Viennas Geschäftsführer Gerhard Krisch im Interview - "Wir wollen Reputation des Vereins wiederherstellen"

Turbulente und arbeitsintensive Wochen liegen hinter den Verantwortlichen des ältesten Fußballvereins Österreichs, während sich die Mannschaft unter der Regie von Trainer Hans Kleer auf den Frühjahrsstart in der Regionalliga Ost vorbereitete, ging es für die Vorsitzenden des First Vienna FC um nicht weniger, als den drohenden Konkurs abzuwenden. Vorgestern wurden erste Details in einer außerordentlichen Generalversammlung bekanntgegeben, gestern wurde zur Pressekonferenz und zum Informationsabend geladen. Ein erster Schritt wird heute getätigt, die Vienna leitet ein Insolvenzverfahren ein um den Verein bei positivem Entscheid wieder auf eine gesunde wirtschaftliche Basis zu stellen. Viennas Geschäftsführer Gerhard Krisch beschreibt in einem Gespräch mit Ligaportal.at die Situation und die weiteren Schritte in eine positivere Zukunft.  

"Bei Zustimmung des Sanierungsverwalters wäre eine erste große Hürde genommen"

Ligaportal.at: Heute wird das Insolvenzverfahren von der Vienna eingeleitet. Wie waren die letzten Wochen für die Verantwortlichen, welche Arbeitsschritte wurden getätigt?

Gerhard Krisch: Aus Managementsicht wurde die Situation aufgearbeitet. Es gab eine Analyse, wie die Budgetsituation und prekäre Verträge aussehen, es wurden Expertisen eingeholt. Es wurden die Möglichkeiten für den Verein analysiert, Stärken und Schwächen erarbeitet und ich habe gemeinsam mit Vizepräsident Robert Hammerl die Entscheidung getroffen, welche Option die beste ist. Ein wichtiger Punkt war die Lösung des Vertragsproblems nach deutschem Recht, dazu haben wir mehrere Expertisen aus Deutschland eingeholt. Wir haben jetzt fünf Wochen Zeit gehabt um die Entscheidung zu treffen, welchen Weg wir einschlagen, mit der Einleitung des Insolvenzverfahrens streben wir eine Sanierung in Eigenverwaltung an.

Ligaportal.at: Wie lange wird es dauern, bis die Annahme des Insolvenzantrages feststeht?

Gerhard Krisch: In Summe kann der Insolvenzprozess 90 Tage dauern, Anfang nächster Woche wird ein Insolvenzverwalter bestimmt. Wir haben einen Finanzierungsplan erarbeitet und eine Fortführungsprognose gestellt, primär geht es uns darum, den existenzgefährdeten Vertrag mit unserem ehemaligen Hauptsponsor aufkündigen zu können. Wenn der Sanierungsverwalter dies annimmt und zustimmt, wäre eine erste große Hürde genommen. Die Gläubiger haben 90 Tage Zeit um ihre Forderungen anzumelden und dann schriftlich dem Angebot zuzustimmen, es gibt also noch ziemlich viele Unbekannte.

"Ich hatte in den letzten drei Tagen zehn Gespräche mit potentiellen Sponsoren"

Ligaportal.at: Wie würde die weitere Vorgehensweise aussehen, was wären die nächsten Schritte?

Gerhard Krisch: Zuallererst wäre ein sehr wichtiger Punkt, die Reputation des Vereines wiederherzustellen. Ab dann wollen wir einen vernünftige Budgetplan erstellen und Gespräche aufnehmen. Allein in den letzten drei Tagen habe ich zehn Gespräche mit potentiellen Sponsoren geführt, wir müssen uns jetzt so aufstellen, dass wir seriös verhandeln können und es für beide eine Win-win-Situation gibt. Wir müssen transparent werden und auch für perspektivische Situationen offen sein. Sowohl bei der Vermarktung des Stadionnamens, bei Ärmel-, Brust- und Matchsponsoring gibt es Möglichkeiten.

Ligaportal.at: Wir sieht die Situation bezüglich eines möglichen Zwangsabstieges aus? Gibt es bereits Kontakt zum ÖFB?

Gerhard Krisch: Der ÖFB hat gestern ja schon reagiert, ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer hat in einem Interview gemeint, dass wir uns kein Entgegenkommen erwarten können. Wir haben schnell reagiert und ich habe mit ihm telefonisch gesprochen, nächste Woche setzen wir uns mit ihm gemeinsam an einem Tisch. Der ÖFB hat naturgemäß eine andere Sichtwiese bei den Richtlinien, wir wollen zu verstehen geben, dass wir durch den Insolvenzantrag keinen Wettbewerbsvorteil haben und nur dies unsere Möglichkeit ist, professionell weiterzuarbeiten. Ob wir mit unserer Sichtweise erfolgreich sind, wird man sehen.

"Auf solider wirtschaftlicher Basis kann unser Anspruch nicht die Wiener Stadtliga sein"

Ligaportal.at: Welche Unterstützungsmöglichkeiten wird es in weitere Folge für Fans und Sympathisanten geben?

Gerhard Krisch: Wir haben gemeinsam mit dem Fan-Dachverband eine Kick-Off-Veranstaltung, dabei werden eine Vielzahl an Ideen präsentiert und besprochen. Wir wollen nun auch die öffentliche Präsenz nützen um etwas zu bewegen und in die Wege zu leiten. Wenn wir wissen, dass wir die eigenverantwortliche Sanierung bewilligt bekommen, gibt es viele Möglichkeiten: Crowdfunding, Spenden, wir haben ja auch die Fans und die Family der Vienna darum gebeten, uns Kontakte zu ermöglichen. Eine Idee wäre auch Geschäftspartner zu vernetzen, es können viele Modelle erarbeitet werden. Es wird darum gehen, eine vernünftige Einnahmenstruktur zu schaffen.

Ligaportal.at: Wie sieht die Zukunft des Vereins aus, welche Pläne werden sportlich verfolgt?

Gerhard Krisch: Als erstes wird es wichtig sein, wirtschaftliche Stabilität zu schaffen, es müssen wichtige Hürden genommen und eine solide Basis geschaffen werden. Bei der Vienna gibt es wichtige Eckpfeiler, müssen schauen, dass sich unser starker Nachwuchs weiter entwickeln kann und haben eine erfolgreiche Damenmannschaft. Wir haben ein geiles Stadion und tolle Fans, der Verein hat große Tradition. Wenn wir wirtschaftlich gut dastehen, sind unsere sportlichen Ziele auch höher angesiedelt, die Wiener Stadtliga kann dann nicht unser Anspruch sein.

Danke für das Gespräch!