In der 30. Runde der Tipico Bundesliga kam es am Sonntagnachmittag vor nur 11.267 Zuschauern im Ernst-Happel-Stadion zum 326. Aufeinandertreffen der Wiener Stadtrivalen Austria und Rapid. Der Grund für den mageren Zuschauerandrang: Die Wiener Austria setzte aufgrund einiger unschöner Vorfälle in den jüngsten Begegnungen der beiden Klubs auf eine strikte Trennung der Fan-Blöcke und ließ erstmals keine Rapid-Fans in den neutralen Sektor auf der Längsseite. Diese Maßnahme zeigte Wirkung, innerhalb des Stadions kam es zwischen den Fans zu keinen Auseinandersetzungen. Ergebnistechnisch verlief das Kräftemessen allerdings sehr einseitig. Rapid präsentierte sich an diesem Nachmittag extrem effizient und führte durch Treffer von Schwab und Murg bereits zur Pause mit 2:0. Kurz nach Seitenwechsel erhöhte Philipp Schobesberger auf 3:0, ehe der eingewechselte Giorgi Kvilitaia den 4:0-Endstand fixierte. Rapid blieb in dieser Saison damit auch im fünften Pflichtspiel gegen den Stadtrivalen ungeschlagen, feierte den höchsten Derbysieg seit 1981 und holte sich den 3. Tabellenrang zurück. Die Austria kassierte hingegen die erste Heimniederlage unter Thomas Letsch und entfernt sich immer weiter von den Europacup-Plätzen.

 

Ausgelassener Jubel Rapid feierte einen fulminanten 4:0-Derbysieg gegen Austria Wien. 

Letsch muss aufgrund der Sperren von Holzhauser und Serbest sein Mittelfeld umbauen – Djuricin setzt auf Schobesberger als Solospitze

Austria-Trainer Thomas Letsch musste aufgrund der Sperren von Holzhauser und Serbest improvisieren, veränderte seine Mannschaft im Vergleich zum Sieg in Graz auf vier Positionen. David De Paula, Lucas Venuto, Ibrahim Alhassan und Christoph Monschein rückten für Raphael Holzhauser, Tarkan Serbest (beide gelbgesperrt), Dominik Fitz (Bank) und Kevin Friesenbichler (nicht im Kader) in die Startelf der Veilchen. Sein Gegenüber Goran Djuricin nahm gegenüber dem 2:1-Heimsieg gegen St. Pölten drei Änderungen vor. Manuel Thurnwald, Thanos Petsos und Giorgi Kvilitaia mussten sich heute vorerst mit der Bank begnügen. Dafür spielten Mario Pavelic, Veton Berisha sowie der zuletzt gesperrte Dejan Ljubicic von Beginn an. Philipp Schobesberger begann heute als Solospitze.

Effiziente Rapidler nutzen die risikoreiche Spielanlage der Austria eiskalt aus

Die Veilchen begannen so, wie sie es seit dem Amtsantritt von Trainer Thomas Letsch immer taten. Sie attackierten die Hütteldorfer früh und konnten so den Spielaufbau des Erzrivalen früh stören. Der erste gelungene Angriff von Rapid führte allerdings gleich zum ersten Tor in diesem Derby. Eine ungenaue Schobesberger-Hereingabe landete über Umwege bei Schaub, dessen Flanke dank eines Konzentrationsfehlers von Alhassan genau bei Schwab landete. Der Kapitän fackelte nicht lange und knallte die Kugel von der Strafraumgrenze volley ins rechte untere Eck – 0:1 (8.). Saisontor Nummer 10 für den Rapid-Kapitän. Die fast perfekte Antwort der Hausherren ließ aber nicht lange auf sich warten: Felipe Pires spielte gleich mehrere Gegenspieler schwindlig und zog in den Strafraum. Der Schlenzer des Brasilianers zischte nur haarscharf am langen Eck vorbei (10.). Die Anfangsphase hatte es in sich und gestaltete sich sehr schwungvoll. Es ging hin und her. Zunächst hatte die Austria nach einer scharfen Venuto-Hereingabe die Chance auf den Ausgleich, ehe wenige Augenblicke später Schwab eine ideale Flanke auf Schobesberger schlug, dessen Kopfball jedoch zu ungenau ausfiel und genau auf Pentz ging (24.).

Das Derby gestaltete sich weiterhin sehr schwungvoll mit Offensivaktionen auf beiden Seiten. Austria spielte jedoch extrem risikoreich und bot den Hütteldorfern immer wieder viel Platz. Dafür wurden die Veilchen bitter bestraft: Schobesberger nutzte den Raum und brachte mit einem idealen Pass Thomas Murg in Position, der stark nach innen zog und das Spielgerät von der Strafraumgrenze ins lange Eck schlenzte – 0:2 (42.). Mit diesem Ergebnis ging es auch in die Kabinen.

Thomas Murg schlenzte das Spielgerät kurz vor der Pause sehenswert ins lange Eck.  

Austria kommt gegen den Erzrivalen unter die Räder

Ohne personelle Veränderungen nahmen beide Teams die zweiten 45 Minuten in Angriff. Die zweite Halbzeit startete, wie die erste aufgehört hatte: sehr schwungvoll mit Offensivaktionen auf beiden Seiten. Das risikoreiche Spiel der Austria spielte Rapid jedoch genau in die Karten: Wieder waren die Veilchen hinten schlecht sortiert, Berisha schickte mit einem idealen Steilpass durch die Schnittstelle den pfeilschnellen Schobesberger auf die Reise, der Pentz umkurvte und die Kugel ins leere Tor schob – 0:3 (51.).

Schobesberger fand als Solospitze zurück zu alter Stärke und stellte in Minute 51 auf 3:0. 

Ein bitterer Nachmittag für die Violetten, die ihren Erzrivalen regelrecht zum Toreschießen einluden. Die Hausherren wirkten geknickt und Rapid blieb weiter am Drücker. Ein abgefälschter Schuss von Veton Berisha zischte nur knapp am langen Eck vorbei (60.). Wenige Augenblicke später hätte Schobesberger das vierte Tor machen müssen, doch er scheiterte völlig freistehend von der Strafraumgrenze an Pentz (62.). Die Veilchen wirkten nun völlig verunsichert und hatten Glück, dass Rapid mit seinen Chancen viel zu leichtfertig umging. Trotzdem kam es für die Gastgeber noch schlimmer: Veton Berisha bediente den kurz zuvor eingewechselten Kvilitaia, der mit seiner ersten Ballberührung auf 4:0 stellte (73.). In der Schlussphase durfte auch Rapids Ehrenkapitän Steffen Hofmann mitwirken. Für ihn war es heute sein letztes Derby im Dress der Grün-Weißen. Er musste auch mitansehen, wie Schaub völlig alleine auf Pentz zulief und die Kugel am langen Eck vorbeisetzte (85.). Das vermeintliche 5:0 durch Berisha wenige Minuten später zählte wegen Abseits nicht (88.). Nichtsdestotrotz feierte Rapid am Ende einen fulminanten 4:0-Derbysieg.

Stimmen zum Spiel

Austria-Trainer Thomas Letsch gegenüber Sky: „Gleich gut waren wir nie, von Anfang an nicht. Natürlich hat das Spiel einen günstigen Verlauf für Rapid genommen. Ich sehe heute nichts Positives, es war Glück nur vier zu bekommen. Es war natürlich peinlich, es tut mir leid für alle Fans der Austria im Stadion. Alles was wir gegen Sturm gut gemacht haben, hat heute gefehlt. In vielen Situationen waren wir naiv, es war nicht geplant, dass wir am Ende noch so aggressiv draufgehen. Im Nachhinein ist man immer schlauer, wir haben den Gegner durch Eigenfehler eingeladen, es hat nichts mit der Spielanlage zu tun. Wir wollen jedes Spiel gewinnen, mir ist es nicht egal, ob wir 1:0 oder 4:0 verlieren. Man kann nicht zur Tagesordnung übergehen. Trotzdem müssen wir nach vorne schauen, heute haben wir deutlich und verdient verloren. Morgen werden wir die Fehler ansprechen und alles analysieren, was wir schlecht gemacht haben – das wird eine Weile dauern. Wir haben noch sechs Spiele und die wollen wir optimal gestalten.“

Michael Madl, Kapitän Austria Wien, bei Sky: „Das war peinlich. Ich muss mich bei den Fans entschuldigen, es war nicht gut genug. Die Torchancen von Rapid kamen durch unsere Eigenfehler zustande, wir haben die Bälle zu einfach verloren, das war ein gefundenes Fressen für sie. Wir haben uns heute drei Punkte vorgenommen. Die Admira spielt heute noch gegen Salzburg, wir müssen schauen, wie sich die Admira schlägt.“

Rapid-Coach Goran Djuricin am Sky-Mikro: „Die Jungs wollten das unbedingt, unser Spielplan ist aufgegangen. Das ist nicht immer so. Schobesberger hat den meisten Leuten eine gute Antwort gegeben. Wir waren heute sehr effizient, trotzdem hätten wir das eine oder andere Tor mehr erzielen können. Wir diskutieren im Staff sehr viel, diesmal ist es aufgegangen (Entscheidung Schobesberger als Solospitze, Anm.). Wir sind auf Kurs, Dritter und im Halbfinale. Wir müssen jetzt sehr gut regenerieren, gut essen und trinken und dann ab nach Graz. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern (was Fredy Bickel nach Schlusspfiff zu ihm gesagt hat, Anm.). Der Derbysieg bringt sehr viel Selbstvertrauen, wir haben heute auch Mentalität gezeigt. Jetzt liegt der Fokus auf Sturm Graz. Wir sind auf Kurs, mehr ist es nicht, wir dürfen nicht euphorisch werden.“

Philipp Schobesberger, Torschütze SK Rapid, im Sky-Interview: „Ich bin mit einem guten Mindset in die Partie gegangen. Ich war in der letzen Zeit nicht so gut drauf, habe aber gewusst, dass ich die letzten Derbys hier getroffen habe. Es gelingt nicht immer, aber heute ist es ganz gut gelungen. Heute war ich mit mir zu 90 Prozent zufrieden, ich habe ein, zwei Chancen ausgelassen. Heute kann ich zufrieden sein. Wir haben den dritten Platz zurückgeholt und der Derbysieg ist immer schön.“

FK Austria Wien – SK Rapid Wien 0:4 (0:2)

Ernst-Happel-Stadion, 11.267 Zuschauer, SR Grobelnik

Tore: Schwab (8.), Murg (42.), Schobesberger (51.), Kvilitaia (73.)

Austria: Pentz – Klein, Madl, Borkovic, Salamon – De Paula (77./Grünwald), Demaku – Venuto (63./Lee), Alhassan (54./Fitz), Pires – Monschein

Rapid: Strebinger – Pavelic, M. Hofmann, Galvao, Bolingoli – Ljubicic, Schwab (76./Petsos) – Schaub, Murg (76./S. Hofmann), Veton Berisha – Schobesberger (72./Kvilitaia)

 

Fotos: Josef Parak

 

Geschrieben von Daniel Ringsmuth