Er ist ein Urgestein der SV Guntamatic Ried, mehr Vereinstreue geht nicht, hat sich im wahrsten Sinne für die Wikinger aufgeopfert: Marcel Ziegl. Der nun nach 15 Profijahren auf seinen Körper hört, der nach nahezu zweijähriger Leidenszeit verrät, dass es an der Zeit ist aufzuhören - wir berichteten. Der amtierende Kapitän des ADMIRAL 2. Ligisten war nach heutiger Bekanntgabe seines Karriereendes spontan bereit zum Ligaportal-"Give-me-five"-Interview (Fünf Fragen = fünf Antworten). Was ihn zur Entscheidung bewogen hat, welches seine Fußball-Höhepunkte sind, wer im Ausland interessiert an ihm war und wie seine Zukunftspläne aussehen erfahren Sie nachfolgend.

15 Profijahre mit hohem physischen Investment: SV Guntamatic Ried-Kapitän Marcel Ziegl, der weder Gegner noch sich selbst schonte, teilweise körperlich Raubbau betrieben hat, dem der sympathische Seewalchener letztendlich in jüngerer Vergangenheit auch Tribut zollte. Stets intensiver Einsatz bis zur Schmerz-Grenze und auch darüber hinaus vom 31-jährigen Kämpferherz in 350 (!) Pflichtpartien für die Innviertler, davon 245 BL- und 61 Zweitliga-Spiele, hat seinen Preis.

"War in meinem Fußballerleben definitiv die schwerste Entscheidung"

LIGAPORTALHallo Marcel. Wann ist in dir der Entschluss gereift, deine aktive Fußball-Karriere zu beenden und, du bist erst 31 Jahre jung, gab es keine Alternative mehr für dich doch weiterzumachen?

Marcel Ziegl: Der Entschluss ist im Herbst gereift, wo ich in der Reha irgendwann im Oktober zurückgekommen bin. Ich war richtig voller Aufbruchstimmung, habe das zu dem Zeitpunkt mit der Ferse ganz gut in den Griff gekriegt. Zwar noch nicht perfekt, aber ich konnte wieder auf den Platz gehen. Leider hat es nicht sehr lange gedauert, bis das Knie wieder etwas gestreikt hat und weitere Kleinigkeiten dazugekommen sind. Somit ist dann etwas mein Entschluss gereift.

Ich habe dann Rücksprache mit den Ärzten gehalten, dass es nicht mehr so wird wie es sein sollte, beziehungsweise wie ich gerne selbst mich sehen würde. Der Hauptgrund war, dass ich von dem, was ich vom Knie her noch leisten kann, nicht mehr meinem eigenen Anspruch gerecht werde. So wie ich mich gerne auf dem Platz sehen würde.

Das ist dann eine sehr harte Entscheidung gewesen, aber aufgrund meines Ehrgeizes, den ich habe,  war es für mich die richtige Entscheidung. Es war in meinem Fußballerleben definitiv die schwerste Entscheidung. Ich habe die aber so durchgezogen und bin überzeugt davon, dass es die richtige ist.

Bei aller Traumverwirklichung als Profi-Fußballer erlebte Marcel Ziegl auch die Schattenseiten dieses aufreibenden Mannschaftssports, wie hier im OÖ-Duell im Frühjahr 2022 in Pasching gegen den LASK (rechts Sascha Horvath)

"Ich glaube besser hätte ich es mir nicht ausmalen können"

LIGAPORTAL: Bei deinem intensiven Fußballstil mit dem unbändigen Einsatzwillen und Kämpferherzen zollt der Körper dem natürlich nach so vielen Profijahren irgendwann Tribut. Du hast ein hohes Investment betrieben. Ein Leben für die SV Ried. Mehr Vereinstreue geht nicht. Der Klub hat dir viel zu verdanken, was bedeutet er für dich?

Marcel Ziegl: Das beruht irgendwo auf Gegenseitigkeit. Ich habe die letzten Wochen und Monate desöfteren darüber nachgedacht. In Wahrheit bin ich mit 11, 12 Jahren damals nach Ried gekommen. Mit einem Traum, Profifußballer zu werden. Wenn ich rückblicke wie das verlaufen ist, so ist er damals in relativ kurzer Zeit in Erfüllung gegangen. Und nun, 15 Jahre später, stehe ich da und kann sagen, ich bin eine Fußballkarriere lang nur bei einem Verein gewesen. Das ist natürlich traumhaft für mich. Ich glaube besser hätte ich es mir nicht ausmalen können. 

Ich bin mit einem Traum gekommen und habe Ried, als Verein, als Stadt, als Heimat irgendwo kennengelernt und bin sehr dankbar dafür. Ried ist meine Heimat und irgendwo in der Fußballersprache meine große Liebe. Das wird sich wahrscheinlich nie ändern. In erster Linie bin ich sehr dankbar, dass ich vor vielen Jahren die Chance bekommen habe. Ich bin sehr stolz, dass ich die ganze Karriere dort verbringen habe dürfen. Es ist sehr schwer in Worte zu fassen. Ich glaube jeder, der mich kennt oder über die Jahre kennengelernt hat, weiß, was mir das in Ried bedeutet. Was mir der Verein bedeutet!

Ich habe wirklich versucht 15 Jahre lang mich nie selbst an die erste Position zu stellen, sondern immer den Verein. Jeder der mich und das verfolgt hat, weiß das auch. Ich habe wahrscheinlich eine Beziehung zu diesem Verein, die man - wie du auch gesagt hast - in der heutigen Zeit kaum noch sieht.

"Da waren spätere Weltstars dabei"

LIGAPORTAL: Ja und die großen emotionalen Momente gepaart mit Wehmut werden sicher noch folgen. Du bist ein absoluter Teamplayer, hast dich stets in den Dienst der Rieder Mannschaft gestellt, weder Gegner noch dich selbst geschont. Du hast als Defensivakteur 245 BL- und 61-Zweitligaspiele absolviert. Was waren deine Highlights in deiner Fußball-Laufbahn? Wenn ich mich recht erinnere, warst du auch mal im erweiterten Kreis oder auf Abruf beim ÖFB-A-Team und hast neun ÖFB-U21-Team-Einsätze absolviert und in diversen ÖFB-U-Teams spielt?

Marcel Ziegl: Was Highlights betrifft habe ich nicht den einen Moment in meiner Karriere. Es waren einige sogenannte Highlights dabei. Natürlich das ÖFB-Team, was die U20-WM in Kolumbien angeht (Anm.: damals mit Trainer Andy Heraf). Die ist leider damals nicht erfolgreich verlaufen, aber es war ein unglaubliches Erlebenis für mich. Wenn man im Nachhinein geschaut hat, gegen welche Gegner wir da gespielt haben. Da waren spätere Weltstars dabei. 

In Ried war sicher ein Moment, den ich nie vergessen werde, mein erstes Spiel, mein Bundesliga-Debüt dabeim im Derby gegen den LASK (Anm.: 29.11.2008, Goldtorschütze Herwig Drechsel, mit dabei Andreas Ulmer & Oliver Glasner). Dazu 1:0 gewonnen. Ein Moment, den ich in dem Alter (Anm.: 15 Jahre!) wirklich sehr, sehr lang nicht habe realisieren können.

Dann natürlich der ÖFB-Cup-Sieg in 2011. Aber auch vor ein paar Jahren, als wir wieder bis ins Cup-Finale gekommen sind. Das waren schon sehr coole Momente. Egal, ob es in Wien war oder dann in Klagenfurt, wo gefühlt das ganze Innviertel mitgekommen ist und eine unglaubliche Stimmung erzeugt hat.

Dann auch der Aufstieg mit der SV Ried in 2020. Da waren so viele Challenges dabei. Vom Supersaisonstart bis nach der Winterpause sieben Punkte vorn gewesen. Dann kam Corona, alles war ungewiss, stand auf der Kippe. Dabei haben wir in Wahrheit den ganzen Vorsprung verspielt und es war eine aussichtslose Situation. Ein paar Lastminute-Siege beziehungsweise -Punkte, ehe wir am vorletzten Spieltag an Klagenfurt vorbeigezogen sind und das letzte Spiel haushoch gewonnen haben (Anm.: 9:0 vs. FAC am 31.07.2002).

Das war eine richtig coole Zeit, wobei es im Nachhinein sehr schade war, dass wegen Corona keine Zuschauer im Stadion waren. Aber was das aus sportlicher Sicht für eine Achterbahnfahrt in dem ganzen Jahr, speziell ab Winter, war, das war schon sehr speziell. Wir hatten da eine richtig coole Truppe, aus der ich heute noch viele Freunde habe, die dann aber Ried verlassen haben und trotzdem sehr enge Freunde geworden sind. Diese gesamte Aufstiegssaison war schon ein großes Highlight.

Kommt ein "Ziegl angerauscht". Voller und hoher Einsatz war für das Rieder Urgestein bei all seinen nahezu 500 Einsätzen ( (inkl. Testspielen), wie hier gegen die Münchner Löwen vom TSV 1860, Trumpf.

"Hat sich für mich immer richtig angefühlt in Ried zu bleiben"

LIGAPORTAL: Du hast es angesprochen, Spieler gehen, Freundschaften bleiben. Andere Akteure haben die SV Ried verlassen, du nie! In all den Jahren gab es doch sicher auch mal Abwerbungsversuche bzw. verlockende Angebote von anderen Klubs, eventuell gar aus dem Ausland und wenn ja welche?

Marcel Ziegl: Ja, da gab es das ein und andere Mal Momente. Das erste Mal sehr früh in meiner Karriere. Da war ich glaube 16, 17 Jahre, als aus Deutschland Interesse war. Doch ich habe mich damals nicht dazu entschlossen und deswegen ist das für mich auch nicht so wichtig. Aber es wäre im jungen Alter in Deutschland gewesen und Mitte der Zwanziger hat es hin und wieder schon Interesse gegeben. 

Das war bei meinem ersten Kreuzbandriss im Herbst 2015. Da spielte ich nach der Saison mit dem Gedanken, vielleicht zu gehen. Das hat sich dann aber auch zerschlagen aufgrund meiner Knieverletzung. Da  war damals auch Stefan Reiter (Anm.: ehem. SV Ried-Manager) der erste, der mir 100-prozentiges Vertrauen ausgesprochen hat und mir gesagt hat...`du, mach dir keinen Stress, es wird alles gut und du kannst dich auf uns vollauf verlassen, wenn du das willst. Wir verlängern den Vertrag.´

Das waren schon Zeiten, in denen es mir nicht so gut ging und der Verein immer für mich da war. Das habe ich auch sehr geschätzt und so ist das dann alles auch über die Jahre gewesen, wie es war. Wie gesagt, es gab Interesse in jungen Jahren und nach dem Aufstiegsjahr. Doch es hat sich für mich immer richtig angefühlt in Ried zu bleiben und den Vertrag zu verlängern. Aber rückblickend gab es bei allen unglaublichen Zeiten auch welche, wo ich auch mal mit dem Verein etwas im Clinch lag (lacht). Wo es mal Auffassungsunterschiede gab. Aber es hat sich immer alles zum Guten gewendet.

LIGAPORTAL: Kurze Nachfrage, Frage 4b quasi. Dass du die deutschen Interessenten namentlich nicht nennen magst, gilt es zu respektieren... doch war es ein deutscher Bundesligist?

Marcel Ziegl: Es ist lang her, da war ich 16 oder 17 Jahre. Ich bin mir da nicht mehr ganz sicher. Es war schon ein Bundesligist, doch ich war da eher für die A-Jugend vorgesehen. Damals war auch meinen Eltern sehr wichtig, dass ich die Schule fertig mache (Anm.: Matura-Abschluss mit 19 bzw. 20 Jahren). Aufgrund meines jungen Alters habe ich mich mit der Anfrage auch gar nicht so intensiv befasst. 

Erschöpft nach einer langen, intensiven Fußball-Karriere: Marcel Ziegl verabschiedet sich von der Profi-Fußballbühne.

"Wo es für mich weiter geht, muss ich eine Zukunft und Vision sehen"

LIGAPORTALWas sind deine Zukunftspläne, wie weit wirst du dem Fußball und womöglich der SV Ried erhalten bleiben?

Marcel Ziegl: Ja, Zukunftspläne... wird eine spannende Zeit. Ich kann jetzt noch nichts Konkretes dazu sagen. Natürlich ist die eine Seite Fußball sehr interessant, wo mich viele Facetten interessieren. Sei es das Tagesgeschäft oder was in Richtung Management reingeht finde ich sehr interessant. Ob es dann am Ende des Tages im Sommer oder ab dem Herbst im Fußball sein wird, kann ich Stand heute noch nicht sagen. Auch nicht, ob es in Ried für mich weitergeht?

Natürlich haben wir uns mal drüber unterhalten. Auch da ist es für mich so, dass es aus meiner Sicht eine wichtige Entscheidung ist, wie es in Zukunft weitergeht. Nicht nur für mich, sondern natürlich will auch meine Familie etwas Planungssicherheit haben. Deswegen muss es für mich dort, wo es für mich weitergeht, unabhängig ob im Fußball oder einem anderen Bereich im Sport, so sein, dass ich darin eine Zukunft und Vision sehe.

Wo ich mich auch mit meinen bisherigen Erfahrungen im Sport gut einbringen kann. Ich bin sehr gespannt und kann mir vieles vorstellen. Was es dann werden wird, kann ich heute noch nicht sagen.

LIGAPORTAL: Es wird sich für Dich weisen...! Danke für dieses offene Gespräch und deine in all den Jahren stete Kommunikationsbereitschaft, gerade auch nach Spielen, egal wie sie verliefen. Alles Gute, Marcel!

Fotocredit: SVR/Schröckelsberger un Harald Dostal/www.sport-bilder.at