahre dort und meine Karriere war da schon auch etwas auf des Messers Schneide, weil wir in dieser einen Saison sportlich abgestiegen waren und kurioserweise nur in der 2. Liga geblieben sind, weil der GAK nicht die Lizenz bekommen hat. Ein Jahr später sind wir dann in die Bundesliga aufgestiegen, wo ich zum besten Spieler gewählt worden bin und 18 Tore und 18 Assists hatte. 

Das war schon eine spezielle Reise, weil ich nicht gewusst habe wie meine Karriere weitergegangen wäre, wenn wir damals in die Regionalliga abgestiegen wären. So sind wir 1 Jahr später in die Bundesliga aufgestiegen. Das war schon sehr turbulent. Da sieht man wie brutal der Fußball sich in alle Richtungen entwickeln kann. Das war auch eine Riesenlehre für mich. Dass es in beide Richtungen sehr schnell gehen kann.

"Vorbereitungen unter Gregoritsch waren extrem anstrengend"

Wir hatten auch harte Zeiten und Werner Gregoritsch (Anm.: Aktuell ÖFB-U21-Teamchef) als Trainer, der mich extrem geprägt hat. Obwohl die Vorbereitungen unter ihm extrem anstrengend waren (lacht). Aber es hat mir gutgetan und somit war es echt eine schöne Zeit, wo man sehr viel mitgenommen und gesehen hat. Es war damals eine gute Truppe, die einen guten Zusammenhalt und sich viel erarbeitet hatte. An der Mannschaft, am Körperlichen und auch am Fußballerischen. Wir haben da wirklich viel investiert.

Man hat gesehen wie eine Abstiegsmannschaft, denn die Mannschaft ist ziemlich gleich geblieben, sogar 1 Jahr später in die Bundesliga aufsteigen kann. Das war schon was Besonderes. Und damals habe ich auch eines meiner ersten Bundesligaspiele gemacht gegen Austria Wien, und dabei mein erstes Tor geschossen. Es war eine sehr schöne Zeit, die ich auf keinen Fall missen möchte.

"Zeit bei Austria Wien war überragend"

Ligaportal: Du hast Dein 1. BL-Tor gegen Austria Wien erzielt und zu den Wiener Violetten ging dann auch im Sommer 2009 Deine Reise von der Steiermark in die Bundeshauptstadt. Bei den Veilchen warst Du von 2009 - 2012 gesamt 3 Saisonen, wärst Du eine länger geblieben, hättest Du den Meistertitel noch mitgenommen...!

Michael Liendl: Ja, kann man im Nachhinein sagen, wenn ich noch 1 Jahr länger geblieben wäre, hätte ich den Meistertitel. Auf der anderen Seite weiß man dann natürlich nicht, wo die Reise hingegangen wäre. So ging von der Austria mein Schritt zum WAC und dann ins Ausland. Das war für mich vollkommen in Ordnung. Die Zeit bei Austria Wien war überragend. Coole Mitspieler, richtige Freundschaften geschlossen, die jetzt noch vorhanden sind.

Das war mein 1. Step zu einem richtig großen Verein, wo man gemerkt hat, dass da auch richtig gute Fußballer spielen und der Konkurrenzkampf ein anderer ist. Das war schon was Spezielles. Mit dem Wissen bei so einem großen Verein in Österreich zu spielen. Ich habe da 3 wunderschöne Jahre gehabt, mit den Fans zusammen war das ganz was Spezielles. Ich durfte dort auch international spielen. Ich glaube wir haben 2 Mal in der Europa League-Gruppenphase gespielt. Das war richtig cool und der 1. Step, wo ich gesehen habe, was so ein großer Verein bewirken kann. Was für eine Kraft er hat.

Ich habe mich richtig wohl gefühlt in Wien und beim Verein. Ich bin mit den Fans super klar gekommen und habe im Großen und Ganzen auch sehr viele Spiele gemacht (Anm.: 107, Tore = 12, Assist = 21). Am Anfang habe ich nicht so viel gespielt, aber im 2. Jahr alle Spiele absolviert und war im 3. Jahr auch so gut wie bei allen Partien dabei. Ich bin da vielleicht ein bisschen unter dem Radar geflogen, weil wohl manche glaubten, ich sei kein Stammspieler. Ich habe da mit richtigen Topspielern zusammengespielt.

Im Düsseldorfer Dress kam Michael Liendl in der deutschen 2. Liga zu 54 Einsätzen und setzte auch beim "Karnevalsklub" mit 11 Toren und 13 Assists Akzente.

Vor Wechsel vom WAC zu Fortuna Düsseldorf "ging es wild her"

Ligaportal: Aus der Bundeshauptstadt ging es dann im Juli 2012 für eineinhalb Jahre ins beschauliche Lavanttal und von dort ins Ausland, um in 2018 nochmal zum WAC zurückzukehren. Deine Wolfsberger Zeit bzw. Ära behandeln wir in Teil 3 des Interviews. Kommen wir vorab zu Deiner Legionärs-Zeit. Beginnend mit Fortuna Düsseldorf, im Jänner 2013 aus Kärnten in die Mode-Metropole am Rhein.

Michael Liendl: Das war damals ein unglaublich großer Schritt. Ich kann mich noch erinnern, als ich den Anruf in der Türkei beim Wintertrainingslager des WAC erhielt. 2 Tage vor Transferschluss. Dann ging es wild her, weil der WAC nicht unbedingt wollte, dass ich 2 Tage vor Schluss noch wechsle. Das ist sehr spannend für mich gewesen, das alles mitzubekommen, wie das Business auch laufen kann. Das war echt eine coole Erfahrung, ehe es dann nach Düsseldorf ging.

Dort war es familiär eine schwierige Zeit, weil es von heute auf morgen nach Düsseldorf ging und wir da schon Nachwuchs hatten. Im Endeffekt war es für uns alle sehr bereichernd. Für mich die erste Ausland-Station, was immer ein Traum war. Das war der erste Wechsel in ein anderes Land, was speziell in Erinnerung bleibt. Hinzu kam, dass ich zu einem Verein, einer Mannschaft kam, die richtig angenehm war und mich sofort aufgenommen hat.

"Stadt, Stadion und Fans - alles überragend"

Wo natürlich gleich das erste Spiel in der Münchener Allianz Arena gegen 1860 dazu beigetragen hat, dass ich schneller in die Truppe kam, weil ich da ein Tor vorbereitet und gutes Spiel gemacht habe. Das war extrem cool. Die Stadt, das Stadion, die Fans - alles überragend. 

Das war für mich ein absoluter Traum, dort zu spielen. Deswegen wird das immer in Erinnerung bleiben, weil ich den Verein schon ein bisschen ins Herz geschlossen habe. Wenn ich an Düsseldorf denke, war das eine coole Zeit.

"Der erste Abstieg in meiner Karriere"

Ligaportal: Dein Auftritt bei 1860 München hat anscheinend auch beim Gegner Eindruck hinterlassen, sodass sie Dich dann am 26. August 2015, quasi im "Sommer-Schlussverkauf", an die Grünwalder Straße geholt haben. Von der Modestadt Düsseldorf in die Weltstadt München zu den Löwen, wo Du 2 Jahre warst.

Michael Liendl: 1860 ist ein Riesen-Verein mit enormer Kraft. Vor allem was für eine außergewöhnliche Fan-Base er hat. Dort habe ich viele Ups and downs gehabt. Der Verein ist extrem cool, aber nicht immer ganz so einfach zu führen. Das haben wir Spieler natürlich auch mitbekommen und ich auch am eigenen Leib erfahren, dass es nicht immer einfach ist für so einen Verein zu spielen. Weil er so groß ist und doch die ein und andere turbulente Zeit dabei war.

Leider Gottes hat es mit einem Abstieg geendet. Der erste Abstieg in meiner Karriere und der war extem schmerzhaft. Hatte ich so noch nie erlebt. Wenn du in der Allianz Arena das Relegationsspiel (Anm.: 30. Mai 2017 gegen Jahn Regensburg, 0:2; Hinspiel: 1:1) hast vor 70.000 Zuschauern, ist das schon was Besonderes. Der Ausgang war leider nicht so, wie wir uns erhofft haben. Wir haben verloren und sind abgestiegen. Das war schon brutal, wenn du so eine große Fan-Base hast und so ein großer Verein dann in die 3. Liga absteigt. Das hat extrem geschmerzt.

Mit Champions League-Sieger-Torhüter von ManCity in einem Team

Nichtsdestotrotz habe ich mit extrem coolen Spielern zusammengespielt. Mit Spielern, die Weltformat hatten. Wie Ivica Olic, der mit Bayern München die Champions League gewonnen hat, oder Stefan Aigner, der jahrelang bei Eintracht Frankfurt in der Bundesliga spielte. Stefan Ortega, der jetzt bei Manchester City 2. Torhüter ist. Das war schon eine richtig gute Truppe. Trotzdem sind wir abgestiegen, was wiedermal ein Zeichen ist, dass Fußball nicht berechenbar ist und immer alles passieren kann. Von der Qualität her hätten wir niemals absteigen dürfen. Aber beim Fußball gehören nunmal mehrere Faktoren dazu. 

Doch wir haben uns in der Stadt richtig wohl gefühlt, viele Freundschaften geschlossen. Eine aufregende und spannende Zeit. Ich habe da einen riesengroßen Erfahrungsschatz mitgenommen in den 2 Jahren.

Bei Trainer Verbeek, der Twente Enschede am 30. Oktober 2017 übernahm (wurde am 26. März 2018 wieder entlassen), hatte Michael Liendl einen schweren Stand. Ein Jahr (Saison 2017/2018) war der Spielmacher in der Eredivisie. Beim niederländischen Traditonsklub kam der Linksbeiner und Kreativkopf auf "nur" 14 Einsätze (1 Tor, 4 Assists), ehe es dann im Sommer 2018 zurück zum WAC ging.

"Der neue Trainer hat nicht unbedingt auf mich gebaut"

Ligaportal: Mit München warst Du nah dran an Österreich, doch vor der Rückkehr in die Heimat, ging es in eine andere Richtung. Let´s go West und in die Niederlande. Zu Twente Enschede, neues Land und neue Kultur inklusive. Feedback?

Michael Liendl: Bei Twente hat es leider auch mit einem Abstieg geendet. Das war rückblickend gesehen schon die schwierigste Station für mich. Ich bin dort hingekommen, nachdem ich im Sommer 2017 das erste Mal etwas länger vereinslos war. Hatte etwas gedauert, bis ich einen neuen Verein gehabt habe.

Dann kam Twente. Jeder weiß, wenn man länger aus dem Trainingsbetrieb raus ist, bist du nicht auf dem gleichen Stand wie jeder andere. Das war ich dann auch nicht und brauchte etwas Zeit, um reinzukommen.

Als ich dann drin war, wurde der Trainer, der mich verpflichtet hatte, entlassen. Was für mich persönlich kein Vorteil war. Da kommt dann ein neuer Trainer, der vlt. andere Prioritäten hat, was legitim ist. Das war bei mir auch so der Fall. Der neue Trainer hat nicht unbedingt auf mich gebaut. Von daher war es eine schwierige Zeit, aber auch wieder ein unglaublicher Erfahrungswert. Ich konnte da sehr viel lernen.

Mitspieler meinten: ´Eigentlich solltest du jetzt mittlerweile spielen`

Bei den Stationen davor hatte ich immer und überall gespielt. Mit dem neuen Trainer hatte ich dann das ein und andere Problem. Oder er mit mir. Ist ja auch legitim. Ich bekam einfach nicht so viele Spielminuten, wie ich verdient gehabt hätte. Es kam dann auch schon der ein und andere Spieler zu mir und sagte ´eigentlich solltest du jetzt mittlerweile spielen`. 

Wir sind dann leider Gottes abgestiegen. Der Verein an sich ist überragend. Riesengroß. In Holland ein absoluter Traditionsverein, der schon glorreiche Zeiten hinter sich hatte. Mit unglaublichen Fans. Vor dieser Kulisse zu spielen war schon speziell. Und wenn du dann gegen solche Mannschaften wie Ajax, Feyenoord, Eindhoven spielen darfst, dann ist das schon cool.

Es war auch das erste Mal im Ausland so, dass es sprachlich anders war. Holland zwar sehr nahe dem deutschen, aber trotzdem haben wir uns viel über englisch verständigt. Hat mir sicher auch in dieser Hinsicht weiter geholfen.

"Kinder sind in Schule gegangen und haben kein Wort verstanden"

War eine brutal coole Erfahrung, auch für meine Familie. Die Kinder sind in die Schule gegangen und haben kein Wort verstanden (lacht). Der Kleine ist in den Kindergarten gegangen und hat kein Wort verstanden. Sie kamen nach ein paar Wochen mit einem Wortschatz zurück, der außergewöhnlich war. Da sieht man wie schnell Kinder dann auch lernen. Deswegen war das vom Umfeld her anders. Doch ich möchte es auf gar keinen Fall missen, weil man eine totale Erfahrung mitnehmen kann.

Leider war es sportlich nicht von Erfolg gekrönt, weil wir abgestiegen sind. War sehr bitter, vor allem weil ich nicht so meinen großen Teil dazu habe beitragen dürfen, um vlt. den Abstieg zu verhindern. Aber Fußball geht nicht immer nur nach oben, doch man muss auch mal solche Zeiten mitnehmen. Deswegen möchte ich es auch trotzdem, obwohl es die schwierigste Phase in meiner Karriere war, nicht missen.

Ligaportal: Doch zurück in Österreich lief es dann ja wieder für Michael Liendl. Dazu im dritten und letzten Teil mehr...mit den Themen um seine Zukunft, womöglich beim WAC, die Zeit bei den Lavanttalern als Kapitän & Regisseur, Zlatko Junuzovic, ÖFB-Team, Verletzungs-"Glück"...Fortsetzung folgt.

Siehe auch Interview-Teil 1

Das Interview führte Ligaportal-Redakteur Herbert Pumann

Archiv-Fotos: IMAGO