"Ich mag diesen Stil des Arbeitens von Marcel Koller"

Sportwissenschaftler und Individualtrainer Dr. Gerhard Zallinger, der in Pucking eine eigene bioenergetische Praxis betreibt, ist im Fußball ja gar darüber hinaus allgemein im Sport in Österreich ein anerkannter Fachmann. Nach früheren Stationen als Konditionstrainer für Bundesligist Austria Wien und Panathinaikos Athen sowie auch Tennisprofi Daniel Köllerer, ist der 41-Jährige seit dem 1. November 2011 auch in das ÖFB-Trainer-Team von Neo-Teamchef Marcel Koller berufen worden. Seit gut drei Jahren bringt der "Fitness-Spezialist"  weiters auch die LASK-Kicker in Schwung und ist dabei insbesondere für Reha-Aktivitäten zuständig und wird den Kader von Trainer Walter Schachner auch ins Trainingslager ins türkische Belek (1. - 11. Februar) begleiten. Herbert Pumann sprach mit dem Konditionstrainer, den alle nur "Zalli" nennen.

 

Der medizinische Koordinator des LASK im Interview


ZalliLIGAPORTAL: Da wir uns auch aus gemeinsamen LASK-Zeiten kennen, bleibe ich wie Deine Schützlinge auch bei Zalli. Vorweg: Wie möchtest Du denn Deinen Job tituliert bzw. definiert wissen, insbesondere beim LASK?
 
Dr. Gerhard Zallinger: "Beim LASK bin ich medizinischer Koordinator, der mit Verletzten agiert und sie zurück in das Mannschaftstraining bringt." 
 
LIGAPORTAL: Mit welchen Spielern, respektive Rekonvaleszenten, befasst Du Dich derzeit beim LASK und wie sah in den ersten zwei Wochen der insgesamt achtwöchigen Vorbereitungsphase Dein Aufgabenpensum aus?
 
Dr. Gerhard Zallinger: "Ich befasse mich allein mit den Spielern, die aktuell noch nicht mit der Mannschaft trainieren können. Wie Florian Metz (Anm.: nach OP wegen Knie-Knorpelschaden), Florian Templ (Anm.: Syndesmosebandriss). Gernot Trauner ist noch nicht dabei, weil er zum Bundesheer gekommen ist."

"Lukas Kragl hat leider ein Problem, was mit Sport wenig zu tun hat"


LIGAPORTAL: Wie sieht es denn mit dem Genesnungsprozess bei den LASK-Langzeitverletzten aus. Ali Hamdemir ist wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen, von Florian Metz wissen wir, dass bei ihm frühestens im Sommer an ein Comeback zu denken ist. Wie sieht es mit Florian Templ und Gernot Trauner aus, was ist mit Lukas Kragl, bei dem Trainer Walter Schachner kürzlich bei uns im Interview meinte, dass er womöglich die ganze Frühjahrsrunde ausfalle, dann taucht er jedoch unter den Torschützen beim 5:1-Testspielsieg gegen Amstetten auf?
 
Dr. Gerhard Zallinger: "Lukas hat leider ein Problem, was mit Sport wenig zu tun hat. Er hat eine Harnröhrenverengung und wurde operiert. Da ist eine Narbe geblieben und wie es aussieht, muss er wahrscheinlich noch mal operiert werden. Florian Templ befindet sich praktisch vor dem letzten Schritt, um wieder ins Mannschaftstraining einzusteigen, hat allerdings noch einen Restschmerz. Bei Gernot Trauner gilt abzuwarten, solange er beim Bundesheer ist."
 
Zalli 2LIGAPORTAL: Kommen wir zu konditionellen Tests in der Vorbereitungsphase. Welche Bedeutung ist denn nun dem obligatorischen Laktat-Test beizumessen? Antiquierte Trainer scheinen ja nicht so viel davon zu halten. Was bringt er wirklich, wann ist der richtige Zeitpunkt während einer langen Saion und wie oft sollte er dabei durchgeführt werden?
 
Dr. Gerhard Zallinger: "Ein Laktat-Test ist genau genommen ein Laktatstufentest. Es gibt keine guten oder schlechten Tests. Ich versuche es mal systematisch zu erläutern. Der Test richtet sich nach der Trainings-Ausrichtung des Trainers. Wenn ein Trainer stark im Grundlagenbereich arbeiten möchte, was in der Regel in der Vorbereitungsphase der Fall ist, macht eine Laktat-Diagnostik Sinn. Ein bis zwei sind okay. Allerdings hat die Laktat-Diagnostik ihre Bedeutung im Fußball verloren, weil eine Dauerbelastung nicht fußballspezifisch ist."

Wir groß ist die Bedeutung des sportwissenschaftlichen Bereichs im Fußball?


 LIGAPORTAL: Wie weit ist Deiner Meinung nach überhaupt der komplexe, sportwissenschaftliche Bereich im Fußballsport wichtig?
 
Zalli SlideDr. Gerhard Zallinger: "Er ist ein wichtiger Bestandteil geworden, weil über Diagnostik und Trainingssteuerung plus Reha-Maßnahmen ein weites Feld gegeben ist. Dazu gibt es ja inzwischen auch Videoanalysen, mit denen Trainer arbeiten. Dadurch ist ein Individualwert und eine Individualwirkung gegeben. Idealerweise ist all das allerdings nicht klassisch sportwissenschaftlich zu sehen."
 
LIGAPORTAL: Auf jeden Fall ein Bereich, in dem sich stets neue Erkenntnisse ergeben und der Fortschritt unaufhaltsam scheint. Wie oft hast Du Dich weiterzubilden, denn Fußball-Trainer haben ja gemeinhin auch ihre Fortbildungen - wie zuletzt bei Walter Schachner geschehen?
 
Dr. Gerhard Zallinger: "Fortbildung passiert hier ständig. Ich habe nachwievor zur Uni Salzburg zu meinem ehemaligen Arbeitgeber engen Kontakt. Doch letztendlich muss jeder selbst sein eigenes Konzept entwickeln. Das ist keine Lehrbuchgeschichte. Man muss keinem Lehrbuch hinterher hächeln, sondern maßgebend sind die Trainer und ihre Philosophie. Ich vergleiche das mal mit dem Kochen. Es kann nicht jeder Koch wie er will und viele Köche verderben den Breich. Es handelt sich in unserem Bereich um integratives Training. Man muss sich da nirgendwo von Traditionen leiten lassen."

"Mental... ist das wichtigste überhaupt!"


 LIGAPORTAL: Du hast schon bei so vielen Spielern mit konzentriertem Reha-Training ein frühzeitiges Comeback bewirkt. Jetzt kann man das bei jedem Fußballer sicher nur individuell sehen, doch warnst Du eher vor einem vorzeitigen Wiederbeginn oder wie wirkst Du da auch mental auf die Spieler ein, ist man da als Psychologe gefragt?
 
Zalli 3Dr. Gerhard Zallinger: "Mental...ist das wichtigste überhaupt! Denn der Einstieg zurück zur Mannschaft und in den Spielbetrieb ist mit einer gewissen Angst behaftet. Wir sind da schon progessiv unterwegs, steigern die Belastungen schneller als normal üblich. Doch immer unter dem Aspekt, kein Risiko für den Spieler einzugehen."
 
LIGAPORTAL: Jetzt hast Du ja auch beim ÖFB bei einigen Jung-Nationalteams schon mitgewirkt und wurdest im Herbst gar ins A-Team von Neo-Coach Marcel Koller befördert. Welchen Eindruck hast Du von ihm und wie sieht Dein Tätigkeitsumfang im österreichischen Nationalteam aus?
 
Dr. Gerhard Zallinger: "Mein Eindruck von Marcel Koller ist hervorragend. Ich mag diesen Stil des Arbeitens. Systematisch, konkret, mit klaren Aufgaben. Ich fungiere zwischen medizinischem und sportlichen Bereich im Team, diagnostiziere mit dem Arzt und unterstütze Roger Spry (Anm.: Konditionstrainer) bei der Arbeit auf dem Feld."

Eine "gute Zeit" bei Panathinaikos Athen


LIGAPORTAL: "Erscheint alles sehr spannend und vielseitig. Das bringt Dein Job wohl auch mit sich, der Dich ja auch schon mal ein halbes Jahr nach Griechenland zum dortigen Traditions-Klub Panathinaikos Athen geführt hat. Wie kam das zustande?"
 
Dr. Gerhard Zallinger: "Hans Backe, derzeit Trainer von Red Bull New York, war damals Trainer in Salzburg und wir kannten uns aus meiner Salzburger Zeit. Als er Trainer von Panathinaikos Athen wurde, nahm er mich mit. Da er jedoch bereits nach einem halben Jahr entlassen wurde, blieb es leider bei einer kurzen Zeit. Ich wäre dort gern länger geblieben. Es war eine interessante Erfahrung für mich, die meiner Weiterentwicklung sehr nützlich war. Ich denke gern daran zurück und es war eine gute Zeit für mich".
 
LIGAPORTAL: "Danke, dass Du Zeit für dieses Interview gefunden hast. Alles Gute, Dr. Zallinger!"


Fotos + Foto-Slide: LUI

von Herbert Pumann