Knapp fünf Monate nach der Beurlaubung in Ried hat Gerald Baumgartner einen neuen Trainerjob in der Tipico Bundesliga. Der gebürtige Salzburger soll den SKN St. Pölten, den er 2014 sensationell ins Cupfinale geführt hat, vor dem Abstieg in die 2. Liga retten. Ligaportal.at hat sich mit dem 56-Jährigen über seine neue alte Funktion als "Leitwolf" unterhalten. 

Ligaportal: Herr Baumgartner, knapp fünf Monate nach Ihrer Beurlaubung in Ried haben Sie einen neuen Trainerjob in der Bundesliga. Wie haben Sie die freie Zeit genützt?

Gerald Baumgartner: Ich hatte Mitte November ja eine schwere Lungenentzündung, durch die ich einige Wochen ausgefallen bin. Bis zum Altach-Spiel Mitte Dezember war ich noch im Amt bei der SV Ried. Im Jänner und Februar habe ich mich gut regenerieren und wieder gesund werden können. Ab diesem Zeitpunkt war ich wieder für eine neue Herausforderung bereit. Mitte März gab es bereits Anfragen, wobei ich da noch nicht wechseln konnte, da ich keine Freigabe von Ried erhalten habe. Durch das Angebot vom SKN war ich jetzt natürlich gerne bereit, dort auszuhelfen und werde nun alles dafür tun, um die Mannschaft in der Liga zu halten.

Ligaportal: Jetzt kommt es also zur Rückkehr an die alte Wirkungsstätte in St. Pölten: Wann gab es die erste Kontaktaufnahme mit Georg Zellhofer? Wie lange haben Sie überlegen müssen?

Gerald Baumgartner: Es war bereits in den letzten Wochen ein Thema, aber ich war noch vertraglich an die SV Ried gebunden. Deswegen hat das noch eine gewisse Zeit gedauert, bis ich meinen Vertrag auflösen konnte. Im Endeffekt habe ich nach dem letzten Aufeinandertreffen von Ried gegen St. Pölten die Freigabe bekommen.

Im März ging das noch nicht. Jetzt ist es der SKN geworden und ich bin sehr froh, dass ich hier jetzt mithelfen kann und bin sehr motiviert und davon überzeugt, dass wir den Klassenerhalt schaffen können.

Ligaportal: Sie haben den SKN bereits von 2013 bis 2014 betreut und den Verein damals bis ins Cupfinale geführt. Mit welchen Gefühlen kehren Sie zu ihrem ehemaligen Klub zurück?

Gerald Baumgartner: Es ist sicher ein Vorteil, dass ich den Verein sowohl vom Umfeld als auch infrastrukturell kenne. Es hat sich natürlich viel verändert in den letzten Jahren. Der Verein hat sich von der zweiten in die erste Liga gespielt und ist professioneller geworden. Im Endeffekt habe ich mich aber schnell eingelebt und alle Mitarbeiter des Klubs haben mich herzlich empfangen. Ich merke, dass Zusammenhalt und Teamgeist beim Verein großgeschrieben werden. Wir ziehen alle an einem Strang und wollen die letzten Prozent rausholen, um Spiele zu gewinnen.

Ligaportal: Sie werden die letzten Auftritte des SKN St. Pölten bestimmt im Fernsehen gesehen bzw. schon analysiert haben. Wo muss der Hebel angesetzt werden, damit es wieder besser läuft?

Gerald Baumgartner: Die Auftritte waren durchwegs in Ordnung. Es waren auch die letzten beiden Spiele gegen Ried, die ich intensiver verfolgt habe, im Großen und Ganzen in Ordnung, doch es fehlte vielleicht die Entschlossenheit vor dem Tor, um dieses auch mal zu erzwingen. Der SKN war immer knapp dran, doch im Endeffekt konnte man mit den Ergebnissen nicht zufrieden sein. Wir wissen natürlich alle, dass es keine einfache Situation ist, aber wir wollen uns keine Ausreden geben und vor der eigenen Türe kehren. Jeder muss an seine Leistungsgrenze gehen - auf jeder Position. Als Team kann man an so einer Situation wachsen. Deshalb versuchen wir, mit der Trainingsgestaltung das Selbstvertrauen der Mannschaft zu stärken und so die nötige Energie für das Saisonfinale freizusetzen.

Ligaportal: Der SKN St. Pölten hat vor allem in der Offensive sehr viel Qualität. Zuletzt haben die Stürmer aber nicht mehr getroffen. Wie kann man denen wieder Selbstvertrauen einimpfen?

Gerald Baumgartner: Es gibt keinen Zauberstab, den man über die Mannschaft drüberlegen kann und es funktioniert plötzlich alles wieder von selbst. Das muss man sich im Training erarbeiten, das Selbstvertrauen muss man zurückgewinnen. Man muss entschlossen, energisch und mit einer großen Motivation und Eigenverantwortung an die Gegner herangehen, dann wird das auch wieder kommen. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass es sich um Fußball schnell drehen kann und jetzt die Zeit kommen wird, dass das Glück zurückkommt. Aber natürlich muss man das Glück auch zu gewissen Teilen erzwingen können. Das versuchen wir auch im Training. Wir fordern Konsequenz ein und versuchen, den Spaßfaktor zurückzubringen.

Ligaportal: Am Samstag wartet ein absolutes Schlüsselspiel gegen die Admira. Worauf wird es ankommen, worauf muss Ihre Mannschaft aufpassen?

Gerald Baumgartner: Die Admira ist von den Ergebnissen her sicher unter Wert geschlagen worden. Für uns geht es darum, perfekt auf dieses Spiel vorbereitet zu sein. Für beide Teams ist es nicht einfach, da beide erst vor kurzem einen Trainerwechsel hatten. Mein Kollege (Klaus Schmidt; Anm.) hat schon ein Spiel mehr auf dem Buckel und ich bin jetzt neu dazugekommen. Ich hatte aber schon ein paar Tage, um die Charaktere innerhalb der Mannschaft kennenzulernen. Wir wollen den Fokus auf uns legen und nicht den Gegner oder andere Ergebnisse. Es sind noch vier Spiele zu spielen und 12 Punkte zu holen. Davon wollen wir so viele Punkte wie möglich einfahren. Natürlich sind wir in der Situation, dass wir einen Gegner überholen müssen - das ist auch das Ziel in den nächsten beiden Spielen. Wie gesagt: Die Jungs machen einen guten Eindruck beim Training, ziehen voll mit. Jetzt müssen wir noch die richtige Taktik und Einstellung finden, damit wir die Admira auswärts schlagen können.

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von Daniel Ringsmuth/Ligaportal, Foto: Harald Dostal/fodo.media