Noch gerade mit der vorletzten Runde im Kalenderjahr der ADMIRAL 2. Liga treffen der KSV 1919 und Liga-Leader GAK 1902 erstmals in 2023 aufeinander - Freitag, 20:30 Uhr, Ligaportal-Liveticker. In der Vorsaison und vergangenen Herbst gewannen die Grazer beide Duelle. Der 5:1-Sieg in Kapfenberg im September 2022 unter den Augen von GAK-Jahrhundert-Trainer Hans-Ulrich Thomale war der krönende Abschluss der Feierlichkeiten zum damals 120-jährigen Vereinsjubiläum. In Kapfenberg gefeiert wird seither auch der amtierende Cheftrainer der Falken - Abdulah Ibraković. Der 53-jährige Bosnier äußerte sich gegenüber Ligaportal-Redakteur Herbert Pumann im "Give-me-five"-Interview (5 Fragen = 5 Antworten) vor dem Topspiel gegen den Aufstiegs-Aspiranten.

"Ibrakadabra"...der Magier alias Falken-Retter Abdulah Ibraković. Am 10. Oktober 2022 startete der 53-jährige Bosnier bei dem damals abgeschlagenen Schlusslicht der ADMIRAL 2. Liga seine vermeintliche "Mission impossible", schaffte mit einer eindrucksvollen Aufholjagd den Klassenerhalt und ist aktuell mit den Kapfenbergern auf Tuchfühlung nach ganz oben. Saisonübergreifend holte der KSV-Cheftrainer in 33 ADMIRAL 2. Liga-Partien 15 Siege (10U, 8N). Chapeau!

"Teamgeist ist unsere Hauptsäule - Emotion unser Treibstoff"

Ligaportal: Vor einem Jahr, als Sie zum KSV 1919 zurückkehrt sind, lagen die Falken am Boden, ja auf der Intensivstation. Dann kamen Sie als Retter, haben sie wiederbelebt, dank einer einzigarten Aufholjagd den Klassenerhalt geschafft und in der neuen Saison folgte gar der Höhenflug auf einen einstelligen Tabellenplatz, nur einen Punkt hinter dem Zweiten SW Bregenz. Dazu seid ihr seit sieben Ligaspielen unbesiegt (4S, 3U). Wie erklären Sie sich den Erfolgslauf, zumal ihr ja mit Mark Grosse an die SV Ried auch einen Top-Stürmer verloren habt?

Abdulah Ibraković: Das ist kurz schwer zu erklären, weil es da auf viele Dinge ankommt. Für mich ist zunächst wichtig Spieler zu haben, die Teamgeist besitzen. Der Teamgeist ist unsere Hauptsäule dafür, wo wir jetzt stehen. Dazu die Emotion als unseren Treibstoff. Manchmal haben die jungen Schiedsrichter kein Gefühl und Gespür für unsere Spielweise. Wir bekommen schnell gelbe oder rote Karten. Das ist zwar eher ein Defizit bei uns, trotzdem wollen wir soviel wie möglich mit Emotion und Aggressivität spielen. Damit unsere Spiele attraktiv und spannend sind und die Zuschauer am Ende was zu sehen verdienen.

Gottseidank läuft nach dem Frühjahr auch diese Herbstsaison bisher gut. Dafür gebührt meinem Trainer-Staff ein großer Dank. Sowie dem Präsidenten, der an uns glaubt. Dazu mein Vertrauen in mein Team. Ich vertraue diesen Jungs, die von Tag zu Tag besser werden.

Ligaportal: Bei all Ihrer Erfolgsserie (Punkteschnitt 1,67 in 33 Ligapartien saisonübergreifend) fehlt noch ein Punktgewinn gegen den GAK  in Ihrer Sammlung, gegen den es in der Vorsaison eine 1:3-Auswärtsniederlage gab. Zuvor bei der 1:5-Heimpleite waren Sie ja noch nicht im Amt zurück. Die Grazer sind mit zehn Punkten Vorsprung souveräner Spitzenreiter, doch, wie zuletzt die 1:3-Heimniederlage gegen den FAC bewies, keine Übermannschaft und verwundbar. Wie wollt ihr sie im Top-Spiel im Freitagabend-Flutlicht-Match daheim knacken?

"Der Druck liegt im Moment beim GAK"

Abdulah Ibraković: Mit dem GAK kommt natürlich ein Top-Team. Um so größer ist die Herausforderung für uns. Natürlich haben wir unser Ziel und unseren Plan für dieses Freitagabend-Match. Es ist wichtig, dass wir die Balance finden zwischen unserer Emotion und Taktik. Strategisch müssen wir schauen, wie wir unsere Taktik umsetzen in den 90 Minuten oder etwas mehr.

Der Druck liegt im Moment beim GAK. Egal ob sie zehn Punkte Vorsprung haben, es geht in der 2. Liga schnell runter oder hoch. Darum haben sie nach ihrer Niederlage zuhause gegen den FAC noch etwas mehr Druck in ihren Köpfen. Aber ich hoffe vor allem, dass wir psychisch gut vorbereitet sind für dieses Match. Meine Jungs sind motiviert und wollen zeigen, dass sie auch Qualität haben. Damit können wir jedes Team in der Liga knacken. Wir müssen gut in das Match kommen und dann können wir womöglich am Ende wieder unseren Falken-Tanz tanzen.

Ligaportal: Ihr habt mit 14 Punkten von gesamt 23 mehr auswärts als daheim geholt. Sehen Sie da eine Diskrepanz zwischen Auswärts- und Heimspielen?

Abdulah Ibraković: Rein statistisch gesehen ja. Doch da spielen auch die jeweiligen Gegner und der jeweilige Zustand in unserem Team eine Rolle. Deswegen kann man das nicht so sagen. Für uns ist wichtig in jedes Match mit einem klaren Plan zu gehen - egal, ob wir zuhause oder auswärts spielen. Zuhause ist es vielleicht für Mannschaften wie Ried oder den GAK leichter, weil sie in ihren jeweiligen Stadien durch mehr Zuschauer mehr Druck erzeugen können. Das kann ein Vorteil sein.

Bei uns ist es ein anderes Stadion, da kann man nicht so viel Druck machen. Wobei die Zuschauerzahl weiter hoch geht. Da kommen immer mehr, was uns hilft. Ich hoffe, dass für das Match gegen den GAK noch mehr Zuschauer von uns kommen. Das gibt uns noch etwas mehr Energie und kann uns pushen.

"Das Team hat sich einen schönen Namen im österreichischen Fußball gemacht"

Ligaportal: Da ihr derzeit schon 12 bzw. 13 Punkte von den Abstiegsrängen entfernt und auf einem stolzen 6. Rang in der von Platz 2 bis 9 dichtgedrängten oberen Tabellenhälfte inne seid, was sind die Ziele für die Frühjahrssaison?

Abdulah Ibraković: Ja, von den Ergebnissen her ist es bisher in Ordnung. Was ist für uns wichtig? Unser Team ist in einem Prozeß. Wir haben im vergangenen Winter mit vielen jungen Spielern begonnen und selektiert. Viele junge Spieler haben sich etabliert. Das Team hat sich einen schönen Namen im österreichischen Fußball gemacht und jetzt müssen wir den nächsten Schritt machen. Wichtig ist, dass das Team auch im Winter zusammenbleibt. Das ist das Einzige, was ich mir wünschen. Und im Frühjahr kriegen wir noch ein paar junge Spieler, die sich bei unserem Spielstil und in unserem Verein beweisen. Dann können wir vielleicht unsere Spielart noch verbessern. Das ist das Wichtigste bei unserer Entwicklung und in unserem Prozeß.

Was die Ziele betrifft, so kann man in der österreichischen 2. Liga nicht viel rechnen. Natürlich wollen wir oben dabei bleiben und gegen starke Gegner kämpfen, um keinen Druck gegen den Abstieg zu haben. Doch das geht alles mit der Entwicklung vom Team. Wenn wir vorne dabei sind und uns etablieren. Das kann für uns im Frühling sehr spannend sein, um gegen Gegner im obersten Drittel anzugreifen. Das können wir uns wünschen und dann schaun mer mal.

Das Freitagspiel gegen den GAK kann da schon sehr wegweisend sein und ist für mich und meine Spieler sehr wichtig. Wobei ich auch klarstellen möchte, dass unser Prozeß nicht nur für die 1. Mannschaft gilt, sondern auch für die Akademie über das Amateur- zum Profi-Team. Ich muss als Trainer die Vereinsstrategie verfolgen. Wir haben sehr gute Arbeit geleistet bei den Jugendmannschaften. Das ist gut für mich, um im Winter zu selektieren und zwei, drei Spieler dann im Frühjahr in Profi-Team einzusetzen."

"Schade, wenn Richi geht, denn ich denke, dass er in die Bundesliga geht"

Ligaportal: Bei so vielen jungen Spielern sind auch erfahrene wichtig. Davon habt ihr im Sommer mit Richard Strebinger einen erhalten, eurem großen Rückhalt. Der hat große Zeiten beim SK Rapid gehabt, war ein gestandener Bundesliga-Torhüter und hat dann eine schwierige Zeit in Polen und bei der SV Ried gehabt. In Kapfenberg scheint er wieder zur alten Form gefunden zu haben. Welchen Stellenwert, welche Rolle nimmt er für Sie in der Mannschaft ein?

Abdulah Ibraković: Richi gebührt sich ein großer Anteil an unserem Erfolg. Er hat bei uns von Anfang an vor allem seine menschliche Qualität gezeigt und ist dadurch sehr schnell in das Team gekommen. Das Team liebt ihn wie keinen anderen neuen Spieler, weil er ist eine Persönlichkeit. Schade für die Bundesliga, dass er nicht dort im Tor ist bei irgendeinem Verein. Okay, für uns ist das Glück.

Ich hoffe, dass er so lange wie möglich bei uns bleibt, aber für mich gehört er mit seinen Qualitäten in die Bundesliga. Wir bekommen viele Angebote. Trotzdem freuen wir uns, dass wir als Team ihm geholfen haben, damit er auf sein Niveau zurückgekommen ist. Durch unsere Arbeit, unseren Teamgeist und unsere Spielart. Er ist wichtig für uns und bringt auch für unsere jungen Spieler mit seiner Energie viel mit. Schade, wenn er geht, denn ich denke, dass er in die Bundesliga geht.

Fotocredit: RiPu-Sportfotos, Josef Parak und GEPA-ADMIRAL