Erinnern Sie sich noch an den 19. September 2019? Da läuteten in Wolfsberg die Kirchenglocken. Was war passiert? Mit 4:0 hatte der WAC in der Europa League bei Borussia Mönchengladbach gesiegt. Es war die größte Europa-Blamage für den 5-maligen deutschen Fußballmeister. Seit Donnerstag ist Rotterdam der neue Wallfahrtsort für WAC-Anhänger. 

„Jedereen schaamt zich zo goed mogelijk“, jeder blamiert sich so gut, wie er kann. Dieser Spruch gilt seit dem frühen Donnerstagabend auch für Feyenoord Rotterdam.

Die Elfmeter-Deppen aus Rotterdam

Der UEFA-Pokalsieger von 2002 (3:2 gegen Borussia Dortmund), der Landesmeister-Gewinner von 1970 mit dem Wiener Grantler Ernst Happel, setzte im eigenen, komplett leeren Stadion „De Kuip“ einen Negativ-Rekord. In 13 Minuten hatten die Rotterdamer 2 Elfmeter-Gegentore kassiert. Die Rotterdamer überboten sich dabei selbst. Am 24. Oktober 2019 hatten sie im EL-Spiel gegen die Young Boys Bern in 28 Minuten 2 Elfmeter gegen sich bekommen. Im Oktober 2021 sollte dieses Thema zur Wiedervorlage kommen…

Eine historische Heimpleite für Feyenoord

Spaß beiseite. „Feyenoord viel zu wenig ein“, konstatierte die niederländische Zeitung De Telegraaf am Freitag, „Sie können es nicht ohne ihre Legionen.“ So werden die heißblütigen Anhänger der Rotterdamer genannt, die durch Corona vorerst ausgesperrt sind. „Ein Abend, den man schnell vergessen muss“, twitterte die Feyenoord-Redaktion nach dem 1:4 (0:2). „Zweifelhafte Elfmeter halfen Wolfsberg, Feyenoord weg zu hämmern“, schrieb das Portal football-oranje.com nach des 15-fachen niederländischen Meisters in der Europa League. Bislang stellte ein 1:2 gegen die AS Rom diesen Negativ-Wert dar. Unter dem alten Wettbewerbsnamen UEFA-Cup war es das legendäre 0:3 gegen den VfB Stuttgart (Hinspiel: 3:1) am 29. September 1998, das in die Klubhistorie einging. 

Nun also Wolfsberg. Gegen Vereine aus Österreich hatte Feyenoord in seiner ruhmreichen Europapokal-Geschichte zuvor nur 2-mal verloren. 1:2 bei Sturm Graz in der CL-Qualifikation 2000 (Rückspiel: 1:1) und natürlich das legendäre 0:3 bei Rapid Wien im Pokalsieger-Bewerb 1995/96. Mit diesem Erfolg stiegen die Hütteldorfer am 18. April 1996 ins Finale von Brüssel auf. Ein Stück österreichische Cup-Historie!

Moment mal, Liendl?

Der überragende Michael Liendl (35) hatte nun am Donnerstag mit 3 Toren maßgeblichen Anteil am nächsten Husarenstreich des WAC. Liendl, dieser Name klingelt auch den Fans von Borussia Mönchengladbach noch in den Ohren. Und das nicht nur, weil der Grazer mal beim rheinischen Rivalen Fortuna Düsseldorf (2014/2015) gespielt hat. Der 10-malige Teamspieler hatte bei Gladbachs höchster Heim-Niederlage in der Europa League 2 Tore durch Shon Weissman und Mario Leitgeb vorgelegt. Am Ende versetzten die Wolfsberger den Traditionsklub vom Niederrhein in einen Schockzustand. UEFA-Reporter Johannes Sturm war es anschließend entsetzt: ,,Man darf nicht vergessen, dass es sich beim Wolfsberger AC um einen Verein aus einer Stadt mit 25.000 Einwohnern handelt, der noch nie zuvor ein Spiel in einer Europacup-Gruppenphase absolviert hat.“ 

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von Carsten Germann, Foto: Gerhard Pulsinger