Als René Poms den DSV in seiner Geburtsstadt Leoben Ende August übernahm, blickte der Aufsteiger auf einen durchwachsenen ADMIRAL 2. Liga-Start. Drei furiosen Auftaktsiegen unter Aufstiegs-Coach Carsten Jancker folgten zwei Niederlagen. Dann übernahm der 48-jährige Leobener auf Rang 5, ging drei Mal leer aus, sodass der DSV auf 15 abstürzte, um einen phänomenalen Höhenflug folgen zu lassen. Turnaround war der ÖFB-Cup-Sieg am 26.09. vs. Bundesligist WSG Tirol... seither sind die Leobener nicht zu stoppen. Ligaportal fragte im "Give-me-five"-Interview nach bei René Poms, der tiefe Einblicke & Erlebnisse preis gab.

Große Bühne Champions League, großer Gegner Atlético Madrid und Trainer Diego Simeone für René Poms im November 2013 als Co-Trainer vom damaligen Meister FK Austria Wien. Der damals 38-jährige Leobener vertrat beim Königsklassen-Match den gesperrten Cheftrainer Nenad Bjelica in der Coachingzone.

"Über 50 Spiele in Europa- und Champions League"

Ligaportal: Hallo Herr Poms, gratuliere zur makellosen Bilanz ihrer Mannschaft in 2024 und der einzigartigen Erfolgsserie. Aufstieg ins ÖFB-Cup-Halbfinale, alle vier Pflichtpartien im Kalenderjahr gewonnen, dazu in der Liga seit Ende September in zehn Partien unbesiegt (7S, 3U). Zuletzt gar sechs Spiele en suite ohne Gegentor. Nachdem der Saisonstart durchwachsen verlief und auch sie nach der Amts-Übernahme Ende August mit drei Niederlagen gestartet sind. Zwicken sie sich in diesen Tagen und Wochen selbst manchmal beim Bewusstsein auf die Fabelserie ihrer Mannschaft und worauf ist sie zurückzuführen?

René Poms: Grundsätzlich ist es für mich keine Überraschung, weil wir einen gewissen Plan verfolgen. Das habe ich in meinen 16 Jahren als Trainer immer so gemacht und habe in dieser Zeit mittlerweile über 1.000 Spieler trainiert. Die letzten Jahre habe ich sehr viel Erfahrung gesammelt, in vier verschiedenen Ländern gearbeitet und über 400 Spiele als Trainer und Co-Trainer absolviert. Dabei durfte ich über 50 Spiele in der Europa- und Champions Legue mitverfolgen als Co-Trainer. Wobei ich durch Sperren meines Cheftrainers immer wieder sehr oft an der Linie stand.

Wie z. Bsp. im Champions League-Spiel gegen Atlético Madrid oder im Achtelfinale der Europa League gegen Benfica Lissabon. Dazu das Derby Lech Posen gegen Legia Warschau. Das ist das größte Spiel in Polen vor über 43.000 Zuschauern. All diese gesammelte Erfahrung kommt mir heute zugute. In Leoben bin ich bei meinem Stamm- und Herzensverein und jeden Tag mit Enthusiasmus, voller Freude und Einsatz bei der Sache. Die Mannschaft nimmt alles sehr gut an. Es hat sich alles sehr gut entwickelt. Wir haben einen klaren Plan, wie man das auch sehr gut auf dem Spielfeld erkennen kann. Das funktioniert im Moment sehr gut. 

Bei der Übernahme damals hat das erst mal seine Zeit gebraucht. Ich habe einiges verändert, wie das Spielsystem. Auch die Mannschaft wurde sukzessive umgebaut. Wir haben im Winter sieben Spieler wieder abgegeben und nur zwei dazu geholt, uns sukzessive verbessert. Das Ganze hat im Herbst schon begonnen immer besser zu laufen.

In der Wintervorbereitung hatte ich dann noch mehr Zeit mit der Mannschaft, um alles besser zu implementieren und noch mehr zu verfeinern. Dann hat es sich so gestaltet, dass wir auf dem Weg sind. Es ist noch viel Luft nach oben, gibt noch viel zu tun und zu arbeiten. Aber ich bin mit der jetzigen Entwicklung außerordentlich zufrieden.

"Ich versuche immer das nächste Match wie ein Finalspiel anzulegen"

Ligaportal: Auf ihre interessante Trainer-Vita kommen wir noch. Wenn sie sagen, da ist noch Luft nach oben, klingt das fast wie eine Drohung an die kommenden Gegner. Ihre Mannschaft rockt die Liga, hat sich ab Runde 8 derart auf die Überholspur begeben, um nun schon von Rang 3 zu grüßen, punktgleich mit dem Zweiten FAC. Macht ihr in den verbleibenden immerhin noch 12 Partien, in denen 36 Punkte zu vergeben sind, noch Jagd auf den GAK 1902 und wie schaut die Zielsetzung für die restliche Saison aus?

René Poms: Meine Herangehensweise als Trainer ist so, dass ich immer von Spiel zu Spiel schaue und wir Woche für Woche arbeiten. Dabei versuche ich immer das nächste Match wie ein Finalspiel anzulegen und unbedingt zu gewinnen. Wenn man es dann über eine längere Strecke immer wieder schafft diese Spiele zu gewinnen, dann schaut es am Ende des Tages in der Tabellenendabrechnung immer sehr positiv aus. Aber so Fernziele setze ich mir ungern.

Fußball ist ein Tagesgeschäft, da passieren täglich so viele Dinge, die man oft gar nicht voraussehen kann. Ich weiß zwar schon, wo ich mit meiner Mannschaft hin möchte. Vom Spielstil her, was wir uns körperlich erarbeiten wollen und wo wir mental hin wollen. Das sind alles Ziele. Aber vom Ergebnis her haben wir immer das nächste Spiel, das vor der Brust ist, als absolutes Ziel. 

Frenetischer Jubel beim DSV Leoben nach dem dritten Streich in dieser Saison gegen einen Bundesligisten im ÖFB-Cup, den SCR Altach am 3. Februar. Folgt zwei Monate später am 3. April der nächste gegen Vorjahres-Finalist SK Rapid und gelingt tatsächlich ein Endspiel-Einzug ins Wörthersee Stadion in Klagenfurt am 1. Mai?

"Das macht die Aufgabe für uns gegen Rapid sicher nicht einfacher"

LigaportalWie weit zählen sie schon die Tage zum "Spiel des Jahres", dem ÖFB-Cup-Halbfinal-Highlight am Mittwoch, den 3. April, gegen Rekordmeister SK Rapid? Das Stadion "Monte Schlacko" wird mit bis zu 9.000 Zuschauern aus allen Nähten platzen. Wie sehen Sie die Chancen ihrer Mannschaft, die schon drei Bundesligisten ausgeschaltet hat, und auch in Anbetracht dessen, dass Rapid zuvor eine Hypothek trägt und etwas aus dem Rhytmus kommen könnte, weil in der Liga fünf Routiniers, darunter mit Torjäger & Kapitän Burgstaller, Marko Grüll, Abwehrchef Maximilian Hofmann, Routinier Schick und Torhüter Hedl Aktivposten fehlen?

Rene Poms: Grundsätzlich ist der Cup für mich jetzt überhaupt kein Thema, weil - wie bereits gesagt - wir uns Woche für Woche immer auf den nächsten Gegner vorbereiten. Da spielt Rapid momentan überhaupt keine Rolle in unseren Überlegungen. Wir wissen natürlich, wenn es so weit ist am 3. April, dass wir dann auf Top-Niveau sein müssen, um eine Chance zu haben. 

Das Ganze was beim SK Rapid mit Sperren passiert ist, sehe ich nicht als Vorteil für uns. Im Gegenteil! Wenn diese Spieler wieder einsatzberechtigt sind, und das ist dann genau gegen uns der Fall, werden sie sehr hungrig sein und wollen sich dann beweisen. Das macht die Aufgabe für uns sicher nicht einfacher. Nichtsdestotrotz ist es ein Cup-Spiel. EIN Spiel, ein Entscheidungsspiel - da kann immer alles passieren. Wir gehen dann da sehr positiv rein. Ansonsten möchte ich da noch nicht allzuviel dazu sagen, weil wir jetzt erstmal den Fokus auf die Meisterschaft haben und das nächste Spiel. 

Nach dem Spiel gegen Kapfenberg (Anm.: Freitag, 29. März) werden wir mit der Cup-Vorbereitung beginnen und schauen, was bis dato Fakt ist. Auf das werden wir uns dann einstellen, aber was man schon sagen kann... wir streben immer nach dem Höchsten und wollen immer das nächste Spiel gewinnen. Wenn wir dann Rapid vor der Brust haben, ist unser Ziel zu gewinnen.

Instruktionen am Spielfeldrand an sein Team gebend: Cheftrainer René Poms, der mit Aufsteiger DSV Leoben von Erfolg zu Erfolg eilt und seit 26. September wettbewerbsübergreifend mit seiner Mannschaft in 13 Spielen (10S, 3U unbesiegt ist und in dem Zeitraum in der Liga 24 von möglichen 30 Punkten holte.

"Der Zweite ist der erste Verlierer"

Ligaportal: Dass dennoch das Cup-Fieber allgegenwärtig ist und im Umfeld auch die Massen elektrisiert, bleibt nicht aus. Deswegen mal nachgehakt zu Frage 2, quasi 2B, ohne dass ich ihnen jetzt womöglich eine Jagd auf den davoneilenden Spitzenreiter GAK 1902 entlocke, doch am Ende der Saison unter den Top-3 zu sein, ist ja bei der Erfolgsserie des letzten Halbjahres durchaus ein realistisches Ziel, oder?

René Poms: Natürlich dreht sich alles um das Rapid-Spiel. Man sieht es bei den Medien, den Fans, dem Ticketverkauf. Aber wir sind im Moment da relativ unbeeindruckt, weil wir von Anfang an gesagt haben, dass wir von Woche zu Woche schauen. Das ist unser Ziel und ändert sich auch nicht. Wenn du es schaffst so gut wie möglich deine Spiele zu gewinnen, dann bist du am Ende so weit wie möglich in der Tabelle vorn.  Aber ich setze mir kein Ziel, dass ich Zweiter, Dritter oder Vierter werden möchte. Letzendlich zählt eh nur der, der aufsteigt und der Zweite ist der erste Verlierer.

"Schaue mir Tabelle unter dem Jahr gar nicht an"

Mir geht es darum, die Mannschaft weiter zu entwickeln und einen sehr guten Fußball spielen. Mich persönlich befriedigt es, wenn wir gewinnen und die Zuschauer mit einem Lächeln nach Hause gehen, weil sie sagen ´das war ein super Spiel´. Das hat mich unterhalten und Spaß gemacht zuzusehen. So was gibt mir als Trainer viel.

Wenn dann die Spiele gewonnen worden sind, dann hast du in der Endabrechnung einen guten Tabellenplatz. Ich schaue mir die Tabelle unter dem Jahr gar nicht an. Also ich kann ihnen jetzt gar nicht sagen, wer Vierter, Sechster, Fünfter usw. ist. Ich weiß logischerweise, dass der GAK vorne ist, was einem eh nicht verborgen bleibt. Aber grundsätzlich schaue ich mir die Tabelle immer erst am Ende der Saison an.

Ligaportal: Dann darf ich darauf hinweisen, dass der DSV Leoben derzeit auf Rang 3 liegt und morgen im Topspiel auf den Vierten SV Guntamatic Ried trifft, was sie dennoch sicherlich wissen werden. Wie ist die Ausgangslage für dieses Match?

Rene Poms: Ein starker Gegner! Ist der Absteiger aus der Bundesliga und hat eine hohe Qualität in seinem Kader. Aber wir wissen, dass wir in dem Spiel, wie in jedem anderen auch, immer an unsere Leistungsgrenze gehen müssen, damit wir ein positives Ergebnis erzielen können. Das macht keinen Unterschied, ob wir gegen Amstetten oder Ried spielen. Es hängt in erster Linie von uns ab. Schaffen wir es, wie in den letzten Spielen, wieder, dass wir an unser Maximum gehen, dann bin ich überzeugt, dass wir gegen Ried wieder ein sehr gutes Ergebnis erzielen können.

Emotionsgeladen treibt René Poms seine Mannschaft um Toptorjäger Deni Alar - siehe auch HIER - zu Topleistungen und der aktuell längsten Erfolgsserie aller 28 Profiklubs in Österreichs 1. und 2. Liga.

Champions League-Spieler wie Olmo & Gvardiol trainiert

LigaportalSie sind als Trainer bereits in vielen verschiedenen Ländern tätig gewesen: Bei Spezia Calcio in Italien, Lech Posen in Polen, Dinamo Zagreb und NK Osijek in Kroatien. Nun sind sie zurück in Österreich - und dazu noch in ihrer Geburtsstadt Leoben und mit dem Traditionsverein DSV im Flow. Ist es dann doch "Zuhause am schönsten" und welche Erfahrungen nehmen sie von all ihren Auslands-Stationen mit?

René Poms: Von den Auslandsstationen nimmt man natürlich sehr viel mit. Ich habe da sehr viele Freunde gefunden, viel gesehen und kennengelernt. Ich war im Fußball allein in 50 Ländern durch die internationalen Spiele, hauptsächlich mit Dinamo Zagreb und Lech Posen. Habe viele Erfahrungen gemacht, irrsinnig tolle Spieler trainiert. Ob ein Dani Olmo (Anm.: RB Leipzig), Josko Gvardiol, der jetzt bei ManCity ist, oder Dawid Kownacki vom SV Werder Bremen. Dion Beljo beim FC Augsburg, da könnte ich viele Spieler aufzählen. 

Es war ein großes Ziel von mir, in meinem Heimatklub Trainer zu werden. Weil ich davon ausgegangen bin, wenn ich mit meiner Vita zurück nach Österreich komme und bei diesem Verein mithelfe, dass das überall sehr gut ankommen wird. Und das die Leute sehr gut aufnehmen werden. Doch da bin ich etwas desillusioniert worden und wurden mir die Augen geöffnet. Denn es ist ja irgendwie das Gegenteil der Fall, nach dem Prinzip ´der Prophet gilt nichts im eigenen Lande´. Das kam bei mir sehr stark zum Tragen. Es waren sehr viele Anfeindungen, speziell am Beginn. Es ist mein Auto zerkratzt worden, und und und.

"Aber vom Märchen, in der eigenen Stadt, im eigenen Verein ein erfolgreicher Trainer zu sein..."

Es sind sehr viele Dinge passiert, die hätte ich mir nicht erwartet. Ich bin da mit sehr viel Enthusiasmus und Energie vorangegangen und habe gesehen, dass das nicht so der Fall ist. Das hat mich persönlich etwas enttäuscht. Doch ich bin ein Sportsmann und nehme das auch an. Ich versuche als Trainer nachwievor das Beste, Spieler und Mannschaft weiter zu entwickeln und Spiele zu gewinnen. Ich möchte auch mit Leoben den höchstmöglichen Erfolg haben. Aber von diesem Märchen, in der eigenen Stadt, im eigenen Verein ein erfolgreicher Trainer zu sein, hat sich bei mir emotional etwas abgekoppelt.

Das sehe ich nicht mehr so und es mittlerweile als Trainerjob wie überall anders auch. Das ist meine Erkenntnis. Aber nichtsdestotrotz liebe ich meinen Job und jeden Tag auf dem Platz zu stehen. Genau das zu tun, was ich mache. Ich kann mir nichts anderes in meinem Leben vorstellen und hoffe, dass ich das noch ganz lang ausleben und weiterleben kann.

Wo das in Zukunft stattfinden wird, wird die Zeit zeigen. Es ist sowieso im Fußball schwer was vorherzusagen. Das hat mich auch die Erfahrung gelehrt. Ich bin für alles offen, will am Platz stehen, mein Bestes geben und erfolgreich eine Mannschaft trainieren. Das ist mein Ziel für die Zukunft.

Ligaportal: Danke für das offene Gespräch. Viel Erfolg!

Das Interview führte Ligaportal-Chefredakteur Herbert Pumann

Fotocredit: IMAGO Marca und RiPu-Sportfotos