Nach einem Sky-Interview von Sportchef Thomas Reifeltshammer am vergangenen Samstag machten bereits erste Spekulationen die Runde, wonach Andreas Heraf nicht auf die Trainerbank bei der SV Ried zurückkehren könnte. Am Montag kam die offizielle Bestätigung des Vereins, dass man sich von Heraf getrennt habe. Interimscoach Christian Heinle wird weiterhin das Training leiten, wenngleich sich die Rieder bereits nach einem neuen Cheftrainer umsehen. 

In einem Interview mit Sky Sport Austria äußert sich Heraf zur Trennung von der SV Ried, spricht über seinen aktuellen Gesundheitsstatus sowie über seine persönliche Zukunft. 

Heraf fühlt sich nach Erkrankung wieder "top fit"

„Ich bin top fit. Es geht mir sehr, sehr gut und bin ja auch schon seit mehr als zwei Wochen von den Ärzten gesundgeschrieben. Meine Stimmbändergeschichte hat sich Gott sei Dank in Wohlgefallen aufgelöst und genauso entwickelt, wie wir es erhofft haben. Es hat einfach eine Pause gebraucht, um die Stimmbänder zu schonen. Die Sache ist erledigt", erklärt Heraf, der seit Anfang Oktober mit schweren Stimmbandproblemen zu kämpfen hatte. 

"...da habe ich schon gemerkt, dass der Verein den eingeschlagenen neuen Weg weitergehen möchte"

Einen mentalen Kratzer hat Heraf von der Trennung nicht davongetragen: „Es ist überhaupt nicht so schlimm. Ich sehe es nüchtern und sehr schmerzfrei. Ich denke einfach, dass das ganze Leben so ist. Wenn sich zwei Parteien gegenübersitzen und man kommt aus irgendwelchen Gründen auf keinen gemeinsamen Nenner, dann muss man sich eine Lösung einfallen lassen und meistens ist die Lösung dann die, dass man sich voneinander trennt. Wir haben in einer einvernehmlichen Lösung ohne böse Worte - ich verstehe mich ja sehr, sehr gut mit Roland Daxl - eine Einigung vereinbart. Somit ist die Sache für mich erledigt. Natürlich ist das Faktum, dass ich seit gestern keinen Job mehr habe, eines, welches mir nicht so gefällt, aber ich hoffe, dass es sich in Bälde wieder ändern wird.“ 

Über die einvernehmliche Trennung von der SV Ried und das vergangene Gespräch in der letzten Woche mit der SV Ried sagt Heraf: „Mit diesem Gespräch hat es sich für mich schon abgezeichnet, dass etwas passieren wird. Für mich war ganz klar, wie es ausgemacht war, dass ich am 08. November meine Tätigkeit fortsetzen werde. Ich habe dem Verein auch angeboten, schon eine Woche früher einzusteigen, weil mir das Spiel gegen die Admira als sehr wichtiges Spiel im Kampf gegen den Abstieg erschienen ist. Wir haben uns dann trotzdem darauf geeinigt, es beim 08. November zu belassen. Aber in diesem Gespräch, in der letzten Woche, da habe ich schon gemerkt, dass der Verein den eingeschlagenen neuen Weg weitergehen möchte und den Weg, den ich gegangen bin, auch wenn er sehr, sehr erfolgreich war, nicht mehr gemeinsam gehen wollte. Da bin ich dann sehr schmerzfrei. Wenn ich merke, dass man mir das Vertrauen entzieht und nicht mehr an die Dinge glaubt, an die ich glaube, dann war es für mich klar, dass man eine schnelle Lösung herbeiführen sollte. Das haben wir dann auch in aller Kürze getan.“

"Was der Verein mit dem neuen Weg genau meint, habe ich immer wieder versucht zu erfragen"

Angesprochen auf die wirkliche Diskrepanz zwischen ihm und den Ried-Verantwortlichen im Hinblick auf die Entwicklung der Mannschaft, betont der Ex-Ried-Coach: „Diese Frage stelle ich mir im Detail auch. Fakt ist, man spricht von Auffassungsunterschieden. Das stimmt. Mein Weg war ganz einfach sehr erfolgs- und resultatsorientiert. Ich habe in den 21 Pflichtspielen 35 Punkte geholt, neunmal gewonnen und nur viermal verloren. Diese Werte sind top. Ich habe die Mannschaft vor dem Abstieg gerettet und habe sie auf dem vierten Tabellenplatz übergeben. Von der Warte kann man fast nicht mehr liefern. Was der Verein mit dem neuen Weg genau meint, habe ich immer wieder versucht zu erfragen. Man spricht immer von Entwicklung. Entwicklung ist ein sehr dehnbarer Begriff. Für mich ist es auch Entwicklung, wenn eine Mannschaft, die davor in zehn Spielen nur drei Punkte macht, dann in 21 Spielen 35 Punkte macht. Dann ist das Entwicklung. Aber jeder darf seine Indikatoren für Entwicklung nennen, wie er möchte. Für mich ist Bundesligafußball aber Leistungsfußball und Ergebnissport. Da geht es um Punkte und die Tabelle. Man macht in einem Vertrag ja auch Punkteprämie aus und man verdient nicht an der Anzahl der gespielten Pässe oder Ähnlichem. Darum werde ich von diesem Weg auch nicht abgehen. Was genau die Parameter für Entwicklung bei der SV Ried sind, muss man die andere Partei fragen.“

Heraf zeigt sich über die vielen Änderungen erstaunt

Dass während seiner Abwesenheit doch einiges von Interimscoach Heinle geändert wurde, erstaunt Heraf nach wie vor: „Es war ausgemacht, dass ich aufgrund der Stimmbänder absolute Schonung habe und wir praktisch keinen Kontakt halten werden, weil eh alles klar ist. Ich war überrascht, dass in meiner Abwesenheit doch einige Dinge gravierend geändert wurden. Aber es war auch so ausgemacht, dass Christian Heinle in meiner Abwesenheit den Klub so leiten, wie er es für richtig hält. Fakt ist, es waren schon ganz, ganz, ganz viele Dinge, die in eine andere Richtung gelaufen sind und Fakt ist auch, was meiner Meinung nach auch der Grund für das schnelle Ende ist, dass ich dem Verein ganz klar gesagt habe: Wenn ich wieder komme, dann geht es wieder so weiter, wie ich mich wohl fühle und wie ich spielen möchte. Ich glaube ganz einfach, dass die Diskrepanz zwischen diesen zwei Wegen dazu geführt hat, dass der Verein gesagt hat, dass sie diesen Weg weitergehen möchten."

Generell dürfte die Zusammenarbeit mit Heinle auch schon davor nicht immer einstimmig verlaufen sein: „Ich mache dem Christian Heinle keinerlei Vorwurf, aber du brauchst einen Co-Trainer, der unter Anführungszeichen ein Freund ist und dem du absolut vertraust und der dich stützt. Es bedurfte schon einer gewissen Anstrengung, meinen Weg so durchzusetzen, um diese Resultate so einzufahren. Es gab viele, viele Ideen von meinen Co-Trainern, Dinge zu ändern. Aber ich wollte aufgrund des Erfolges diesen Weg weitergehen. Man wird am Ende der Saison sehen, ob der neue Weg Früchte trägt. Wenn es nicht funktioniert, dann wird die Diskussion aufs Neue losgehen, wieso man wieder denselben Fehler macht, wie vor einem Jahr.“

"Wenn die SV Ried nicht absteigt, dann ist es in meinen Augen eine Meisterschaft"

Die Vorwürfe, wonach Andreas Heraf für eine destruktive Spielweise steht, kann er nicht nachvollziehen: „Ich habe in 21 Pflichtspielen neunmal gewonnen. Ich glaube nicht, dass man neun Spiele gewinnen kann, wenn man nur destruktiv spielt. Ich habe drei Spiele in Erinnerung, als wir ein 0:2 in ein 3:2 verwandelt haben und wir haben gegen den WAC ein 0:3 in ein 3:3 verwandelt. Also wenn du nur destruktiv spielen würdest, dann würde das ja gar nicht funktionieren. Ich bin in kein einziges Spiel reingegangen und habe mich von der ersten Minute an am eigenen Sechzehner mit zwei Autobussen aufgefädelt und versucht, ein 0:0 zu halten. Das war nicht der Fall und daher sind diese Diskussionen für mich immer ein bisschen schwer zu verstehen. Für ich zählt der alte Spruch: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive gewinnt Meisterschaften. Mir geht es um Meisterschaften oder ähnliches. Wenn die SV Ried nicht absteigt, dann ist es für die SV Ried in meinen Augen eine Meisterschaft. Um diese Ziele zu erreichen, ist eine kompakte Defensive das Allerwichtigste.“

Eine mögliche Rückkehr zur SV Ried schließt der gebürtige Wiener nicht aus: „Es war jetzt nicht das erste Mal, dass ich bei der SV Ried war. Ich denke, Roland Daxl weiß, was er an mir hat, wenn es darum geht, Resultate zu liefern. Sollte es noch einmal so sein, dass der Verein auf der Trainerbank reagieren muss, dann gibt es für mich keinen Grund, nicht noch einmal dorthin zu gehen.“

Über neue Herausforderungen sagt der 54-Jährige: „Ich bin bereit für neue Herausforderungen. Egal, wo sie auch sein mögen. Ich bin für alles offen, weil ich sehr gerne am Platz stehe und auch wieder erfolgreich sein möchte.“

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Foto: Harald Dostal