Mit Saisonbeginn wurde auch in der Admiral Bundesliga der Video-Assistant-Referee, kurz VAR, eingeführt, der auf Fehlentscheidungen des Schiedsrichters hinweisen soll. Auch wenn das System in Östereich noch in den "Kinderschuhen" steckt, hat der VAR "laufen gelernt". Einer, der von Beginn an hierzulande mit der Neuerung betraut wurde ist Manuel Schüttengruber. Bevor der Video-Assistent ab Freitag auch im Uniqa-ÖFB-Cup, der mit zwei Viertelfinal-Partien beginnt, Einkehr hält, stellt sich der 38-jährige Linzer und erfahrene FIFA-Referee im Ligaportal-"Give me Five"-Interview = fünf Antworten bzgl. VAR und mehr...

Ligaportal: Hallo Manuel, da wir uns nun schon einige Jahre kennen, lass uns beim "du" bleiben. Seit Saisonbeginn wird nun auch in der österreichischen Admiral Bundesliga der VAR praktiziert. Am kommenden Wochenende folgt auch im ÖFB-Cup die Premiere. Wie fällt das Feedback aus Deiner Sicht und für die Referees aus in punkto VAR in Fußball-Österreich?

Manuel Schüttengruber: Ich persönlich bin froh, dass der Cup-Bewerb auch mit VAR gespielt wird. Es geht in den KO-Duellen um sehr viel und da die technischen Voraussetzungen vorhanden sind, muss man diese auch anwenden. Somit können auch hier mögliche klare Fehlentscheidungen vermieden werden und der Schiedsrichter am Feld ist nicht der Buhmann, sollte er etwas falsch war nehmen. Ich denke wir Schiedsrichter können sehr zufrieden sein mit der ersten Halbsaison mit dem VAR. Natürlich wird es immer wieder Entscheidungen geben, welche trotz dieser Hilfe zu diskutieren sind und auch hier können Fehler passieren, aber man erkennt klar die positive Handschrift dieser technischen Unterstützung. Wir amtierende Schiedsrichter sind sehr zufrieden mit unserem „Backup“.

Ligaportal: Aller Anfang ist schwer...da gilt ja auch noch "Welpenschutz" und ist Toleranz gefragt...doch was gilt es besonders zu optimieren und ab wann ist der VAR für die 2. Liga geplant?

Manuel Schüttengruber: Natürlich ist aller Anfang schwer und man darf auch nicht vergessen, dass trotzdem Menschen hinter dem Gerät sitzen, die Entscheidungen treffen. Genau hier ist auch noch am Rädchen zu drehen. Manche „Checks“ dauern einfach noch zu lange und das schwierigste aller Rädchen, die Einheitlichkeit bei Eingriffen, ist auch noch nicht perfekt. Aber wir werden immer besser und haben im Trainingslager im Jänner auch noch mal nachjustiert. Der Live-Betrieb ist jedoch komplett anders als der Trainingsbetrieb und somit ist vor allem hier, learning by doing angesagt.

Ob in der 2. Liga auch ein VAR zum Einsatz kommen wird entscheiden die Klubs, die Bundesliga und der ÖFB. Es ist aber ist sicher ein Wunsch von uns Schiedsrichter. Derzeit müssen wir uns, wenn wir in der zweiten Liga zum Einsatz kommen, immer umstellen und das macht vor allem die ersten Minuten Probleme.

Manuel Schüttengruber vor den VAR Bildschirmen

Ligaportal: Wie ist es für Dich als Schiedsrichter ohne Zuschauer zu pfeifen… was ist anders zu beachten vor leeren Rängen, da ja jedes Wort von Spielern und vor allem von der Bank und Coachingzone noch intensiver zu hören ist?

Manuel Schüttengruber: Es ist schon eine komische Atmosphäre. Auch wir genießen die Stimmung in einem gut gefüllten Stadion und motivieren uns auch dadurch. So ein leeres Stadion, wo du den Wiederhall des Ballabschlages hörst, ist nicht angenehm und endet hoffentlich bald. Ich bin jedoch froh, dass wir überhaupt Spielen können und somit nimmt man diese Umstände auch in Kauf. Beim Sport sind auch Emotionen dabei, das ist unbedingt notwendig um die Spannung zu halten und deshalb darf man hier nicht jedes Wort auf die Waagschale legen. Jedoch gehört auch der gegenseitige Respekt zum Sport und somit dürfen die Worte nicht überschwellig werden. Ich denke, dass ich hier die Balance in den letzten Monaten gut gestalten konnte und so werde ich diese auch weiter handhaben.

"...jedem nur empfehlen, ´Lebensschule´ Schiedsrichter zu besuchen"

Ligaportal: Du bist seit deinem 13. (!) Lebensjahr Schiedsrichter, in 2014 hast Du es zum FIFA-Referee geschafft, bist sehr ehrgeizig...was sind Deine weiteren persönliche Ziele im Schiedsrichter-Business?

Manuel Schüttengruber: Ohne Ehrgeiz kommst du im Leben nirgendwo weit und im Sport schon gar nicht. Ohne diesen und ohne etliche private und berufliche Entbehrungen und Einschränkungen wäre ich nicht so weit gekommen, das steht auch fest. Aber wenn man sich für etwas 100 % entscheidet muss man eben anderes dafür hinten anstellen. Meine Ziele für das Jahr 2022 sind schon klar definiert. So viele Spiele wie möglich ohne VAR-Eingriff zu leiten, Verletzungs- und Coronafrei durch die Saison gehen, sowie möglichst viele Spiele auf Internationaler Bühne zu leiten. Hoffentlich klappt´s 😊

Ligaportal: Ist Dir zu wünschen! Du stammst aus einer Schiedsrichter-Familie...wie sieht es generell bei der Schiedsrichter-Situation in Österreich im Nachwuchs aus?

Manuel Schüttengruber: Ich denke um den Nachwuchs schaut es nicht so gut aus. In manchen Bundesländern gibt es einen regelrechten Schiedsrichtermangel. Ich kann es persönlich nur jedem Jugendlichen empfehlen, die „Lebensschule“ Schiedsrichter zu besuchen. Ich wäre bestimmt beruflich und privat nicht so erfolgreich und gefestigt, ohne mein, durch die Schiedsrichtertätigkeit erworbene Wissen. Da der Frauenfussball immer mehr boomt, hat man als SCHIEDSRICHTERIN sogar sehr schnell die Chance, auf die Internationale Liste zu kommen. Neben dem ÖFB setzen hier auch die UEFA und die FIFA darauf und die Chance ist wirklich groß! Ich durfte als Mentor im vergangenen Jahr Oberösterreichs neue FIFA-Schiedsrichterin, Maria Ennsgraber, auf diesem Weg begleiten und unterstützen. Anmeldung zur Schiedsrichterausbildung ist auf www.schiri.at möglich.

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