Der 2:1-Hinspielsieg im UEFA-Europa-Conference-Playoff reichte Rapid Wien, das in vier von fünf Pflichtpartien in 2022 je zwei Gegentore kassierte, nicht. Vitesse Arnheim, das sechs Spiele und seit über einen Monat nicht mehr gewonnen hatte, stellte im Retourmatch vor 13.517 Zuschauern mit dem 2:0, das nach 19 Minuten feststand, auf Gesamtscore von 3:2. Ex-Austria Wien- und Liefering-Coach Thomas Letsch steigt mit Arnheim erstmals in der 120-jährigen Klub-Historie in ein UEFA-Achtelfinale auf. Nachfolgend Statements, sehr ernüchternd aus dem Lager der Hütteldorfer in ihrer "Woche der Wahrheit".

 

Rapid-Stürmer Ferdi Druijf war in seinem Heimatland gegen Vitesse kaum zu sehen, Kevin Wimmer gnadenlos kritisch.

Rapid-Chefcoach Ferdinand Feldhofer: "Die erste Halbzeit haben wir komplett verschlafen. Wenn du solche Tore bekommst, dann hast du nichts unter den letzten 16 verloren. In der 2. Hälfte ist es etwas besser geworden. Trotzdem hatten wir heute nicht die Frische, die Aggressivität, damit wir uns in das Spiel reinkämpfen. Da waren wir heute zu wenig bereit.

Wir brauchen auch über unsere Personalsituation nicht mehr zu reden. Jeder kennt sie - das macht´s nicht einfacher. Wir haben wenig Möglichkeiten zu rotieren und Frische zu bringen. Dementsprechend kommt dann so was raus. Der Gegner hat nachher das Abwehrzentrum verdichtet. Ich denke die letzten zwei Spiele waren schwer okay, auch das Spiel gegen Salzburg über weite Strecken. Heute haben wir nicht viel gezeigt, was wir können. Unterm Strich war das heute zu wenig. Das wissen die Jungs auch und dementsprechend sind wir enttäuscht."

Vitesse-Coach Letsch: "Vielleicht erwischen wir ja den LASK"

Vitesse-Chefcoach Thomas Letsch: "Perfekter Abend. Nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Art und Weise. Wir haben absolut verdient gewonnen und sind absolut verdient aufgestiegen. Man hat gesehen, dass die Mannschaft alles andere als tot ist, sich nicht unterkriegen lässt. Auch nicht mit Ausfällen. Wir waren da, waren von Angriff griffig, waren giftig und haben intensiver gespielt als der Gegner. Rapid hat so gespielt wie wir es zugelassen haben. Jetzt kann man sagen Rapid war schwach oder Vitesse war stark. Ich bevorzuge die zweite Variante.

Vitesse ist zum ersten Mal überhaupt über die Gruppenphase herausgekommen. Das Playoff war schon historisch, jetzt sind wir unter den letzten 16 in der Conference League. Wir freuen uns, bisher waren die Europa-Nächte was Besonderes. Wir haben hier Anderlecht aus dem Wettbewerk rausgehauen, Rapid rausgehauen und Tottenham geschlagen. Wir müssen uns auch nicht verstecken.

Ich rede nichts schön, was die Vergangenheit anbelangt, aber ich muss uns auch nicht kleiner machen als wir sind. Wir haben in Europa schon gezeigt, dass wir mitmischen können. Wir freuen uns jetzt auf die Auslosung, hatten schon ein paar ganz spannende Gegner. Jetzt gucken wir, was kommt. Vielleicht kommen wir ja wieder nach Österreich und erwischen den LASK."

Rapid-Stürmer Marco Grüll: "Wir haben die erste Halbzeit komplett verschlafen. Da ist das passiert, was ihnen bei uns passiert ist und wir diesmal schnell 2:0 hinten lagen. Die Enttäuschung ist riesengroß. Wir haben uns sehr viel vorgenommen. Wenn wir halbwegs an die Leistung von der 1. Halbzeit im Hinspiel hätten anknüpfen können, dann wäre uns das sicher heute nicht passiert."

Zu seiner "emotionalen Einlage" an der Außenlinie: "Ich wollte das Spiel im Endeffekt so gestalten, dass wir weiterkommen. Da gehören Emotionen dazu. Im Endeffekt war es heute einfach zu wenig von uns. Vor dem 2:0 das Foul an der Mittellinie gegen mich kann man schon geben. Doch der Schiedsrichter hat es nicht gegeben und man kann´s jetzt eh nicht mehr ändern."

Wimmer: "1. Halbzeit gar nicht Fußball gespielt"

Der niederländische Rapid-Stürmer Ferdi Druijf in seiner Heimat: "Große Enttäuschung. Wir sind schon schlecht gestartet. Es war heute nicht unsere erste Hälfte. Ich weiß gar nicht, wie das möglich war, dass wir so gespielt haben. Es war einfach nicht gut genug. Wir wollten hier gewinnen oder einfach ein gutes Resultat erzielen, das uns weiterbringt, aber wenn man sich die erste Hälfte ansieht, das war einfach gar nichts."

Rapid-Innenverteidiger Kevin Wimmer: "Schlechter kann man nicht in das Spiel starten wie wir heute. Keine Ahnung woran das liegt. Wir hatten uns viel vorgenommen, wollten aggressiv sein. In der 1. Halbzeit haben wir einfach komplett schlechten Fußball gespielt oder besser gesagt gar nicht Fußball. In der 2. Halbzeit haben wir es ein bisserl besser gemacht, aber wir nicht fähig uns abschließende Chancen herauszuspielen. Dann kannst du unter dem Strich nicht weiter kommen.

Wir sind mit großen Hoffnungen hierher gekommen. Dass wir jetzt ausgeschieden sind, ist sehr schwerzhaft. Aber wir wissen, dass das am Sonntag für uns ein genauso wichtiges Spiel ist (Anm.: bei WSG Tirol). Wir müssen uns heute hinterfragen, was das für eine Leistung war, aber ganz schnell wieder nach Vorne schauen, weil wir am Sonntag unbedingt drei Punkte holen müssen. Das einzig Gute ist, dass wir in drei Tagen wieder die Chance haben, was gut oder besser zu machen. Das ist das Entscheidende für uns. Wir müssen in das obere Playoff kommen. Das ist das klare Ziel, alles andere ist unwichtig.

Grbic will für ÖFB-Team "wieder Thema werden"

1:0-Torschütze Adrian Grbic: "Der Abend hat für uns super begonnen. Wir sind früh 1:0 in Führung gegangen. Wenn man so ins Spiel rein startet gibt das der Mannschaft unglaublich viel Selbstvertrauen. Man hat über 90 Minuten gesehen, dass wir den Sieg unbedingt wollten und dass wir klar die bessere Mannschaft waren und verdient aufgesiegen sind.

Wer mich ein bisschen verfolgt, weiß, dass die letzten Wochen schwer für mich und auch die Mannschaft waren. Mich freut es vor allem für die Mannschaft, dass wir nach einer langen Durststrecke mal wieder gewonnen haben. Ich hoffe, dass unsere Reise international noch sehr weit gehen wird. Man weiß nie im Fußball. Wenn wir eine Leistung so wie heute auf den Platz legen, dann hat es jeder schwer gegen uns."

Und zum Thema Nationalteam meinte der Wiener:" Ich versuche mich zu zeigen, auch für das Nationalteam und will dafür wieder ein Thema werden. Ich schaue von Woche zu Woche, von Spiel zu Spiel und versuche meiner Mannschaft mit Toren zu helfen."

"In so entscheidenden Spiel darf man sich nicht so präsentieren!"

SKY-Experte und Ex-Trainer Alfred Tatar: "Bis auf das Kämpferische war Rapid in allen Belangen eine Enttäuschung. Wenig Struktur im Spiel. Sehr wenig Ideen, wie man in den Angriff kommt. Vollkommen konturlos. Kämpferisch wollten sie was bewirken, doch das hat nicht gereicht. Vitesse war giftiger.

Ich erstehe nicht, wieso auf Dreierkette umgestellt wurde. Die drei haben das nie gespielt. Das war ohne Not. Wieso wird von 4-2-3-1 aus dem Hinspiel im Rückspiel auf ein neues System mit Dreierkette umgestellt? Grüll war im ersten Spiel obenauf und heute irgendwo. Drujif war im Strafraum nie anwesend. Ich muss meiner Enttäuschung freien Lauf lassen. In so einem entscheidenden Spiel darf man sich so nicht präsentieren." 

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