Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer, wenige Monate zuvor am 21. Juli erblickte er in Berlin das "Licht der Welt": Kofi Schulz. Der u.a. in der Jugend von Hertha BSC Berlin ausgebildet wurde und nach diversen Fußball-Stationen in diversen Ländern seit Jänner 2022 bei der WSG Tirol Vertrag hat. Für die Wattener absolvierte der 34-jährige Deutsche mit ghanaischen Wurzeln seither 69 Pflichtpartien (je 5 Tore und Assists) und kam in der aktuellen ADMIRAL Bundesliga-Saison zu 22 Einsätzen. Ligaportal sprach mit dem Linksverteidiger und ältesten Akteur der Tiroler im "Give-me-five"-Interview (5 Fragen = 5 Antworten).

Er ist Dauerbrenner und -renner bei der WSG Tirol: Kofi Schulz. Der Nachname klingt "typisch" deutsch. Doch der Vorname? Kofi ist ein hauptsächlich in Ghana gebräuchliche Vorname, stammt aus den Akan-Sprachen und bedeutet „an einem Freitag geboren“. Seine Geburt am 21. Juli 1989 war "natürlich" auch an einem Freitag. Der Familienvater einer einjährigen Tochter und eines vierjährigen Sohnes, die beide in Wien-Meidling geboren wurden, fühlt sich wohl in Tirol.

"Die WSG Tirol ist eine ganz spezielle Mannschaft"

Ligaportal: Kofi, mit 34 Jahren finden sich auf deiner Vita einige Stationen, wie in Deutschland, England, der Schweiz, Griechenland und nicht zuletzt in Österreich. Bei der WSG Tirol bist du seit Jahresbeginn 2022 und eine feste Größe. Was hast du von deinen Auftritten in anderen europäischen Ligen mitnehmen können und was gefällt dir im "Heiligen Land" Tirol und an der WSG besonders?

Kofi Schulz: Das stimmt schon, dass ich so ein Wandervogel bin mit Blick auf meine fußballerische Vergangenheit. Die Kulturen in all den vielen Ländern haben mich natürlich auch geprägt. Auch der Spielstil, gerade der englische ist mir geblieben. Diese Dynamik und der Tempofußball. In der Schweiz habe ich dann zusätzlich gelernt, wie man sich taktisch besser verhält und das Ganze besser kombiniert. In Griechenland war es ein kurzer, doch auch lehrreicher Auftritt. Da herrscht eine ganz andere Kultur und wird auch ein ganz anderer Fußball gespielt. Da ist nicht so viel Dynamik drin und wird eher auf fußballerische Talente gesetzt als auf die Physis. 

In Österreich gefällt es mir am besten. Gerade in Tirol, wo ich jetzt schon seit fast drei Jahren bin. Ich und meine Familie, wir fühlen uns richtig wohl hier. Meine Kinder sind hier fast schon richtig Tiroler geworden (lacht). Von dem her ist Tirol fast eine zweite Heimat.

Und die WSG Tirol ist natürlich eine ganz spezielle Mannschaft. Das ist nicht so wie bei all den anderen Vereinen, wo ich war. Es ist mehr familiär, enger. Man hat das Gefühl, dass man mit Verantwortlichen wie z. Bsp. Diana (Präsidentin Langes-Swarovski), Stefan Köck (Manager WSG) und auch dem Trainer einfach einen viel besseren Draht hat. Ich möchte schon sagen, dass man fast schon miteinander befreundet ist. Deswegen ist das nochmal viel spezieller, gerade für uns Spieler. 

"Ich bin ein Berliner"

Ligaportal: Du bist in einem historischen Jahr, 1989, dem des Mauerfalls, geboren. Was verbindest du persönlich damit und mit der deutschen Bundeshauptstadt, um in Anlehnung an ein weltberühmtes Zitat des ehemaligen US-Präsidenten J.F. Kennedy zu bemerken..."bist du ein Berliner"?

Kofi Schulz: Berlin ist für mich die geilste Stadt auf der Welt. Es gibt keine bessere als Berlin. Egal, wo ich auf der Welt bin, Berlin bleibt immer noch für mich ein Zuhause. Ich bin auf jeden Fall ein Berliner und werde es auch für immer bleiben.

Ich könnte mir ein Leben ohne Berlin nicht vorstellen und bin immer noch sehr oft dort, besuche auch oft Kollegen. Ich habe ja auch noch Familie dort, wie meine zwei Brüder. Deswegen hält mich an Berlin schon sehr, sehr viel.

Der WSG-Linksverteidiger wirft auch immer wieder seine Physis und Dynamik in die Waagschale, wie hier gegen den rechten Außenspieler Reinhold Ranftl von Austria Wien. Zu diesem Duell könnte es noch zwei Mal in der Quali-Gruppe dieses Frühjahr kommen. 

"Der Trainer hat mir ganz klar gesagt, dass er auf mich setzt"

Ligaportal: Zurück zur WSG und zum Fußball. Mit 22 von möglichen 23 Einsätzen in der heurigen ADMIRAL Bundesliga-Saison (87 % aller Spielminuten absolviert) zählst du zu den absoluten Dauerbrennern der Tiroler, warst 19 Mal in der Startelf. Zuletzt war es allerdings ruhiger, wurdest du zwei Mal eingewechselt und warst ein Mal gar nicht im Kader. Was war da los bzw. wie hat es dir der stets kommunikative und offenkundige Trainer Thomas Silberberger gegenüber transparent gemacht? 

Kofi Schulz: In den letzten drei Spielen hatte ich etwas mit den Adduktoren zu kämpfen, dadurch habe ich auch das Spiel gegen Austria Wien verpasst. Jetzt will ich mich wieder in die Mannschaft kämpfen. Der Trainer hat mir ganz klar gesagt, dass er auf mich setzt.

Ich versuche der Mannschaft zu helfen. Da ist es egal, ob ich von der Bank komme oder von Anfang an spiele. Wichtig ist, dass wir in dieser Phase Punkte sammeln, um so schnell wie möglich mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben. Das ist mein Ziel! Ansonsten mache ich mir keinen Kopf, weil ich jetzt drei Mal nicht in der Startelf war.

"Deswegen wird es gegen Austria Lustenau ein richtiger Fight"

Ligaportal: Dein bisher einziges Saisontor hast Du am 17. September beim 3:2-Sieg in Lustenau erzielt, den 1:0-Führungstreffer. Am Samstag geht es wieder gegen Austria Lustenau, um BigPoints und diesmal in Bregenz. Wie der Tabellenletzte steckt auch die WSG mitten drinnen im "Vierkampf" um den Klassenerhalt. Welchen Stellenwert räumst du diesem ersten von neun verbleibenden "Endspielen" in der Qualigruppe ein, zumal man mit einem Sieg einen Befreiungsschlag landen, doch mit einer Niederlage die "Rote Laterne" übernehmen würde und wie bringst du dich als der Spieler mit der größten Erfahrung in diesen nervenaufreibenden Wochen ein?

Kofi Schulz: Ein Spiel, in dem wir auf jeden Fall punkten möchten. Natürlich hat Lustenau die gleiche Intention. Deswegen wird es ein richtiger Fight. Das ist uns bewusst. Der Vorteil bei uns ist, dass wir Spieler in der Mannschaft haben, die schon mehrmals in dieser Situation waren. Vorletztes Jahr waren wir auch schon im Abstiegskampf und haben das bravourös gemeistert. Deswegen glaube ich, dass wir die gewisse Erfahrung mitbringen, um dieses Spiel für uns zu entscheiden. 

Dabei wird am Wichtigsten sein, dass man kühlen Kopf bewahrt. Zumal Lustenau ja dafür bekannt ist, dass sie sich unter dem neuen Trainer weiter zurückziehen, eher auf die Fehler vom Gegner warten und durch das Umschaltspiel ihre Akzente zu setzen versuchen.

Ich hoffe natürlich, dass ich wie im Herbst gegen sie nochmal treffen oder vielleicht einen vorlegen kann. Das wäre natürlich herausragend, aber noch viel geiler wäre es, wenn wir drei Punkte holen. Ein Tor wäre schön, damit kann ich der Mannschaft helfen. Aber es ist nicht meine Priorität, sondern eher die Mannschaft so zu führen, dass wir einen Dreier landen.

War auch in seiner Bundesliga-Zeit beim SKN St. Pölten ein Faktor und absolvierte in den eineinhalb Jahren für die Wölfe 45 Pflichtpartien (fünf Tore, acht Assists).

"Natürlich war es auch ein Schock, als wir das erfahren haben"

Ligaportal: WSG Tirol-Galionsfigur, respektive Langzeit-Cheftrainer Thomas Silberberger hat zum Saisonende hin nach elf Jahren seinen Abgang verkündet. Der 50-jährige Wörgler wollte dich ja unbedingt haben und hatte dich dann im Jänner 2022 auch geholt, nachdem du in der Vorsaison am 21. März 2021 mit Deinem Last-Minute-Tor für deinen Ex-Klub SKN St. Pölten in Hartberg der WSG Tirol Schützenhilfe geleistet und dazu verholfen hast, in die Meistergruppe zu kommen. Was macht für dich Thomas Silberberger aus und wieviel Zusatzmotivation löst es in dir und der Mannschaft aus, ihm einen gebührenden, würdigen Abschied zu bescheren?

Kofi Schulz: Das ist natürlich unser Ziel, den Klassenerhalt auch für Silbi zu schaffen. Der das auch verdient hat nach so langer Zeit im Verein. Er ist eine Klub-Ikone. Das Leben bei der WSG nach Thomas Silberberger wird interessant werden. Wer den Trainerstuhl übernehmen wird, tritt in große Fußstapfen. 

Es kommt derzeit auch vom Trainer so, dass wir uns auf jedes Spiel fokussieren. Natürlich ist das ein Anreiz, es als Mannschaft für Silbi zu schaffen. Dass wir dann hoffentlich drei Spieltage vor Saisonende nochmal sagen können "Boah, geil...wir haben es geschafft". Dann können wir nochmal richtig feiern mit dem Trainer zusammen. Ich bin mir sicher, dass er auch auf seinem weiteren Weg das finden wird, wo er sich wohlfühlt.

Für ihn ist jetzt auch die Zeit gekommen, um den nächsten Schritt zu machen. Das muss man respektieren. Natürlich war es auch ein Schock, als wir das erfahren haben. Aber ich kann es verstehen. Als Trainer will man, wie als Spieler auch, den nächsten Schritt machen. Den hat er sich auch verdient.

"Meine Frau wird dann wahrscheinlich auch noch was zu sagen haben und ihren Input geben"

Ligaportal: Da du ja schon mal auch für Tore in der Nachspielzeit stehst, eine Zugabe. Wie geht es mit deiner fußballerischen Karriere weiter ab Sommer? In diesem Zusammenhang fällt mir ein Zitat von dir aus dem September 2021 ein - damals im Herbst warst du vereinslos - mit den Worten "Was ich gerne nochmal erleben würde, wäre ein Abenteuer im Ausland. Vor allem die Türkei, Griechenland oder die arabischen Länder. Dort kann man was erleben und Erfahrung dazugewinnen. Ich war schon öfters in mehreren Ländern. Es macht mir Spaß, dort etwas zu erleben." - geht die Reise dahin bzw. was sind deine Pläne?

Kofi Schulz: Da habe ich mir wirklich noch nicht so viele Gedanken gemacht. Für mich steht an erster Stelle, dass ich mit der WSG den Klassenerhalt schaffe. Dann schaue ich mal weiter, was kommt. Es ist auch so, dass ich Familienvater bin und zwei Kinder habe. Meine Frau wird dann wahrscheinlich auch noch was zu sagen haben (lacht) und ihren Input geben.

Das Ausland könnte schon nochmal ein Abenteuer sein, doch jetzt bin ich erstmal sehr fokussiert auf den Klassenerhalt. Damit möchte ich mich beschäftigen, bevor ich mich mit Zukunftsplänen auseinandersetze. Ich glaube, dass ich im Sommer genug Zeit haben werde. Da ist die EM und in der Zeit kann ich genug planen. Sei es bei der WSG oder woanders. Das wird sich dann herausstellen.

Ligaportal: Okay! Danke für das offene Gespräch, viel Erfolg und alles Gute.

Das Interview führte Ligaportal-Chefredakteur Herbert Pumann

Siehe auch:

Klassenerhalt-Kampf! WSG Tirol um Big-Points gegen Austria Lustenau in Bregenz

WSG Tirol: Angriffsduo sammelte Selbstvertrauen und Kilometer

 

Fotocredit: GEPA-ADMIRAL, Harald Dostal/www.sport-bilder.at und Archiv-Foto Attila Farkas