Kapfenberg-Sektionschef Brandl: "Die ganze Bevölkerung ist negativ eingestellt!"

kapfenbergEs läuft einiges schief im österreichischen Fußball - dieser Meinung ist in jedem Fall Karl Brandl, Sektionsleiter der KSV 1919 Amateure. Der Tabellendreizehnte der Regionalliga Mitte setzt seit Jahren ausschließlich auf eigene Talente, die Ausbildung von jungen Spielern genießt oberste Priorität. Im Interview mit ligaportal prangert der erfahrene Funktionär einige Missstände an und spricht auch über den dramatischen Zuschauerrückgang. 

"Das Kapital liegt nur bei den Jungen" 

19,9 Jahre betrug das Durschnittsalter der Anfangsformation vergangenes Wochenende gegen Vöcklamarkt. Was bei vielen Vereinen die Ausnahme ist, gilt bei den Kapfenberg Amateuren als Selbstverständlichkeit. Die Nachwuchsausbildung steht bei den Steirern ganz oben auf der Liste. Dieses klare Konzept hat vor allem einen Namen: Karl Brandl, jahrelanger Sektionsleiter beim KSV. "Man sieht, was sich in Österreich derzeit abspielt, etwa in Sachen Admira oder Austria Klagenfurt. Da kann man sich darauf einstellen, was auf uns zukommt. Darum müssen wir die Ausbildung der Jungen positiv weiterverfolgen. Denn das Kapital liegt nur bei den Jungen. Es nützt nichts, wenn man fünf Brasilianer holt, wo das Geld von einem Mäzen kommt. Auf der anderen Seite kann man dann aber die Platzmiete nicht mehr zahlen", kritisiert Brandl. 

Stimmung am Boden 

Genau darin sieht der Sektionschef auch die Ursache für den massiven Zuschauerrückgang in Österreich. "In unserer Region haben die Sportplatzbesuche derart nachgelassen, weil solche Sachen immer wieder passieren. Wenn man den Zuschauerschnitt sieht, geht es zur Zeit komplett den Bach hinunter. Die Stimmung ist überall total negativ und am Boden, die Leute gehen nicht mehr auf den Platz. Alle sind nur Negativdenker. In der Bevölkerung ist jeder so negativ eingestellt - nicht falsch verstehen, aber da muss man sich schämen, Österreicher zu sein", so ein verärgerter Brandl.  

Als Beispiel führt er die bevorstehende Cup-Partie der Kapfenberger Profimannschaft gegen Red Bull Salzburg an, wo gerade einmal um die 1500 Zuseher erwartet werden. Das sei beschämend, sagt der Vereinsverantwortliche. Man sei ein Einzugsgebiet, es komme jene Mannschaft, die mit hundertprozentiger Sicherheit österreichischer Meister werde, in der Euro-League ihre Spiele gewinne - und dann würden nur 1500 Leute kommen, nimmt sich Karl Brandl kein Blatt vor den Mund. Aus diesem Grund habe er bereits vorgeschlagen, die Schulen aus der ganzen Region anzuschreiben, damit die Kinder kostenlos kommen könnten, so der Funktionär.

Weg von den Drogen, weg vom Alkohol, weg von der Straße

Was mögliche Lösungsansätze für diese Probleme betrifft, so richten sich die Blicke Brandls abermals auf die Nachwuchsförderung. "Man muss halt etwas tun. Der Sinn muss sein, dass man die Jugend wieder auf den Fußballplatz bringt. Mein Slogan ist immer: Weg von den Drogen, weg vom Alkohol, weg von der Straße. Bei uns in der Akademie trainieren die Spieler sieben Mal in der Woche, sind in einem Internat, machen die Matura. Wir sind damals vor neun Jahren als Satellitenklub gestartet, sind permanent aufgestiegen und das dritte Jahr in der Regionalliga. Und das rein mit ausgebildeten Burschen, die Talente haben und sich zugleich im zweiten Bildungsweg genau so entwickeln. Denn es nützt nichts, nur Fußball zu spielen, es können schließlich immer Verletzungen kommen", warnt Brandl, nicht auf die schulische Ausbildung zu vergessen. 

Kärntner Festspiele 

Auch zur aktuellen sportlichen Situation hat der Sektionsleiter eine klare Einschätzung parat. Mit zehn Punkten aus zwölf Runden liegen die KSV Amateure derzeit auf Rang 13, haben einen Zähler Vorsprung auf die Abstiegsplätze. Zwar dürfte den Jungfalken auch heuer der Kampf um den Klassenerhalt bis zum Schluss nicht erspart bleiben, Brandl hofft aber auf einen neuerlichen Ligaverbleib. Man wolle sich als Ausbildungsstätte für die Jungen vom Abstieg fernhalten, wünscht sich der Kapfenberger Funktionär. Das Restprogramm der Obersteirer hat es in jedem Fall in sich. In den verbleibenden vier Runden trifft man auf alle vier Kärntner Klubs. "Gegen die WAC Amateure möchten wir drei Punkte machen, gegen den SAK und den VSV einen", gibt sich Brandl optimistisch. Allerdings dürfe man den Jungen nicht zu viel Druck in die Waagschale legen, indem man sage, ein Sieg müsse her, ergänzt er. Man sehe, wie eng Siege und Niederlagen beieinander liegen würden, betont der Verantwortliche und verweist auf die knappen Pleiten in St. Florian und beim LASK. "In der Regionalliga können die Burschen Erfahrung sammeln und lernen, aber das braucht halt auch Zeit." Zeit, die die jungen Eigengewächse in Kapfenberg in jedem Fall erhalten. 

Christoph Gaigg