In den letzten Jahren schafften im Schnitt nur rund 2 Prozent aller Akademie Spieler in Österreich den Sprung zu den Profis. Und selbst diese Spieler tun sich schwer, Einsatzzeiten zu bekommen. Was läuft hier schief und warum wird den Jungen nicht mehr Vertrauen entgegengebracht? Auf diese Frage wird Mentalcoach Wolfgang Seidl in diesem Gastbeitrag näher eingehen.

Ein Paradebeispiel für einen, der die Chance bekommen und es gepackt hat: Nicolas Seiwald! Der ehrgeizige, 21-jährige Kuchler schaffte den Sprung über die AKA Salzburg und den FC Liefering zum Stammspieler beim österreichischen Serienmeister FC Red Bull Salzburg und mittlerweile bis ins ÖFB-A-Team.

In meiner Arbeit als Mentalcoach arbeite ich tagtäglich mit Spielern vom Nachwuchs bis zum Bundesliga Profi. Heute möchte ich auf die Situation von Spielern eingehen, die es von der Akademie bereits in die 2. Mannschaft eines Bundesliga Klubs geschafft haben bzw. im Profikader um Einsatzminuten kämpfen.

Eigeninitiative ist das Um und Auf um weiterzukommen

In meiner langjährigen Arbeit habe ich erfahren, dass es meist nicht die talentiertesten Spieler nach oben schaffen, sondern jene, die den größten Willen haben, ehrgeizig sind und Eigeninitiative zeigen. Gerade Fußball wird oft als "Haifischbecken" bezeichnet, wo man sich durchsetzen muss, wenn man weiterkommen will.

Spieler, die zu mir kommen, um ihre mentalen Fertigkeiten zu optimieren, haben große Ziele und die Notwendigkeit erkannt, sich nicht nur auf das Training im Verein zu verlassen. Sie suchen sich externe Experten, um ihre mentale Stärke, ihre Athletik, ihre Ernährungsgewohnheiten und ihre Technik zu optimieren. 

Den jungen Spielern fehlt es an Perspektiven

Diese Spieler sind sehr fokussiert und wollen weiterkommen. Sie brauchen Trainer, die sie entwickeln, sie brauchen ein professionelles Umfeld, sie benötigen Möglichkeiten, ihre Stärken zu entfalten, sie brauchen Vertrauen und Wertschätzung und vor allem Perspektiven im Verein. Und gerade diese Perspektiven fehlen sehr oft.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ein 18-jähriger Spieler kommt von der Akademie in die 2. Mannschaft und erhält einen Jungprofi Vertrag. Seine Position ist jedoch durch zwei ältere Spieler besetzt. Der Sportdirektor spricht ihm das Vertrauen aus, spricht von langjährigen Plänen, die der Verein mit ihm hat und verspricht ihm, dass im Winter diese Position frei wird, weil ein älterer Spieler den Verein verlassen muss. Die einzige Chance in der Zwischenzeit, Einsatzminuten zu bekommen, ist auf einer anderen Position zu spielen, wo er jedoch seine große Stärke nicht vollkommen ausspielen kann.

Der Spieler arbeitet hart an sich, ist motiviert, entwickelt sich weiter und profiliert sich im Training. Auch nutzt er seine Chancen, auf der für ihn fremden Position. Nach der Herbstsaison liegt das Team nahe der Abstiegsplätze. Einer der zwei älteren Spieler auf dieser Position muss, wie versprochen, den Verein verlassen. Die Hoffnung, nun endlich auf dieser Position mehr Spielminuten zu bekommen, wird jedoch durch einen kurzfristigen Transfer (ein Legionär wird verpflichtet), im Keim erstickt. Keiner spricht mit dem jungen Spieler darüber, keiner erklärt ihm die Situation. Nach mehrmaligen nachfragen, wird dem Spieler empfohlen, sich bis zum Sommer verleihen zu lassen, um mehr Spielminuten zu gewinnen, weil im Sommer bekommt er ganz sicher seine Chance, sagt der Sportdirektor…

Das ist im österreichischen Fußball leider kein Einzelfall. Dem Verein ist es sichtlich egal, ob der junge Spieler sich während der Leihe auf seiner starken Position weiterentwickeln wird oder nicht. Der Stammverein lässt somit einen Jungen ziehen, dem keinerlei Wertschätzung und Vertrauen entgegengebracht wird.

In vielen Clubs sind Verantwortliche am Ruder, die oft nur ihre eigene Position absichern, anstatt langfristig und strategisch zu handeln. Wie sollen sich junge Sportler entwickeln, wenn man sie so behandelt und ihnen kein Vertrauen schenkt?

In meiner Arbeit als Teamentwickler weiß ich, wie wichtig in einer Mannschaft die Kompetenzen wie Wertschätzung, Vertrauen, psychologische Sicherheit, Zugehörigkeit und eine Perspektive zu haben, sind. Leider finden sich diese Tugenden in vielen Clubs nur in ihren Leidbildern, werden aber in der Realität nicht gelebt.

Am 1. Februar durfte ich ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick beim Fußball-Kongress in Wien live miterleben, wo er mit viel Begeisterung und Drive über langfristige Strategien und Visionen sprach. Ich würde mir wünschen, dass auch in vielen Vereinen in Österreich so kompetente Personen sitzen und wichtige Zukunftsthemen angehen, anstatt über Erfolge in der Vergangenheit zu sprechen.

Fotocredit: FC Red Bull Salzburg via Getty

Wolfgang Seidl, ist selbstständiger akademischer Mentalcoach mit einer Praxis in der Steiermark und Wien. Er betreut als Coach Sportler, stressgeplagten Menschen, Mannschaften und Unternehmen. 

Der Schwerpunkt seiner Arbeit mit Fußball liegt einerseits in der mentalen individuellen Betreuung von SpielerInnen sowie in der mentalen Beratung von Mannschaften.

MANA4YOU

Wolfgang Seidl, MBA
Akademischer Mentalcoach
Dipl. Teamentwickler
HeartMath®Coach

Praxis Steiermark: Burgauerstrasse 49; 8283 Bierbaum
Praxis Wien: Cumberlandstrasse 102; 1140 Wien

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