Bei seiner ersten Pressekonferenz inmitten der Vereinsverantwortlichen vom FC Blau-Weiß Linz in der Linzer Tabakfabrik im Braulokal "Zur Liesl" machte Neuzugang Ronivaldo Bernardo Sales einen ruhigen und motivierten Eindruck. Der "brasilianische Bomber" entschied sich für Linz statt Ländle. Für Blau Weiß statt Grün-Weiß. Für den ADMIRAL 2. Liga-Aufstiegsaspirant aus der Stahlstadt statt ADMIRAL Bundesliga-Aufsteiger Austria Lustenau, obwohl Familie & Freunde des 33-Jährigen in Lustenau leben. Ein großer Schritt von "Val Ceará", so sein Künstlername in seiner Heimat Brasilien. Nachfolgend Statements von der PK.

V.l.: Sargon Mikhaeel (Vorstand), Neuzugang Ronivaldo Bernardo Sales, Chefcoach Gerald Scheiblehner und Manuel Wellmann (Vorstand).

"Vormittag schneidern, nachmittag Schule, danach bis 22 Uhr Fußball auf der Straße"

Vorweg etwas zur Person: Ronivaldo Bernardo Sales wurde am 24. März 1989 in Orós, über 300 Kilometer südlich von Fortaleza - WM-Austragungsort von 2014 und Hauptstadt des Bundesstaats Cereá - im Westen Brasiliens geboren, verbrachte seine Kindheit allerdings weiter südwestlich in Santa Cruz do Capibaribe nahe Recife (Staat Pernambucu). Recife ist für Textilindustrie in seinem Heimatland bekannt.

Ronivaldo: "Alle Brasilianer kommen nach Santa Cruz zum Einkaufen, in meiner Stadt sind beinahe alle Leute Schneider." Auch seine Eltern: "Bis ich 13 Jahre alt war habe ich zuhause bei meiner Familie gearbeitet. Am Vormittag schneidern, am Nachmittag Schule - aber danach bis 22 Uhr auf der Straße Fußball spielen." 

"Kopfball wie ein Schuss"

Die fußballerischen Vorbilder von Ronivaldo fangen auch mit "R" an und klingen fast ähnlich: Rivaldo & Romario. Von letzterem schwärmt der Neo-Blau Weiße: "Im Strafraum war niemand so stark wie Romario. Sein Abschluss war brutal gut und auch mit dem Kopf war er trotz seiner Größe brandgefährlich - so wie ich."

Was bei Ronivaldo wegen seiner 1,73 Meter Größe etwas überrascht: "Ich liebe Kopfbälle. Als Kind habe ich immer zuhause trainiert. Wir hatten nicht so viel Platz in der Wohnung, also habe ich den Ball hochgeworfen, bin gesprungen und habe das Kopfballspiel geübt. Das hat sich ausgezahlt, ich habe eine gute Kontrolle mit dem Kopf. Frühere Mitspieler sagten: ‚Dein Kopfball ist wie ein Schuss.'"

"Lustenau oder wir - er hat sich für Weg aus der Komfortzone entschieden"

Sportdirektor Tino Wawra über...

...Verpflichtung Ronivaldo: "In unserer sportlichen Analyse kam heraus, dass wir wieder eine sehr gute Saison gespielt haben, uns jedoch das eine Puzzleteil fehlt. Das brauchten wir noch, damit wir auch wirklich mal wieder ganz Vorne mitspielen können: der Goalgetter. Es hat sich auch heuer wieder gezeigt, dass genau die Mannschaft Erster ist, die den Stürmer hat, der über 20 Tore schießt. Das soll jetzt kein Druck sein, aber wir wissen halt, was man bekommt, wenn man Ronivaldo holt. Er war von Anfang an vom Trainer und mir der Wunschspieler. Wir hatten im Februar erstmals Kontakt. Wir haben uns sehr lange mit der Personalie beschäftigt und haben ihn dann im Endeffekt nicht mit wirtschaftlichen Mitteln überzeugt, sondern von unserem Weg, den wir gehen wollen. Großen Respekt für seine Entscheidung, weil es am Schluss für ihn sehr schwer war. Er hat Familie in Lustenau und das war auch der letzte Konkurrent - Austria Lustenau oder wir. Er hat sich dann für den Weg raus aus der Komfortzone für ihn jetzt so entschieden. Das verdient großen Respekt. Er wird eine gute Rolle bei uns spielen."

...ob nach 1. Vertrags-Angebot nachgelegt wurde: "Nein, wir haben nicht mehr nachgelegt. Das Angebot hat gestanden. Es ist für Blau Weiß Linz ein sehr gutes Angebot, aber nicht so, dass man glaubt, es ist utopisch. Das war´s nicht. Ich glaube, dass wir ihn am Ende wirklich mit unserem Weg, den wir hier in Linz gehen wollen, überzeugt haben. Das hat er auch immer wieder gesagt. Er hätte es sich ja auch leicht machen können. Seine Familie und seine ganzen Freunde sind in Lustenau. Er hätte auch dort bleiben können, aber er wollte da raus aus der Komfortzone und nochmal was erreichen. Eine wichtige Rolle spielen, die er bei uns kriegt. Natürlich hat ihn auch das Stadionprojekt überzeugt. Er wollte unbedingt im neuen Stadion spielen. Und wir haben ihm auch aufgezeigt, dass wir genau dieses Profil eines Stürmers brauchen."

...weiter geplante Sommer-Transfers: "Was vom Trainer und mein Wunsch ist, dass wir auf der Innenverteidiger- und Sechser-Position noch nachrüsten. Da sind wir noch am sondieren, weil wir zwar 2 Spieler haben, die gesetzt sind, aber darüberhinaus haben wir keine Breite. Da müssen wir uns besser aufstellen, falls mal eine Verletzung passiert, um das Niveau zu halten. So ist es auch hinten in der Dreier-Kette, wo wir wirklich sehr gut aufgestellt sind. Aber auch wenn da was passiert, brauchst du Leute, die das Eins-zu-Eins ersetzen. Das war die Analyse. Und vlt. hinten noch etwas Geschwindigkeit rein bringen. In der vorderen Reihe sind wir jetzt mit Roni fertig. Wir nehmen uns Zeit, um das gut zu überlegen, wen man noch dazu holen könnte. Wir haben keinen Stress und sind gut aufgestellt. Wenn du ganz vorne mitspielen willst, ist es immer wichtig, dass du eine Breite im Kader hast. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist werden wir zuschlagen."

...wäre James Holland einer vom LASK (Anm.: zu dem Zeitpunkt war dessen Transfer zu Austria Wien noch nicht fix): "Den können wir uns nicht leisten. Ist kein Thema."

"Da trainieren fünf Spieler in der freien Zeit"

...Bundesliga-Aufstieg: "Wir haben eine Mannschaft, da haben wenige bisher Bundesliga gespielt. Jeder in der Mannschaft hat das Ziel, er will in die Bundesliga. Der Schössi ist fast der einzige, der einige Bundesligaspiele hat. Alle anderen haben noch nie in der Bundesliga gespielt und das ist ihr großes Ziel. Der Roni hat es eh heute drüben beim Medizincheck gesehen. Da waren fünf Spieler von uns dort trainieren, in der freien Zeit. Das zeigt, dass sie wirklich was erreichen wollen."

Chefcoach Gerald Scheiblehner über...

...Verpflichtung Ronivaldo: "Nach dem Zugang von Christoph Schösswendter in der Abwehrreihe brauchen wir im vorderen Bereich einen routinierten Spieler. Weil wir sehr viele junge, gute Spieler im Kader haben. Wir wissen, dass erfahrene Spieler den jungen weiter helfen, dass sie sich weiter entwickeln. Es gibt in Österreich nicht sehr viele Spieler, wo man sagt, die kennen die Liga, sprechen deutsch, schießen Tore und sind immer noch ehrgeizig. All diese Attribute fallen auf Roni. Hinzu kommt, dass er perfekt in unser System passt. Weil wir mit einem zentralen Stürmer spielen, der mit dem Rücken zum Tor Qualität hat. Er ist nicht nur als Scorer und Assistgeber sehr gut, sondern auch mit dem Rücken zum Tor und kann Bälle sehr gut sichern. Wir haben ein sehr laufintensives Spiel gegen den Ball. Aber grad die Position vom Roni in der vordersten Reihe, ist am wenigsten intensiv, weil ein zentraler Stürmer bei uns die wenigsten Meter hat zum Anlaufen. Von demher passen da viele Dinge zusammen und freut es mich, dass dieser Transfer gelungen ist."

"Spirit wieder in Mannschaft rein bekommen"

...Vorbereitungsprogramm: "Wir beginnen am 13. Juni mit dem Training, haben dann 6 Wochen Vorbereitung bis zum ersten Meisterschaftsspiel. Alle Testspiele sind geplant. Wir haben da eine optimale Mischung gefunden. Mit sehr herausfordernden Gegnern, wo wir uns mit internationalen Spitzenklubs messen können. Das ist mir wichtig, weil es in Wahrheit keine Testspiele mehr gibt, wo es um keine Ergebnisse geht. Es geht in jedem Spiel auch um das Ergebnis. Die Vorbereitung wird wie immer intensiv werden und es geht darum, die neuen Spieler zu integrieren. Das ist diesen Sommer um einiges leichter wie im vorigen, wo viel mehr neue Spieler da waren als heuer. Wichtig ist, dass wir den Spirit wieder in die Mannschaft rein bekommen."

"Haben unglaublich Mentalität in der Mannschaft"

...nun auch offiziell deklariertes Ziel Bundesliga-Aufstieg: "Es gibt nichts Schöneres ein großes Ziel vor Augen zu haben, das man auch erreichen kann. Es geht immer um Ziele im Sport. Wir haben heuer unser Ziel erreicht (Anm.: Platz 3). Sportler müssen sich ambitionierte Ziele setzen. Wir haben eine gute Mannschaft. Das Ziel ist, dass wir die Mannschaft so formen, damit wir diesmal um den Titel mitspielen. Wenn wir weiter guten Fußball spielen, werden die Ergebnisse von alleine kommen. Wie immer braucht man auch etwas Glück, dann kann auch Erfolg heraus kommen. Heuer haben wir die Chance, auch mit dem neuen Stadion nächstes Jahr. Im Vordergrund steht, dass wir als Mannschaft eine Freude beim Kicken haben. Wir haben eine unglaubliche Mentalität in der Mannschaft. Es ist ja super, wenn es um was geht. Ich empfinde das nicht als Druck, sondern als Riesenchance, als Rieseneuphorie. Das macht eine Superstimmung, wenn man so was vor Augen hat."

...Favoriten in kommender Saison: "Die Admira kann man noch schwer einschätzen. Da weiß man nicht, was passiert. Aber ich denke es wird keine Überraschungen geben. Es wird St. Pölten, GAK, Lafnitz, Liefering. Vienna (Anm.: Aufsteiger) wird auch vorne mitspielen wollen. Das wird eine extrem enge Liga. Es wird keiner davon ziehen und wie jedes Jahr sehr ausgeglichen sein. Eine unglaublich schwierige Liga. Die oft unterschätzt wird. Wenn man anschaut, Austria Klagenfurt ist aufgestiegen als Dritter und kommt sofort in die Top 6. Das spricht für die 2. Liga."

"Haben nicht das Damoklesschwert über uns hängen, dass wir nächstes Jahr aufsteigen müssen"

...Meister-Kandidat Blau Weiß Linz: "Ich glaube schon, dass wir eine Mannschaft haben, die Vorne mitspielen soll. Weil wir auch die Qualität haben und eine Mannschaft entwickelt haben, die den Anspruch hat vorne dabei zu sein. Wenn es uns am Ende gelingt, ist es ein unglaublicher Erfolg. Und wenn nicht, wird es Blau Weiß weiterhin in dieser guten Form geben. Dann werden wir uns genauso freuen, in das neue Stadion einzuziehen. Wir haben jetzt nicht das Damoklesschwert über uns hängen, dass wir im nächsten Jahr aufsteigen müssen. Der Verein ist gut aufgestellt."

...Ronivaldos Rolle: "Es gibt eine Statistik, dass wir die meisten Ballberührungen im gegnerischen Strafraum haben. Das ist mir immer wichtig. Wir haben da sehr viele Angriffe und sind eine Mannschaft, die unglaublich viele Torchancen hat. Da braucht´s einen Spieler, der diese Torchancen auch verwertet und einen Strafraum-Stürmer. Das ist seine Aufgabe. Dafür ist er geholt worden. Für das ist er bekannt geworden, dass er im Strafraum eine unglaubliche Qualität hat. Hinzu kommt, dass er abseits des Spielfeldes die jungen Spieler besser macht. So wie es Schösswendter gemacht hat. Die Spieler können sich viel von Roni abschauen. Am und auch neben dem Platz. Wir sehen jetzt nicht in ihm den Ronivaldo, der alles umreißen muss. Er ist ein wichtiger Baustein in unserer Mannschaft und wir werden nur dann Erfolg haben, wenn jeder seine Leistung bringt. Mich eingeschlossen. Dann wird es funktionieren. Fußball ist jetzt nicht so kompliziert."

"Für uns ist 2-Jahres-Plan wichtig"

Sargon Mikhaael (Vorstand): "Wir haben uns als Ziel gesetzt, dass wir den Aufstieg bis Sommer 2024 schaffen wollen. Daran arbeiten wir. Wenn das - wie der Trainer sagte - nächstes Jahr gelingt, freuen wir uns. Und wenn nicht, haben wir genauso einen grandiosen Start in der 2. Liga im neuen Stadion. Für uns ist dieser 2-Jahres-Plan wichtig. Mit dem kann man auch den 2-Jahres-Vertrag mit Ronivaldo in Verbindung setzen, um hier einen Schritt nach dem Anderen zu gehen. Ronivaldo war ein Schritt davon."

Mit dem "Rücken zur Wand" steht Neuzugang Ronivaldo nur für das erste Dostal-Foto bei seiner Präsentation vom FC Blau Weiss Linz im Rahmen der heutigen Pressekonferenz...ansonsten hat der 33-jährige Brasilianer seine Stärken laut Chefcoach Gerald Scheiblehner unter anderem gerade "mit dem Rücken zum Tor".

Neuzugang Ronivaldo über...

...Entscheidung Pro Blau-Weiß Linz: "Es war zuerst die Frage, ob ich nach Lustenau zurück kehre. Dann haben wir uns (Anm.: sein Berater und Tino Wawra) im Februar das erste Mal getroffen. Er hat mir gesagt, dass sie mich brauchen. Das ist sehr interessant für mich. Ich habe dann mit meiner Frau und meinem Berater geredet und ich denke, die Entscheidung ist gut. Für dieses Projekt hier."

...ob auch er auch auf Gehälter von Ex-Klub Wacker Innsbruck wartet wie andere Spieler für März & April: "Nein".

...Meisterschaftsfavoriten kommende 2. Liga-Saison: "FC Liefering, FC Admira, GAK. Vienna, die seit sieben Jahren wieder aufgestiegen sind. In der 2. Liga ist diese Saison sehr, sehr komplizierter. Aber wir machen unser Spiel. Schauen von Spiel zu Spiel und sehen dann, was passiert.  

Fotocredit: Harald Dostal/www.sport-bilder.at